G 222 20 ihre Arbeitskraft abzugeben und sie bleiben in der Woche gern zwei oder drei Tage von der Arbeit weg. M. H.! Das ergibt sich alles aus einer ganz natürlichen Konfiguration. Sie sehen da an der Karte diesen kleinen dunklen Strich rechts vom Kilimandjaro: dort ist das Gebiet, wo sich sämt- liche Plantagen zusammengedrängt haben. Welchen Grund das hat, habe ich nie recht erfahren können. Ich nehme an, daß es damit zusammen- hängt, daß man dort zunächst mit Kaffee= und Tabakplantagen hat anfangen wollen und daß man in die Ebene übergetreten ist, weil dort zuerst die Eisenbahn vorhanden und der Güter- verkehr möglich war. Dort sitzen diese Plantagen. Nun wissen Sie, m. H., daß wir eine Landes- gesetzgebung haben, welche sagt, daß kein Ein- geborener von seiner Schamba vertrieben werden darf und daß er so viel Land haben muß, wie er für seine Familie und deren Ernährung braucht. Da die Plantagen nur auf sehr großen zusammenhängenden Landflächen eingerichtet wer- den können, so müssen sie dorthin gehen, wo wenig Bevölkerung ist. Wo dichte Besiedelung vorhanden ist, kann kein Plantagenbau stattfinden. Infolgedessen müssen die Plantagenarbeiter von anderswoher geholt werden. Das ist die Ursache, weswegen die Arbeiter aus dem Innern gezogen werden. Nun verlangt aber eine Plantage bei dem intensiven Betriebe eine sehr große Menge von Arbeitern. In ihrem Entwicklungsstadium, d. h. bis sie überhaupt dazu kommt, etwas ein- zubringen, braucht eine Plantage ungefähr einen halben Arbeiter pro Hektar und wenn sie in Betrieb ist, braucht sie, je nachdem, einundein- viertel bis einundeinenhalben Arbeiter. Das ist wenigstens von den Pflanzern in einer Schrift niedergelegt, die sie mir überreicht haben. Wenn sie also 15.000 Hektar dort in Bebauung ge- nommen haben, müssen sie mindestens 15 000 Ar- beiter hinbringen, und diese 15 000 Arbeiter müssen von den dort ansässigen, in den Plantagen nicht arbeitenden Schwarzen ernährt werden. Deswegen mache ich darauf aufmerksam, daß die Arbeiterfrage gerade dort akut ist, weil die Plantagen in einem verhältnismäßig menschen- armen Lande liegen und viele Menschen brauchen. Wir werden das bei der These, die die Pflanzer aufgestellt haben, beachten müssen. Es ist selbst- verständlich nicht ausgeschlossen, daß man in einem Bezirke, wo viele Arbeiter ansässig sind, einen gewissen Zwang ausüben könnte. Daß man sie aber mit Gewalt an die Küste treiben kann, das halte ich für ausgeschlossen. Also diese Arbeiter sind nicht geneigt, in einer Strecke die ganze Woche hindurch zu arbeiten. Das ist unerwünscht. Die Pflanzer verlangen, daß der Fiskus mit Machtmitteln eintritt und die Schwarzen zum Zuzug nach Usambara und zweitens zur Arbeit zwingt. Ich glaube, die ganze Diskussion wäre überflüssig, wenn die Pflanzer einfach für sich selbst sorgen wollten und vom Fiskus nichts weiter verlangten, als daß er! allen Erwerbskräften im Schutzgebiet seine Für- sorge zuwende. Die Pflanzer können aber nicht verlangen, daß die Regierung mit Machtmitteln eingreift und daß dadurch ihre Kraft zugunsten eines einzelnen Erwerbs= standes untergraben wird. Es ist nicht zu leugnen, daß ein gewisser Notstand vorliegt oder demnächst vorliegen kann. Allerdings hat der Führer der Pflanzer in der „Deutschen Kolonialzeitung“ erklärt: Zurzeit gibt es keine Arbeiternot. Ich glaube, daß die Plantagenbesitzer und die kleinen Ansiedler in gutem Glauben den Schutz der Regierung an- rufen. Wir dürfen bei diesen Fragen nicht ver- gessen, und ich bin der letzte, der es vergißt, daß die Leute zum großen Teil hinausgekommen find auf Grund von Münschen, die auch von der Regierung geteilt worden sind; die Regierung muß, soweit sie es kann, für diese Leute ein- treten, und sie wird eintreten. Der gegenwärtige Zustand ist aber entstanden aus einer Kette von falschen und unbedachten? Maßnahmen der Pflanzer und der Neigung zu einer sehr heftigen Behandlungsart, für die vielleicht das Klima verantwortlich ist. Nun hat man der Regierung eine besondere " Schwarzenfreundlichkeit, ja Weichlichkeit gegen- über den Eingeborenen angedichtet. Ich muß demgegenüber konstatieren, daß von der Regierung die Interessen sämtlicher in den Schutzgebieten tätigen Personen abzuwägen sind, daß auch be- sonders auf das Deutsche Reich und seinen Säckel Rücksicht genommen werden muß. Vor allem darf man nicht vergessen, daß der weiße Plan- tagenbesitzer und der Ansiedler jede Möglichkeit hat, seine Wünsche zur Geltung zu bringen: er macht Immediatgesuche, er schreibt an den Reichs- kanzler, an die Reichs-Kolonialverwaltung, an das Gouvernement, an den Bezirksamtmann und an zwei Zeitungen. Er hat jetzt auch an das Hohe Haus geschrieben und an unzählige Andere. Er waltet in den Kolonialgesellschaften als Aktionär und da seine Beschwerden gewöhnlich auch die allgemeine Aufmerksamkeit auf Grund des neuen und alten Interesses für die Kolonien in Anspruch nehmen, so hat er immer eine sehr große Re- sonanz. Ich habe, seitdem ich aus Afrika zurück- gekommen bin, heute die erste Gelegenheit, mich zu rechtfertigen gegen unzählige Angriffe, die gegen mich gerichtet worden sind. Die Presse