W 228 20 Nun möchte ich einmal auf die Verwaltung als solche eingehen. Ich kann nur sagen, daß ich einen ausgezeichneten guten Willen und bei sehr vielen Herren ein sehr erhebliches Sachver- ständnis gefunden habe. Aber die Art, wie der Beamtenersatz bisher gewesen ist, hat dazu ge- führt, daß nicht überall so vorgebildete Leute hinkommen konnten, wie notwendig gewesen wäre und wie diese selbst es gewünscht hätten. Sie sehen, daß man im Hauptetat erhebliche Summen für die Ausbildung anfordert. Aber auch die Ausbildung im Schutzgebiete ist nicht richtig. M. H.! Im Wilhelmstaler Bezirk hat der Bezirksamtmann in einem Jahre sehr oft ge- wechselt (Zuruf: sechsmal). Ich gebe noch ein paarmal zu! (Heiterkeit). Warum? Weil dieser Bezirk ein harmloser Bezirk ist, weil man jemand hinsetzen kann, von dem man noch nicht weiß, was er macht. Dort muß er sich erst bewähren, dann kommt er weiter. Im Innern des Landes find zu wenig und an der Küste zuviel Beamte. Da ist z. B. der Taborabezirk mit einer Million Einwohner; dort sind zwei weiße Beamte, ein Bezirksamtmann und ein Sekretär. (Zuruf: Militärs!) — Ja, m. H., wenn Sie Militär neben dem Bezirksamtmann mit Zivdilfunktionen betrauen, dann kommen beide in Konflikt und wenn da der Schwarze dazwischen steht, so führt das zu nichts Gutem. — Diese beiden genannten Beamten haben, wie gesagt, die Jurisdiktion über eine Million Einwohner zu leiten, und zwar nicht eine Jurisdiktion allein strafrechtlicher, son- dern auch vielfach zivilprozessualer Natur. Es find z. B. viele Wanjamwesi vorhanden, die schon Eigentum haben; der Grenzstreitigkeiten sind un- zählige. Viele Suaheli von der Küste treiben Handel in Tabora, wo ungefähr 8 bis 9 Mil- lionen Mark Handel ist. Dazu die Araber und Inder. Das muß der Bezirksamtmann alles er- ledigen. Dann muß er in diesem ganzen Bezirk die Steuer überwachen, die Polizei ausüben; er soll die Nachweisungen für die Etatsaufstellungen, die Abrechnungen usw. machen, und wenn er einmal von Zeit zu Zeit krank wird oder abgelöst werden muß, dann sitzt sogar der Sekretär allein da. Das ist ein ganz unhaltbarer Zustand. Die schwache Besetzung hat dazu geführt, daß das gesamte Rechnungs= und Kassenwesen, soweit es überhaupt möglich war, an die Küste gedrängt wurde, daß man an der Küste erst alles verbucht hat. Dadurch sind natürlich mehr Leute nötig. Diese sitzen auch alle lieber an der Küste als in Tabora. Was ich nun vorschlage und was sich im nächsten Jahre im Etat vorfinden wird, ist fol- gendes: Die jungen Beamten, die für Ostafrika überhaupt nicht kennen lernt; angenommen werden, sollen folgende Bildung haben. Sie sollen in Berlin bzw. Hamburg an der Akademie gründlich vorgebildet werden, und dann sollen sie nicht nach Daressalam zur Ver- wendung in der dortigen Zentrale kommen, denn dann bekommen sie ganz falsche Begriffe, sondern. sie sollen auf ein Bezirksamt geschickt werden zur Unterstützung des Bezirksamtmanns und zu seiner Entlastung und Vertretung; sie sollen zwei Jahre als Adjunkt dort bleiben. Dadurch wird erzielt, ohne daß die Stellvertretungskosten wesentlich er- höht werden, daß der Amtmann in seinen Bezirk wieder zurückkommen kann, wenn er inzwischen einen Stellvertreter hat. Das ist jetzt nicht mög- lich. Wenn Sie aus dem künstlichen Bau einen Stein herausgenommen haben, müssen Sie in dem ganzen Kasten Ostafrika alle anderen Steine herumschieben. Kaum einer kann auf seinem Platze bleiben; das kann bei den kurzen Dienst- perioden, die höchstens zwei Jahre rechnen, zu nichts Gutem führen. Durch diese Maßnahme wird aber auch weiter erzielt, daß dieser Mann, der zwei Jahre Adjunkt gewesen ist und dann Urlaub bekommt, ein fix und fertiger Bezirksamtmann ist, der genau weiß, was er zu tun hat. Der junge Mann kann einen eigenen Bezirk bekommen, der alte Bezirks- amtmann kann seinen Bezirk wieder haben, mit ihm verwachsen; es wird ihm wieder ein junger Beamter zur Ausbildung und zur Stellvertretung überwiesen. Genau wie ich es im Reichs-Kolonial- amt halte, daß für ein Schutzgebiet nur jemand Referent sein kann, der sein Schutzgebiet kennt. Aber von allen Beamten in Daressalam ist über- haupt kein einziger über den Küstengürtel weg- gekommen. Der erste Referent war in Morogoro) das ist das weiteste. Diese außerordentlich geringe Besetzung der inneren Posten an verantwortlichen Stellen führt dazu, daß der Bezirksamtmann seinen Distrikt denn er kann tat- sächlich nicht vom Dienstort weg. Er ist direkt angenagelt an seinen Schreibtisch. Da wird die und die Nachweisung verlangt, dann eine Auf- stellung der Strafen, dann ein Handelsberichk usw. usw. Da entsteht ein kolossaler Termin- kalender und der Bezirksamtmann kann nicht weg. Wenn man fragt: sind Sie da und dort gewesen, so muß er sagen: es tut mir leid, ich möchte gerne hin, aber. hier werde ich verlangt. Glauben Sie, daß ich eine zuverlässige Auskunft über die Straße von Muansa nach Tabora oder rückwärts habe erhalten können, von einem Weißen oder von einem Schwarzen, der den Weg ganz kannte? Der Schwarze wußte Bescheid von einem Ort zum nächsten, aber einen Weißen, der mir genau