W 249 20 genau alle Schwierigkeiten der Aufgabe, der sie sich widmen, um sie zu deren Überwindung vor- zubereiten. Der gründliche und praktische Unter- richt, den die Mission ihren Schülern in zehn Monaten erteilt, umfaßt außer den Lehrgängen des kolonialen Unterrichts besonders Kurse der Eingeborenensprachen, technische und landwirt- schaftliche Arbeiten. Ein Lehrgang in praktischer Heilkunde setzt die Schüler instand, etwas Vor- beugungskunst zu betreiben, indem bei dem Ein- geborenen der Sinn für Sauberkeit, die Sorge um die Gesundheit entwickelt wird. Der Lehrer muß bei dem Eingeborenen gewisse Heilmethoden unterdrücken, die dem verfolgten Zwecke zuwider sind. Ferner kann er in gewissen dringenden Fällen nützlich eingreifen und den Arzt ersetzen, wenn dieser sehr weit von dem Orte entfernt ist, wo sich der Kranke befindet. Der Senator Saint-Germain hat deutlich zum Ausdruck gebracht, wie in dieser Beziehung die Haltung der kolonialen Lehrer sein soll: „Sie müssen weitsichtiger und tätiger sein als diejenigen, die ihnen überantwortet sind. Sie sind die Ge- schäftsführer der Zivilisation; aber sie müssen auch die Mitarbeiter der rzte sein. Man darf also von der Laienmission viel erwarten. Auf ihre Schüler müssen wir rechnen; sie sind es, die in Geist und Herz der ihnen Anvertrauten die Liebe für Frankreich zu ent- wickeln haben. * Unterricht. Der Unterricht, den die fran- zösischen und eingeborenen Lehrer, jeder in seinem Wirkungskreise, erteilen müssen, soll vor allem elementar sein. Die Auserlesenen müssen ihre Lernarbeit weiter treiben und eine ihrer Fassungs- Es kraft zusagende höhere Schulung anstreben. ist schwierig, in dieser Sache eine allgemeine Regel festzusetzen; ein gleicher Rahmen würde nicht zu derselben Zeit für den urzuständlichen Neger des Kongo und für den fein veranlagten Menschen Anams passen. Aber das Bessere ist manchmal der Feind des Guten. Hüten wir uns, dem Unterrichte eine zu weite Ausdehnung zu geben, die schnell eine Überfülle von Beamten- anwärtern unter unvermeidlichem Zulauf de- klassierter Elemente schaffen würde. Hüten wir uns, unserm Unterricht ein zu sehr berechnendes Wesen zu geben. Geben wir ihm eine praktische berufsmäßige Gestaltung, so werden wir uns sowohl den schaffenden Verstand als auch die Muskelkraft des Eingeborenen dienstbar machen. „Es wird immer“, sagte geistreich unser Kollege Dubief, indem er von Guyana sprach, „da unten genug Advokaten und gelehrte Männer geben. Es empfiehlt sich vielmehr, Landwirte und Gewerbetreibende heranzubilden.“ Es wäre in der Tat ein grober Irrtum, ebenso gefahrvoll für uns wie für die Eingeborenen, wenn wir ihnen jetzt, da allerorts die Handarbeit fehlt, eine zu lange Lehrzeit aufnötigen und die Felder ent- völkern wollten, um die Schulen zu bevölkern. England bietet uns ein doppeltes Beispiel für das rechte Maß der Eingeborenenunterweisung. Seit 1835 dehnte man, unter dem Einfluß Macaulays, den Unterricht der englischen Sprache und Literatur über die meisten Hindu-Provinzen aus. Man führte verwickelte Schulpläne und strenge Prüfungen ein. Angezogen von dem Köder der Verwaltungsposten, welche die eng- lische Regierung den Schülern vorbehielt, ver- mehrte sich die Zahl der geschulten Eingeborenen trotzdem in einer Weise, daß jetzt eine zu große Zahl von Anwärtern und daher von Unzu- friedenen und Deklassierten vorhanden ist. In den mittleren Provinzen dagegen ist ein ganz anderes Unterrichtsverfahren angewendet worden. Die Einwohner dieses Teiles von Indien sind Ackerbauer oder Hirten. Die Engländer haben beschlossen sie zu unterweisen und haben zahl- reiche Schulen eingerichtet, denen sie den be- zeichnenden Namen „Ackerbauschulen“ gaben. Der Generaldirektor des Erziehungswesens für Britisch-Indien hat die Wirksamkeit dieser Schulen genau umschrieben; unser Kollege Chailley hat davon sehr anregende und belehrende Einzel- heiten veröffentlicht. Der erste Grundsatz dieses Unterrichtsverfahrens ist die unbedingte Achtung der Eingeborenenerziehung. Der Unterricht wird in der Sprache des Landes erteilt. Mehr als das! Da jede Völkerschaft der Mittelprovinzen ihre eigene Mundart hat, sind die Unterrichts- bücher in jede dieser Mundarten übersetzt. Die Erziehung, die sich für diese Stämme eignet, muß wesentlich praktisch sein; der Zweck ist also, ihre Kenntnisse zu vervollkommnen, zu erweitern, und nicht, ihnen zu wissenschaftliche Dinge einzu- pfropfen, für deren Aufnahme ihr Verstand nicht vorbereitet ist, Kenntnisse, die ihnen bei ihrer ge- wohnheitsmäßigen Beschäftigung von keinerlei Nutzen sein würden. Der Schulplan erstreckt sich also hier nur auf die dem täglichen Leben un- entbehrlichen Stoffe: Lesen, Schreiben, Rechnen, Erdkunde und Geschichte, Buchführung, Acker- wirtschaft und körperliche Ausbildung. Die Land- wirtschaft bildet natürlich den Gegenstand eines sehr entwickelten Sonderunterrichtes, da er un- mittelbar den Bedürfnissen der Eingeborenen ent- spricht. Die Regelung der Unterrichtsstunden, wie sie bei dieser Lehrart durchgeführt ist, sollte in jeder unserer Kolonien nachgeahmt werden. Man