W 255 20 Dieser Gedanke hat zur Einsetzung eines Rates für Vervollkommnung des Unterrichts geführt, er ist beauftragt: Alle die Schaffung oder Umgestaltung des Eingeborenennnterrichts betreffenden Fragen zu prüfen; den Wortlaut der von der Verwaltung oder unter ihrer Förderung veröffentlichten Lehr-, Lese-, Nachschlage-, oder Wörterbücher der Hauptsprachen des Landes durchzusehen; . den Plan einer für die eingeborenen Lehrer und Gelehrten bestimmten Zeitschrift aufzu- stellen und deren Veröffentlichung zu über- wachen: l#Wnter den einheimischen alten und neuen Werken über Literatur, Philosophie oder Geschichte diejenigen auszusuchen, die zu er- halten oder neu herauszugeben sind. „Das Studium der Geschichte“, sagte Herr Beau bei Eröffnung der ersten Sitzung des ge- nannten Rats, „hat die befangenen Ansichten von ehemals geändert und hat die frühere Lehr- meinung von der Assimilation beseitigt. Wir müssen uns bemühen — und es erscheint nicht unmöglich, dahin zu gelangen — wenigstens auf dem Gebiete des Unterrichts einige unserer Irr- tümer zu verbessern. Sie werden also das Mittel zu suchen haben, den einheimischen Gelehrten- unterricht wieder herzustellen. Ich brauche die Wichtigkeit dieses Unterrichts nicht zu betonen, er bildet die Grundlage der sittlichen Erziehung der Anamiten und die ihrer Familieneinrichtungen. Die Verwaltung von Cochinchina stellt fest, daß das Aufgeben der chinesischen Schriftsprache eine beträchtliche Unsicherheit bei den Eingeborenen hervorgerufen hat. In vielen Dörfern findet man nur noch mit Schwierigkeit Eingeborene, die fähig sind, die früheren, in der Schriftsprache ver- faßten Verwaltungsurkunden oder Eigentumsnach- weise zu entziffern.“ Der Rat für Vervollkommnung hat sich mit allen Ländern besonders beschäftigt, die unser indochinesisches Reich bilden. So ist jedes der Gegenstand einer Sonderprüfung geworden, die erlaubt, seinem Unterricht eine mit seiner Ge- sittung übereinstimmende Richtung zu geben. Cochinchina. 1899 zählte man in Cochinchina ungefähr 200 Schulen ersten Grades mit etwa 10 000 Schülern; der Unterricht wurde von eingeborenen Lehrern gegeben; man lehrte nur die chinesische Schriftsprache und die annamitische Sprache. Ferner bestanden 19 von 3800 Schülern besuchte sogenannte Elementarschulen; der Lehrplan war ungefähr der der Gemeindeschulen Frankreichs. Außerdem gab es das Gymnasium in Mytho und — 2 2 das in Chasseloup-Laubat, das eine Gewerbe— abteilung hatte. Zusammen besuchten 15 000 Kinder die Schulen, 300 000 waren im schul- pflichtigen Alter. Jetzt umfaßt der amtliche Unterricht in Cochin- china: 1. das Gymnasium Chasseloup-Laubat (160 französische und 160 eingeborene Kinder); 2. die Bildungsstätte für eingeborene Lehrer; 3. die Gewerbeschule in Saigon (60 Schüler, davon 57 eingeborene); 4. 17 Provinzialschulen; 5. 17 Kantonalschulen; 6. die Gemeindeschulen in Sailgon; im ganzen 42 Schulen, die ungefähr 6500 Schülern französischen Unterricht erteilen. Ferner gibt es 236 von mehr als 10 000 Kindern besuchte Dorsschulen. Der Unterricht durch Ordensleute wird an 5000 bis 6000 Kinder in etwa 100 Schulen erteilt. Es besteht auch ein Privatunterricht, den Ein- geborene in den sogenannten Schreibschulen er- teilen (278 Schulen mit 5300 Schülern). Mit Hinzurechuung der Schüler der Ordens- schulen empfangen 22500 Kinder — von 300000 — französischen Unterricht. Der Unterricht in Cochinchina hat unter Herrn Doumer während der letzten Jahre eine gedeih- liche Entwicklung genommen. Der Rat hat sich besonders darüber geäußert, daß in einem Lande, das ständige Handelsbeziehungen mit dem Reiche der Mitte unterhält, der Unterricht der chinesischen Schriftsprache fast ganz ausgegeben worden ist. Als sehr nützliche Maßregel gegen diesen Zustand ist die Herausgabe eines kleinen Handbuches in chinesischer Schrift mit volkstümlichen sittlichen Vorschriften erfolgt. Cambodscha. 1898 (vor der Ankunft des Herrn Doumer) gab es in Cambodscha zwei französische Schulen. Die Eingeborenen besuchten die von Bonzen ge- haltenen Schulen. 1906 zählt der amtliche Unterricht neun Schulen, darunter eine Gewerbeschule. Diese Schulen werden von 785 Schülern besucht. Der Privatunterricht wird in sieben, von 245 Schülern besuchten Ordensschulen erteilt; nur 80 Schüler davon erhalten französischen Unterricht. Es gibt ferner in der Kolonie gegen 350 Bonzenschulen (8000 Schüler), in denen das Französische nicht gelehrt wird. Mithin erhalten von 200 000 noch nicht 1000 Kinder französischen Unterricht. Herr Beau führte über die Entwicklung des Unterrichts in Cambodscha u. a. folgendes aus: „Außer dem herkömmlichen und besonderen Unter- richt, den die jungen Cambodschaner im Tempel erhalten, gab es sozusagen bis in die letzten