G 333 20 aber weit über dessen Rand hinausgetragen worden. Besonders bei den Nachtausbrüchen, schreibt Kirsch- stein, hätten die in großer Menge niederfallenden Auswürflinge einen grandiosen Anblick geboten: der reine Goldflitterregen! Während der ganzen Zeit seines Aufenthaltes wurden von Kirschstein die meteorologischen Ver- hältnisse genau registriert, ebenso wurden ein- gehende Untersuchungen über das Verhalten des erwähnten parasitären Kraters vor, während und nach den Ausbrüchen angestellt. Am 5. Dezember gelang es Kirschstein, nach einem mißglückten Versuch am Tage vorher, auf die der inneren Kraterwand zunächstliegende Seite der Terrasse zu gelangen, die den Rest des ursprünglichen Kraterbodens darstellt. Es war ein kurzer, aber gefährlicher Versuch, da ein erneutes Erwachen der eruptiven Kräfte, verbunden mit Nebel und heftigem Regen, zum Rückzuge zwangen, und die aus dem Krater ausströmenden Gase stark atem- benehmend wirkten. Diese Gase rochen ebenfalls nur schwach nach Schwefel; Kirschstein vermutet, daß es zum großen Teil Kohlensäureexhalationen seien. Die Lava der Terrasse, der Kraterwände und des Kraterbodens sind zum großen Teil mit Auswurfmaterialien bedeckt. Der Böschungswinkel der inneren Kraterwand beträgt oberhalb der Terrasse 70 bis 75 Grad, während die Wände der Terrasse selber senkrecht zum Kraterboden abfallen. Ebenso gehen die Innenwände des jetzt tätigen Haupteruptions- schlotes senkrecht in die Tiefe. Endlich möchte ich noch ein weiteres allgemein. interessantes Ergebnis der Arbeiten Kirschsteins in dem Gebiete des Namlagira nicht unerwähnt lassen. Ihm ist nämlich gelungen, in der Um- gebung südlich des Namlagira eine Reihe jener interessanten Gebilde aufzufinden, die Professor Branco zuerst aus Schwaben beschrieben und „Vulkan = Embryonen“ genannt hat. Es sind schußartig gebildete Eruptionsschlote, die durch ein einmaliges Ausstoßen fester, flüssiger oder gasförmiger Produkte aus einem unterirdischen Herde in der äußeren Erdrinde entstanden sind. Alles wurde genau vermessen und kartographisch jestgelegt. Dr. Kirschstein befindet sich noch im Vulkan- gebiet. Seine Arbeiten werden in kurzer Zeit abgeschlossen sein. Es ist zu hoffen, daß diese erste geologisch-fachmännische Untersuchung eines schier unerschöpflich reichen und interessanten Gebietes den Fachgenossen daheim wertvolles neues Material und interessante Aufschlüsse zu- führen wird. Heiligabend 1907. Am 30. November rückte der größte Teil der Karawane zum Ostufer des Sees ab, um in drei- tägigem Marsche das hart am Wasser gelegene Dörschen Kissenyi zu erreichen. Raven, Wiese, Vériter und ich wollten uns am nächsten Tage per Boot dorthin begeben. Zu unserer Ver- fügung standen zwei kongolesische Stahlboote, die von uniformierten Gestalten mit Rudern oder durch lange Stangen fortbewegt wurden und be- quem je zwei Europäer, einige Neger und etwa zwanzig Lasten aufnehmen konnten. Außerdem hatten wir zehn Eingeborenenboote von zweifel- hafter Zuverlässigkeit. Von diesen Booten sieht man hier zwei Typen, den aus einem Stamme geschnittenen Einbaum und eine andere Form, die aus biegsamen Planken konstruiert ist. Die Fahrt des ersten Tages dauerte fünf Stunden und zog die kleine Flottille weit aus- einander. Mittags erreichten wir bei drückender Hitze unseren Lagerplatz bei dem Dorfe Katanda; dieses liegt in einer stillen Bucht verborgen, mitten auf der Wasserfläche und — schwimmt, denn die Hütten stehen auf Flößen, die durch unsichtbare Pfahlbauten gehalten werden. Der Boden gibt bei jedem Tritte nach. Wir fanden interessantes Flechtwerk. Form und Einrichtung der Hütten ist die in Ruanda übliche. Die Route des folgenden Tages führte in zehnstündiger Fahrt bis Kissen yi. Oberhalb des Dorfes, auf der Höhe eines terrassenförmig ansteigenden Plateaus, zeugen die Reste eines Standlagers von der vor einem halben Jahre hier beendeten Tätigkeit der kongolesisch-englischen geographischen Mission. Sonst ist der Aufenthalt hier wenig angenehm, da wir genötigt sind, unmittelbar am sumpfigen Ufer des Sees zu kampieren, wo Millionen winzig kleiner Mücken den Aufenthalt verleiden. Wir hatten hier einen weiteren Tag un- freiwilligen Aufenthalt, da die Landkarawane noch nicht eingetroffen war. Ihr war es schlecht er- gangen. Die zu passierenden Gegenden und Niederungen waren teilweise hoch überschwemmt. Viele Stunden lang hatte das Wasser den Leuten bis an Knie und Hüfte, zweimal bis an den Hals gereicht. Hunde und Maultiere waren ge- nötigt, lange Strecken schwimmend zurückzulegen und kamen in sehr erschöpftem Zustande an. Am Tage darauf wurde bei Ruisamba der lange, nach Nordost sich erstreckende Arm des Albert-Edward-Sees übersetzt und auf einem Hügel mit prachtvoller llbersicht über den größten Teil des Sees gelagert. Das Ostufer bis hierher bietet im ganzen wenig; es ist nur spärlich im Süden von Wa-