G 400 20 Der dritte Abschnitt hat die innere Ent- wicklung der Kolonialpolitik Deutschlands und der fremden Nationen zum Gegenstande, und zwar wird diese nach der aktiven und nach der passiven Seite behandelt. Auf der aktiven Seite, d. h. auf Seiten der kolonisierenden Fak- toren, unterscheidel der Verfasser die Kolonisation durch privilegierte Privatunternehmungen und die durch den Staat. Er zeigt, welche Rolle die Kolonialgesellschaften in der deutschen Kolonial= geschichte und derjenigen anderer Nationen gespielt haben, und erörtert die Bedenken gegen das System der mit Hoheitsrechten ausgestatteten Pri- vatgesellschaften. Diese hätten denn auch dahin geführt, daß das Reich jetzt überall selbst in seinen überseeischen Besitzungen die staatliche Hoheit aus- übe, welche sich damit aus „Schutzgebieten“ zu wirklichen Kolonien entwickelt hätten. Eine ähn- liche Entwicklung habe sich sowohl in den deutschen wie in den fremden Kolonien auf der passiven Seite, nämlich im Verhältnis der kolonisierenden Macht zu der Eingeborenen-Bevölkerung vollzogen. Auch den letzteren gegenüber habe sich in den deutschen Kolonialgebieten mit dem Fortfall der „Schutzverträge“ die Schutzgewalt zur vollen Staatsgewalt ausgestaltet. Der Verfasser behan- delt sodann unter Ausblicken auf die Verhältnisse in den fremden Kolonien die wichtigsten Probleme der Eingeborenenpolitik, insbesondere das Gerichts- wesen — wobei die Frage der Kodifikkation des Eingeborenenrechts berührt und die gegen eine solche sprechenden Bedenken hervorgehoben werden — die Regelung des Arbeitsverhältnisses und die Sklavenfrage. Das Ergebnis der geschichtlichen Entwicklung faßt er dahin zusammen, daß die scheinbar so entgegengesetzten Prinzipien der Hu- manität auf der einen Seite und der Betonung der Interessen des „Herrenvolkes“ auf der andern Seite im Grunde keine unüberbrückbaren Gegen- sätze bilden. Die Hebung der Eingeborenen sei nicht nur Grundsatz der Humanität, sondern auch einer gesunden kolonialen Realpolitik. Nur mit einer als Produzenten wie als Konsumenten kräf- tigen Eingeborenen-Bevölkerung könne auf die Dauer eine erfolgreiche Kolonialpolitik betrieben werden. Der vierte Abschnitt ist der Organisation der Verwaltung (Zivil= und Militärver- waltung) sowie der Rechtspflege in den Kolonien gewidmet. Nach einem überblick über den gegenwärtigen Rechtszustand werden die Auf- gaben erörtert, welche bei dem ferneren Ausbau des Kolonialrechts zu lösen sind. Als wichtigste Forderung bezeichnet der Verfasser die endgültige Loslösung des Kolonialrechts vom Konsularrecht und die Schaffung eines selbständigen, in sich ge- schlossenen und den besonderen Bedürfnissen der Schutzgebiete angepaßten deutschen Kolonialrechts. Weiter wird unter Hinweisungen auf das eng- lische, französische und holländische Kolonialsystem die Frage der kolonialen Selbstverwaltung be- handelt, zu welcher sich auch in den deutschen Kolonien bereits Ansätze finden. Im Anschluß daran wird das finanzielle Verhältnis zwischen Mutterland und Kolonien erörtert. Hierbei wird der gegenwärtige Stand des deutschen kolonialen Staatshaushalts dargestellt und zum Vergleiche werden einige wichtige Daten über die englischen, französischen, holländischen, spanischen und portu- giesischen Kolonialfinanzen mitgeteilt. Der fünfte und letzte Abschnitt beschäftigt sich mit den Aufgaben der kolonialen Wirt- schaftspolitik. Als wichtigste wird die Förderung der kolonialen Produktion vorangestellt, auf deren große Bedeutung für das Mutterland hingewiesen wird. Dazu bedarf es der Heranziehung des Kapitals, insbesondere des Privatkapitals. Es werden nun die Möglichkeiten erörtert, welche sich für dessen Organisation darbieten (Form der Kolonialgesellschaft, der Aktiengesellschaft usw.). Weiter wird das koloniale Handels= und Verkehrs- wesen, einschl. des Geld= und Bankwesens be- handelt. Der Verfasser hebt dabei namentlich hervor, wie überaus dringend der Ausbau des Bahnnetzes für die deutsch-afrikanischen Schutz- gebiete sei. Endlich folgt eine Darstellung der kolonialen Bodenpolitik, welche der Verfasser als das zentrale Problem aller Kolonialpolitik be- zeichnet. Nach einer Betrachtung der Boden- politik der fremden Kolonialmächte erörtert der Verfasser die Landfrage, wie sie sich für die einzelnen deutschen Schutzgebiete, insbesondere unter Berücksichtigung der den großen Gesell- schaften erteilten Landkonzessionen, gestaltet. Der Verfasser geht dabei des näheren auf die eigen- artige Lösung ein, welche jene Frage in der Landordnung für Kiautschon gefunden hat.Die Grundsätze der letzteren sind freilich, was der Verfasser ausdrücklich anerkennt, auf Gebiete der Urproduktion, wie sie die anderen Schutzgebiete darstellen, nicht ohne weiteres übertragbar. Aber auch für die letzteren fordert er eine weitblickende Bodenpolitik. Einige zusammenfassende Leitsätze über die künftigen Aufgaben der kolonialen Land- politik, in welchen u. a. betont wird, daß das System der Landkonzessionen mehr und mehr aufgegeben werden und der Staat selbst die Be- siedelung seiner überseeischen Besitzungen in die Hand nehmen müsse, bilden den Abschluß des Buches. Wie der Verfasser in der Vorrede bemerkt, soll sein Werk in erster Linie der Einführung in die Kolonialpolitik durch Darbietung einer knapp zusammenfassenden Bearbeitung der Gesamtheit