W 431 20 wir wenige Schritte vorwärts, als plötzlich das Kreischen in unmittelbarer Nähe, fast über unsern Köpfen, ertönte. Die Situation war kritisch, denn die Gefahr lag nahe, daß die Gorillas jeden Augenblick den Baum verlassen konnten. Da endlich erreichte ich eine Stelle, wo das Blätter- dach eine Durchsicht gestattete. Durch diesen Kreis bemerkte ich fast zu meinen Häupten einen mäch- tigen Affen auf dem Aste eines wohl 60 m hohen Mutoie. Unverzüglich flog die Büchse an die Schulter, krachend rollt der Schuß durch den Wald. Ein schwerer Schlag und wütendes Ge- brüll war die Antwort. Da schiebt sich ein zweites, anscheinend jüngeres Exemplar durch die Laub- krone. Der dumpfe Kugelschlag gibt mir auch hier die Gewißheit eines Treffers. So schnell als möglich arbeiteten wir uns nun bis an den Baum heran, an dessen Stamm eine sehr starke Schweißfährte herunterführte. Sie verlor sich im Gebüsch, in dem wir den Gorilla schwerkrank den Hang hinunterflüchten hörten. Einem Affen, selbst einem kranken, im Walde zu folgen, ist für den Europäer zwecklos. So gab ich auch bald erschöpft die Nachsuche auf. Auf den Schuß erschienen aber nach kurzer Zeit einige unserer Leute, die in weitem Abstand ge- folgt waren. Das Versprechen eines hohen Bak- schisch spornte ihre Kraft an, und im Augenblick glitten sie auf der Fährte dem Wilde nach. Einige Minuten höchster Spannung folgten, dann tönten schwach gedämpfte Rufe zu uns hinauf, die in mir ein unbeschreibliches Siegesgefühl aus- lösten. Unten in der Schlucht hatten die Leute den Affen gestellt und mit einem Speerstich end- gültig gestreckt. Da die Leute erklärten, den schweren Burschen nicht allein herausschaffen zu können, sandte ich ihnen vom Lager aus einen Askari mit einer Hilfskarawane. Zwei Stunden später wurde er an einer starken Bambusstange im Triumphe eingebracht. Es war ein starkes lüngeres Männchen. Das kleinere Exemplar konnte trotz starken Schweißverlustes nicht zur Strecke gebracht werden. Der erlegte Affe ist der erste im Bugoiewalde von einem Europäer gesichtete Gorilla. Aber die enge faunistische Verwandtschaft dieses Gebietes läßt auch hier die Annahme einer nahen Ver- wandtschaft mit Gorilla Behringei zu, falls sich aant sogar die Identität mit diesem herausstellen Der nächste Tag brachte dem pdre supérieur ein gleiches Weidmannsheil. Nach ähnlichen An- strengungen gelang es ihm, den Schlafbaum zu erreichen, von dem er ein jüngeres Exemplar herunterschoß. Als er sich schnell dem Verendenden nähern wollte, wurde plötzlich der Busch lebendig; auf wenige Schritte erschien das fletschende Gebiß eines alten Männchens, das nicht übel Lust zeigte, ihn anzugreifen. Mit der Kugel in der Brust verendete aber auch dieses nach wenigen Minuten. Trotzdem räumte die Herde noch nicht das Feld; um den Jäger her zeigten sich noch längere Zeit die erbosten Tiere, die sich erst allmählich und langsam verzogen. Das Fell des Alten war mit grau-gelben Haaren durchmengt, die Hände und das Gesicht zeigten in Übereinstimmung mit meinem Exemplar tiefe Schwärze, während das jüngere, ein Weibchen, von bedeutend geringerer Körperlänge war und bei tiesschwarzem Haarkleide eine gelbliche Fär- bung des Gesichtes und der Handflächen aufwies. 1. Februar 1908. Von Kasindi, am Nordende des Albert- Edwardsees, wo wir Weihnachten verlebten, er- reichte die Expedition in vier Tagemärschen Béni. Bei Karim wurde der Semliki über- schritten und am Tage darauf bei der Missions- station St. Gustave gelagert, wo uns der pere supérieur sehr gastlich aufnahmen. Die Häuser und Kapellen machten einen wohlgepflegten Ein- druck, der durch das symphatische Auftreten der Geistlichen noch verstärkt wurde, die sich wegen ihrer Nichteinmischung in politische Angelegen- heiten der besonderen Achtung der Kongolesen erfreuen. Das folgende Lager Sumbia brachte uns die völlig überraschende, aber um so erfreulichere Begegnung mit einem österreichischen Jagdgenossen, dem Husarenrittmeister Oreydt; der 13. Januar zeigte uns schon von weitem die sauberen Häuser von Béni. Viele Büffel= und Elefantenpfade verrieten die Häufigkeit dieses Wildes. In Béni empfing uns der commandeur supérieur Derch mit den Herren seines Stabes, die ihren Inspektionsaufenthalt freundlicherweise bis zu unserem Eintreffen ausgedehnt hatten. Denn der Posten gehört noch zum Gebiet des Russissi-Kivu und zur selben Zone wie Rutshura, die dem Kapitän Baudelet untersteht, während als chef de secteur Kapitän Béngets seines Amtes waltet. Nächst dem deutschen Posten Kissenyi am Kivusee ist Béni wohl der an- sprechendste Innenposten, den wir berührten. Der plateauartige Hügel, der ihn trägt, wird am Süd- rande vom zentral-afrikanischen Graben bis auf eine trennende Ebene begrenzt. An seinem West- rande wird er vom großen, bis nach Kamerun ausgedehnten Walde berührt, während der Süd- osthang steil zum Semliki abfällt, der sich in einer Durchschnittsbreite von etwa 100 m dicht unterhalb des Postens entlangwindet. Der Posten hat, wie Rutschurru, eine starke militärische Besatzung. Der kommerzielle Verkehr 5