W 467 20 Die Dammbrüche, die sozusagen zum Bau- programm gehörten, wurden stets in kürzester Zeit beseitigt; irgend welche Unfälle sind nicht vorgekommen. Eine Drogrammrede des Couverneurs. Am 28. März wurde in Windhuk die zweite Tagung des Gouvernementsrats für Deutsch- Südwestafrika eröffnet. Zur Einleitung hielt Gouverneur v. Schuckmann eine programmatische Ansprache, in der er nach dem Berichte der „Windhuker Nachrichten“ u. a. folgendes aus- führte: „Als nach jahrelangen aufopfernden Kämpfen zu Anfang v. Is. der Friede kam, war das Land in trostlosem Zustande. Deutscher Fleiß und deutsche Unternehmungslust haben dem Lande in Jahresfrist bereits ein anderes Aus- sehen gegeben, obwohl wir noch im vorigen August durch einen neuen Aufstand bedroht wurden und noch kürzlich in der Kalahari unter schweren Verlusten einen alten Feind durch eine Expedition niederwerfen mußten, die eine groß- artige militärische Leistung für alle Zeiten bleiben wird, deren heldenmütiger Führer, Hauptmann v. Erckert, unsere Bewunderung und unseren Dank für seine Umsicht und seine Tatkraft mit ins Grab genommen hat. Die Zeit nach dem Ausfstande ist noch zu kurz. Die Eingeborenen, denen wir die Hand zum Frieden gegeben, müssen sich erst beruhigen und an geordnete Verhältnisse gewöhnen. Dabei können wir zwar auf die treue Mitwirkung der Missionen rechnen. Wir bedürfen aber noch länger eines starken militärischen Schutzes. So- weit es möglich ist, dringt der Siedler vor; überall regen sich schaffende Hände, die Städte wachsen. Ansiedlungen und Farmen entstehen, die Schätze des Landes werden erforscht und die Entwicklung geht vorwärts. Pflicht der Regierung ist es, diese Entwicklung zu fördern und ihr die Wege zu ebnen. Sie find berufen, Ihren Rat dazu zu geben. Es muß unsere Aufgabe sein, dafür zu sorgen, daß das Land sich in einer gesunden Entwicklung befindet, wenn die Entschädigungsmillionen ver- braucht sind. Ich fürchte, es steht eine Krisis im wirtschaftlichen Leben bevor, da das Geld nicht mehr in solchen Mengen ins Land kommen kann und Absatzprodukte noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind. Wir dürfen auch die Augen nicht verschließen, sondern wollen offen bekennen, daß nicht alles im Lande ist, wie es sein sollte. Wir müssen zu verhindern suchen, daß die Depression eine allzuscharfe wird. Diese Erwägungen und die schuldige Rücksicht auf das Vaterland, das so große Opfer für dies Land gebracht hat, mahnen uns zur größten Sparsamkeit. Wir werden daher die Ausgaben einschränken, die Einnahmen vermehren und nur das von der Heimat erbitten, was für die Entwicklung des Landes unbedingt erforderlich ist. Unser Streben muß stets bleiben, das Land aus eigenen Mitteln zu verwalten, und ich hoffe, das wird in nicht zu ferner Zeit gelingen, wenn die Entwicklung des Landes fortschreitet und Opferwilligkeit vorhanden ist, wenn der Satz „Hilf dir selbst“ allgemeine Losung wird. In welcher Weise die Regierung die Ausgaben beschränken will, werden Sie aus dem Etats- entwurf ersehen. Das Land ist keine Streusandbüchse, sondern es wird sich fähig zeigen, auch Steuern aufzubringen und Einnahmen für die Verwaltung zu schaffen. Ihrer Begutachtung werden daher der Ent- wurf einer Grundsteuer, Umsatzsteuer, Bier- steuer und für Erhöhung einige Zoll- positionen vorgelegt werden. Wenn wir die Entwicklung des Landes fördern wollen, so müssen wir uns fragen: Worin bestehen die werteschaffenden Kräfte des Landes? Mit Freude begrüßen wir die Anfänge der Industrie, Wagenbau, Lederver- arbeitung, Brauereien, Sandsteinwerke. Aber, meine Herren, wie in dem übrigen Südafrika wird sich die Industrie in gleicher Weise nur langsam zu einem großen Umfange entwickeln können. Wie dort so wird auch bei uns die Ausfuhr, die uns Werte bringen soll, noch lange auf der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte und auf der Ausbeutung der Schätze des Bodens beruhen. Somit wurzelt das Wohl des Landes in erster Linie in dem Gedeihen des Farmers, in zweiter Linie in der Entwicklung des Bergbaues. Der Farmer und Siedler muß in Menge Vieh, Wolle, Tabak, Weintrauben für Rosinen und gewisse Fruchtsorten, die verschifft werden können, produzieren. Dazu müssen wir die Wege ebnen durch Einführung von Zuchtvieh, Sorge für Veterinärwesen, Wassererschließung und durch Schaffung von Absatzmöglich- keiten. Es besteht hier kein Gegensatz zwischen Stadt und Land. übertragen Sie diese zu Hause geschaffenen künstlichen Gegensätze nicht hierher, wo sie nicht hingehören. Das Auffinden der Schätze des Bodens wird nach jeder Richtung gefördert werden, dem Handel und Verkehr wird jede Bewegungsfreiheit, jede mögliche Erleichterung