WV 582 20 auf glühenden Steinen. Gemüse kocht man in der Weise gar, daß man Blätter in Holzschüsseln legt, Wasser darüber schüttet und dieses durch heiße Steine bis zum Brodeln erhitzt. Von Eisenwerkzeugen haben Messer und Axt Eingang gefunden, nur vereinzelt fanden sich noch Artklingen aus Stein, oder Muschel= und Steinwerkzeuge zum Herstellen der Muschelarm- ringe. Die Waffen, Speer und Keule, werden durch Tauschhandel von den Bergstämmen er- worben. Die meisten Weiber und Männer tragen schon europäische Lendentücher. Früher gingen die Männer völlig nackt, und die Weiber trugen an einer Lendenschnur vorn und hinten einen kleinen Schurz aus wohlriechenden und gefärbten Blättern. Die schönsten Schmuckstücke sind massive Muschel- armringe, die bis in die Berge hinein verbreitet sind, aber wahrscheinlich aus Tanga stammen. Eine ethnographische Sammlung, die ein voll- ständiges Bild von dem stark in der Auflösung begriffenen materiellen Kulturbesitze der Landschaft Muliama liefert, geht mit der nächsten Schiffs- gelegenheit an das Königliche Museum für Völker- kunde in Berlin ab. Marinestabsarzt Dr. Stephan beschäftigte sich vor allem mit dem Studium der Sprache, über die noch keine Aufzeichnungen vorliegen. Der Verkehr mit den Eingeborenen kann zum großen Teil schon in der Landessprache erfolgen, und es gelang bereits, interessante Beobachtungen über Familie, Heiratsklassen, Recht, Geheimbünde, Geisterglauben und über das Denken und Fühlen der Eingeborenen zu machen. An eine Volks- zählung wurden soziologische und rassenbiologische Untersuchungen angeschlossen und darüber ein Be- richt an den Gouverneur erstattet. Die meteoro- logischen Beobachtungen wurden fortgesetzt, und vielfach wurde ärztliche Hilfe geleistet. Von Herrn Walden, der im Norden von Neu-Mecklenburg arbeitet, ist noch kein Bericht eingegangen. Kolonialwirtschaftliche Mitteilungen. Deutsch-kolonlale Baumwoll-Unternehmungen.“) Dem soeben erschienenen Frühjahrsbericht des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees (Bericht X) über die deutsch-kolonialen Baum- woll-Unternehmungen entnehmen wir folgende Einzelheiten: Die Berichtsperiode setzt ein mit dem Pflanzer- und Spinner-Kongreß in Atlanta, Ga., auf welchem das weitaus überwiegende Pflanzerelement der Südstaaten den zahlreich erschienenen In- dustriellen aus ihrem eigenen Lande und aus Europa auseinandersetzte, daß ihre Staaten sich bewußt wären, ein absolutes Monopol in Roh- baumwolle zu besitzen, und daß fsie entschlossen seien, auf Grund dieses Monopols die kon- sumierende Welt zu zwingen, einen Preis für Baumwolle zu zahlen, der ihnen und nur ihnen passe! Man verlangte zunächst 15 Cents per Pfund, und fügte hinzu, daß, wenn die Industrie ihnen diesen Preis nicht schlank bewillige, man denselben später mit Wucherzinsen einzutreiben wissen würde. Und das alles wurde seitens eines kurz- sichtigen, rabiaten Elements den Vertretern einer der bedeutendsten und der für die Menschen nahezu wichtigsten Industrie, der Baumwoll- industrie, geboten zu einer Zeit, in welcher auf vt Vol. „Deutsches Kol. Bl.“ 1907, Seite 1100 ff. der einen Seite wieder eine große Baumwollernte in den Vereinigten Staaten auf die letztjährige von 13½ Millionen Ballen zu folgen schien, und in welcher auf der anderen Seite Anzeichen sich fühlbar machten, daß die wirtschaftliche Hoch- konjunktur auf der ganzen Erde nicht allein ihr Ende erreicht hatte, sondern sogar ein rapider Rückgang zu erwarten war. Letztere Anzeichen verstärkten sich von Woche zu Woche und führten bereits gegen Ende des Monats Oktober zu einer schweren Finanzkrisis in Amerika, welche sich sturm- artig über die ganze Erde verbreitete und an Stelle wirtschaftlichen Gedeihens eine Depression treten ließ, welche alle Verhältnisse auf das un- günstigste beeinflußte und den Baumwollmarkt bis gegen Schluß der Berichtsperiode ganz und gar beherrschte. Hand in Hand mit dem wirtschaftlichen Nieder- gange ging nun eine Berschlechterung der Aus- sichten der Baumwollernte nicht allein in Ameriko, sondern auch in den übrigen Produktionsländern, Indien und Agypten; während man im Oktober noch mit einem Ertrage von über 13 Millionen Ballen amerikanischer Baumwolle rechnen zu dürfen geglaubt hatte, gingen diese Erwartungen immer weiter hinunter bis auf etwa 11½ Millionen Ballen, welche Ziffer dem wirklichen Ertrage nahe kommen dürfte. Während nun dem Weltkonsum gegenüber, welcher im verflossenen Jahre über 13 Millionen Ballen amerikanischer