G 631 20 Kolonialwirtschaftliche Oittellungen. Der Welthampf um die Baumwolle.“) Es soll nunmehr untersucht werden, welche Bedeutung der wichtigste der kolonialen Rohstoffe, die Baumwolle, für unsere wirtschaftlichen Ver- hältnisse, besonders auch für unsere Arbeiterver- hältnisse besitzt, und welche Folgeerscheinungen sich aus der bisherigen Art der Befriedigung unseres Bedarfs an diesem Rohstoff ergeben. Die Baumwolle stellt längst nicht mehr wie in früheren Zeiten einen Luxusartikel dar, sondern ist in allen Kulturländern der unentbehrliche Grundstoff für die Gewebeindustrie geworden. Baumwollfabrikate sind heute Massenartikel, deren alle Bevölkerungskreise bedürfen. Wie stark der Baumwollbedarf gerade in Deutschland in den letzten 25 Jahren gestiegen ist, zeigt die folgende Tabelle über die Einfuhr von roher Baumwolle nach Deutschland. Es wurden eingeführt: Insgesamt Davon kamen aus Ver.St. v. Britisch-- Amerika Indien Aggypten 1000 t Mill. M. (1000 t) (1000 t (1000 t) f 1882. 155,9 179,2 38,7 120 2,4- 1888 180,1 208.0 54.2 17,3 2,6 1884 177.6 202.4 38.4 14.9 4.5 1885 106,8 181,3 48.4 12,1 4 1836 172,0 170,3 50.2 13,8 400 1897. 2120 218,4 70.1 15,9 444 1888 1944 2061 63,9 19.0 88 1889 214,00 270,90, 35.8 1,0 1890 250,.6 2806125,1 50,011 0,8 1891. 259,7 226,.0042 57,6 50,.6 1892. 24009 187.5.154,5 40,56 12,4 1893. 247,7 210.5153.7 — 1894. 277,.38 19171183, 60.5 11,9 1895 300,9 220.7131,0 46 144 1896 281.5 226.9) 197.2 5900 15,3 1897. 302,5 2310 25,8 40,7 20.6 1898. 357.0 237,.3286.0 42.2 22,5 1809 330,7 2268,51258.5 13.,6 23.4 1900. 313.2 318,0 256.2 25,8 25,2 1901. 332.0 296.2256,3 48,1 24,1 1902. 348,3 319,707,.0 — 1903 382,, 395.168, 79,.1 30.9 1904. 398,1 471081,3 76.6 33.4 1905 402,9 398.2 8 61,9 7 1906. 390,2 445.3279.1 69.4 325 1807. 276.4, 515.4 82483 108,.0 30,4 Die Einfuhr von Rohbaumwolle hat sich demnach in den letzten 25 Jahren sowohl der Menge wie dem Werte nach verdreifacht, und der Verbrauch von Baumwolle auf den Kopf ) Aus dem „Reichs- .„Rolonialwirtschaftliches“ II. i Vgl. „Deutsches Kol. Bl.“ 543 ff. Arbeitsblatt“ (Ma 1908. Nr. 11, S. 51 der Bevölkerung, der in Deutschland 1840 nur 0,3 kg betrug, ist bis 1895 auf 5 kg, bis 1900 auf 6 kg und inzwischen weiter auf fast 7 kg, also rund um das Zwanzigfache gestiegen und übertrifft den früher vorherrschend gewesenen Verbrauch von Schafwolle, der am Anfang des vorigen Jahrhunderts den Baumwollverbrauch um das Doppelte überstieg, schon um das Mehr- fache. Die gesteigerte Verarbeitung der Baumwolle ist kür die gewerblichen Verhältnisse Deutschlands von der weittragendsten Bedeutung geworden. Rohbaumwolle steht in unserer Einfuhr mit mehr als ½ Milliarde Mk. an erster Stelle und dient nicht nur dem heimischen Konsum, dem sie eine billige Kleidung sichert, sondern gibt auch als Rohmaterial für eine unserer wichtigsten Aus- fuhrindustrien einem großen Teil unserer Be- völkerung Arbeitsgelegenheit. Baumwoll- waren nehmen in unserem Export stets einen hervorragenden Platz ein (1907: 488,4 Millio- nen Mk. = 6,9 v. H. unserer Gesamtausfuhr im Spezialhandel). Die deutsche Baumwollindustrie steht heute an Ausdehnung hinter Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika an dritter Stelle. Die Zahl der Baumwollspindeln betrug Mitte 1907 in der ganzen Welt rund 123 Millionen; davon entsielen auf Großbri- tannien 50,6, auf die Vereinigten Staaten von Amerika 26, auf Deutschland 9,3 Millionen. Im Jahre 1846 hatte Deutschland dagegen nur 750 000, im Jahre 1877 erst 4,2, 1891 schon 6,0, 1898 7,4 und 1901 7,9 Millionen Spin- deln aufzuweisen. Auf dem ersten „Deutschen Kolonialkongreß"“ zu Berlin im Oktober 1902 wurde von sach- verständiger Seite die derzeitige Jahrespro- duktion der Welt an Baumwolle auf 17 Millionen Ballen (zu 500 Pfd.) im Gesamtwert (einschließ- lich der Nebenprodukte) von 3,7 Milliarden Mk. angegeben. Beim Anbau waren etwa 15 Millio- nen Menschen beschäftigt, bei der Verarbeitung 2,5 Millionen Arbeiter an 3 Millionen Web- stühlen und 120 Millionen Spindeln. Das in der Baumwollindustrie angelegte Kapital (also ohne die Betriebskapitalien) wurde bei Zugrunde- legung der mittleren Anlagekosten (einschl. Ge- bäude, Motoren usw.) eines Webstuhles mit 1000 Mk., einer Spindel mit 50 Mk., auf ins- gesamt 10 Milliarden Mk. (Spinnerei 6, Weberei 3, Nebenbetriebe 1), die Gesamtjahreslohnsumme der Baumwollindustriearbeiter (einschl. der Haus- industrie) auf 2 Milliarden Mk. veranschlagt. Auf