W676 20 wird Kakao exportiert. Eine Kalamität bildet auch hier die Arbeiterfrage. Steter Mangel an Arbeitern schädigt die Unternehmungen schwer. So verfügte eine Pflanzung von 1800 Hektar nur über 300 Arbeiter, eine andere über noch weniger. Bedenkt man, daß der Wald erst aus- geschlagen, die Schattenzweige der übrigbleiben- den Bäume gekappt werden müssen, daß ferner das mit unglaublicher Schnelligkeit empor- wuchernde Unkraut fast allen Anstrengungen spottet, eine heute gereinigte Partie z. B. in vier Wochen bereits wieder meterhoch überwachsen ist, so kann man die Sorgen der verantwortlichen Beamten begreifen. Die Arbeiter werden vom Staate meist für ein Jahr engagiert. Die Pro- dulte werden per Kanu den Aruwimi herunter- geschafft. Manches Boot geht hierbei in den Schnellen verloren. Der Fluß hat, abgesehen von wenigen durch bewaldete Inseln bedingten Verengungen, eine stattliche Breite, die zwischen 400 und 1000 m schwankt; er gewinnt dann ein seenartiges Aus- sehen. Seine gewaltigen Wassermassen können sich also mit denen der größten europäischen Ströme messen. Wir befuhren ihn zur Zeit der kleinen Regenperiode, die sein Niveau um 1 m gehoben hatte und ein schnelles Vorwärts- kommen ermöglichte. Seine vielen Stromschnellen schalten ihn jedoch aus der Reihe der schiffbaren Flüsse aus. Ein Dampferverkehr findet nur in Einem untersten Laufe statt. Gefährlich bleibt die Passage durch die Schnellen stets. Mit dem Berlust von einigen Booten wird sogar etats- mäßig gerechnet. Eine unangenehme Stelle hatten wir unterhalb Kalagwa zu überwinden. Da sich der Fluß hier durch klippenreiche Inseln windet, werden diese Schnellen sehr gefürchtet. Jedes Boot nahm daher im genannten Neger- dorf einen mit den Eigentümlichkeiten des Wassers vertrauten Piloten an Bord. Während die an- deren Boote glücklich durch die Wellen und den schäumenden Gischt des reißenden Stromes hin- durchsausten, gerieten die Boote des Leutnants v. Wiese und des Dr. Schubotz in Gefahr. Zwi- schen unsichtbaren Felsen eingeklemmt, neigten sie sich bedenklich auf die Seite. Erst nach längeren Bemühungen gelang die Befreiung aus dieser mißlichen Lage. Die imposantesten Katarakte sahen wir bei Panga, das wir am 2. Mai erreichten. Diese Fälle haben gewaltige Höhen, das Brausen der sich überstürzenden Wassermenge erfüllt weithin die Luft. Sie werden nur durch einzelne be- waldete Felsstücke getrennt und nehmen sonst die gesamte Breite des Stromes ein. Im Lichte der scheidenden Sonne boten fie ganz prachtvolle, malerische Motive, die wir mit vorzüglich ar- beitenden Apparaten nach Möglichkeit festzuhalten versuchten. Da die Katarakte für unpassierbar gelten, wechselten wir hier Boote und Mann- schaft. Im Geiste nahm ich Abschied von meinem schönen Kanu, das mich seither trotz eines ganz hübschen Leckes sicher getragen hatte. Um so größer war meine Überraschung, als ich es am Nachmittag unter den neuen Booten jenseits des Falles wohlbehalten vorfand. Die Leute hatten es fertig gebracht, das Boot an langen Lianen und Tauen vom Ufer aus durch den tosenden Fall zu dirigieren. In Panga machten wir ferner die Bekannt- schaft des im Kongostaat berühmten Entdeckers der Kilo-Goldminen, Mr. Hannam, eines ge- borenen Anstraliers. Er prospektierte auch hier mit zwei Agenten auf südlich gelegenen Inseln. Die bisherigen Goldfunde scheinen auch hier zu- friedenstellend zu sein. Die Gegend war am 5. April von einem stärkeren Erdbeben heimgesucht worden, das, in Richtung Nordost nach Südwest laufend, einigen Bauten verderblich geworden war. In der Mauer des Messegebäudes klaffte noch ein gewaltiger Riß. Menschenleben aber waren nicht zu beklagen. Am folgenden Morgen war es eisig kalt; dichter Nebel hinderte jeden Ausblick, dazu hatten wir eine fast achtstündige Fahrt, so daß der Lager- platz Banalia freudig begrüßt wurde. Eine lange, aber wenig Wasser führende Stromschnelle nimmt vor dem Posten die Breite des Flusses ein, der zahlreiche Muschelbänke enthält. Viele Leute betreiben dort die Fischerei, indem sie mehrere Minuten unter Wasser bleiben und so die Muscheln von den Bänken schlagen. Hier legten wir einen Ruhetag ein, den Leut- nant v. Wiese zum Sammeln ethnographischer Gegenstände, Dr. Schubotz und Mildbread zur Vervollständigung der zoologischen Sammlung (insbesondere durch Fische aus dem Aruwimi) und zur Erlangung umfangreichen botanischen Materials benutzten. Von den Eingeborenen wurden uns zwei lebende Antilopen gebracht, die aber nicht zu erhalten waren. Am Nachmittag erhielt ich noch den Besuch des italienischen Leiters eines zwei Stunden entfernten, im Walde gelegenen Postens, dessen Kautschukerträge eben- falls unter den obenerwähnten Umständen leiden, der sich sonst aber recht nützlich erwiesen hat. Die Fauna war während der Flußreise recht ärmlich gewesen. Außer einigen weiteren Ele- fanten, von denen einer vor uns das Flußbett durchschwamm, während ich einen anderen er- legte, sichteten wir nur wenige Flußpferde und Krokodile. Einige Flüge Papageien zogen wieder- holt über uns dahin, doch schien das Leben auf den Bäumen sonst fast erstorben. Das Tierleben