spruch genommen, und zwar in so rücksichtsloser Weise, daß in vielen Gebieten nach einigen Jahren steigender Ausbeute die natürlichen Bestände so gut wie vernichtet waren. Das Ergebnis dieses Raubbaues war, daß die Kautschukproduktion der Urwälder Amerikas, Asiens und Afrikas wesentlich gesunken ist. Britisch-Indien, das vor einem Jahrzent noch rund 1 Million engl. Pfund!) Kautschuk ausführte, lieferte 1903/04 nur noch 204 704 Pfund. Die „Anglo-Belgian India- Robber-Cy.“ im Kongostaat, die ungefähr 20 v. H. der ganzen Kautschukproduktion desselben er- brachte, hatte 1904 eine Ausfuhrverminderung um 50 v. H. zu verzeichnen. Die Kautschukausfuhr der Goldküste betrug 1899 noch 5,6 Millionen, 1903 dagegen nur noch 2,3 Millionen engl. Pfund. Ebenso hat der Kautschukexport Zentralamerikas außerordentlich abgenommen; 1885 betrug er noch 1159, 1893 nur noch 657 Tonnen. Süd-Nigeria hatte 1901 eine Ausfuhr von 783 Tonnen, 1903 betrug sie nur noch 530 Tonnen. Der Export an Kaut- schuk aus Britisch-Zentralafrika sank von 6,5 Tonnen im Jahre 1901/02 auf 2 Tonnen im Jahre 1904. Nur der Kongostaat und seine Nachbargebiete zeigen dem gegenüber ein be- deutendes Wachsmm des Exportes, welches in der noch vorhandenen großen Anzahl unberührter wilder Bestände seinen hauptsächlichen Grund hat. Auch aus Brafilien hat der Export in den letzten Jahren immer noch zugenommen, wenn auch durchschnittlich nur um 5 v. H. Das Versiegen der vorhandenen Bestände führte zur Erkenntnis der Notwendigkeit, die Kautschukproduktion und damit die Kautschuk ver- arbeitende Industrie auf eine sichere Grundlage zu stellen, und so ging man allmählich daran, den Kautschuk plantagenmäßig anzubauen. Der erste Schritt dazu geschah im Jahre 1861 auf der Insel Java. Anlagen im größten Maße wurden im Jahre 1864 in Westiava eingerichtet. 1873 wurde die Kautschukkultur in Assam einge- führt. Seitdem hat die Plantagenkultur von Kautschuk liefernden Pflanzen erhebliche Fort- schritte gemacht, die ganz besonders in den letzten Jahren in größerem Umfang in die Erscheinung getreten sind. Nach einer englischen Berechnung waren im Jahre 1905 bereits 60 000 ha mit Kautschuk angebaut, davon 16 000 ha in Ceylon und 15 000 ha auf den malayischen Halbinseln. Neuerdings haben sich diese Kulturflächen noch bedeutend vermehrt. So betrug z. B. in den Vereinigten Malayen-Staaten die mit Kautschuk angebaute Bodenfläche im Jahre 1906 schon 99 230 Acres?2) und 1907: 127 700 Aeres. 1) 1 engl. Pfund = 0.454 kg. *) 1 Acre = 0,405 ha. 688 25 Rechnet man die Straits Settlements mit 16 000 und Johore mit 3600 Acres hinzu, so erhält man auf der malayischen Halbinsel eine mit Kautschuk bepflanzte Fläche von etwa 150 000 Acres; auch in Ceylon ist die Kautschukkultur so“ gewaltig fortgeschritten, daß die bebaute Fläche auch hier schon auf etwa 150 000 Aeres geschätzt wird. Trotz dieser großen Zahlen glaubt man jedoch, den Gedanken an eine Überproduktion von der Hand weisen zu können. Man hat z. B. berechnet, daß die für das Jahr 1912 in den Vereinigten Malayen-Staaten zu erwartende Ernte nur den siebzehnten Teil des Weltbedarfs decken wird, wobei eine jährliche Vermehrung des Be- darfs um 10 v. H. Voraussetzung ist. Große Fortschritte in der Kautschukkultur sind auch in Amerika zu verzeichnen, besonders in Mexiko, sowie in anderen Ländern. Ein Beweis für die Wichtigkeit, die der Frage der Kautschukerzeugung in den verschiedenen Ländern beigelegt wird, sind auch die Prämien, welche vielfach für die An- legung von Kautschukpflanzungen gewährt werden; so hat z. B. die australische Regierung neuer- dings solche im Werte von 10 v. H. des Markt- wertes für Kautschuk festgesetzt. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich für Staaten mit tropischem Kolonialbesitz, also auch für Deutschland, die Notwendig- keit in den Wettbewerb um die Erzeugung von Kautschuk mit allem Nachdruck ein zu- treten, um unsere Industrie in dem Bezug des benötigten Rohstoffes vom Auslande tunlichst un- abhängig zu machen, ihr eine ausreichende Be- friedigung des Bedarfs zu sichern und die be- deutenden Geldmittel, die für die Einfuhr von Rohgummi zur Zeit nach dem Ausland gezahlt werden müssen, der eigenen Volkswirtschaft zu erhalten. Das ist um so eher möglich, als wir in unseren Schutzgebieten Ostafrika, Togo so- wie in den Südseeinseln Gebiete besitzen, in denen Kautschuk und Guttapercha liefernde Pflanzen wild vorkommen, die klimatischen Vorbedingungen für eine Plantagenkultur also gegeben sind. Schon jetzt decken wir einen allerdings noch geringen Teil unseres Kautschukbedarfs in unseren Kolonien. Nach der „Denkschrift über die Ent- wicklung der Schutzgebiete in Afrika und in der Südsee im Jahre 1906/07“ bezifferte sich die Ausfuhr von Kautschuk aus den deutschen Ko- lonien dem Werte nach wie folgt: (in 1000 Mk.) 1903 1904 1905 1906 Ostafrika 1991 2237 2257 2386 Kamerun 2247u 3625 4071 4687 Togo 640 713 1 002 1 161 Zusammen 4881 6575 7 330 8234