G 961 Sport und die Abenteuer liebt, der bereit ist, seine Person einzusetzen, der die notwendigen moralischen und phyfischen Eigenschaften besitzt, der nicht zögert, auf dem Boden zu schlafen, Mühen und Entbehrungen auf sich zu nehmen, wenn es seine Dienstobliegenheiten erfordern, will, wenn er nach England auf Urlaub zurückkommt, das sein, was er immer war, ein Gentleman, gleichgestellt seinen Freunden, die ihr Heimatland nicht verlassen haben. Er will, wie sie, die be- rechtigten Freuden des zivilisierten Lebens ge- nießen. Es gibt noch einen Grund, aus dem die ko- lonialen Verwaltungsbeamten gut bezahlt werden und am Schluß einer Reihe von kolonialen Dienst- jahren die Aussicht auf einen angenehmen Ruhe- stand haben müssen. Es ist nämlich unbedingt notwendig, daß die kolonialen Verwaltungsbe- amten, die doch auch nur Menschen sind, nicht der Versuchung ausgesetzt sind, auf eigene Rech- nung „Geschäfte zu machen". Denn das ist der Ruin, der sichere Zusammenbruch. Und noch etwas! Muß das Personal gut bezahlt werden, so darf auch nicht mit dem Gelde geknausert werden, dessen die Kolonie bedarf, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ihre Entwicklung und die Exploitierung ihrer Reichtümer zu ermöglichen. Das ist gut ausgegebenes Geld, und man darf kein falsches Sparsamkeitssystem üben, ohne daß man deshalb etwa, wie man sagt, das Geld aus den Fenstern zu werfen braucht. Die Hauptschwierigkeit bei der Exploitierung der Kolonie wird auch im Westen Afrikas zweifel- los wie wo anders darin liegen, Eingeborene zu finden, die arbeiten wollen. Neger z. B. ist in seiner Art ein fleißiger und guter Landbauer, aber er denkt nur daran, seine unmittelbaren Bedürfnisse zu befriedigen. Sein in mehr oder minder primitivem Zustande befind- liches Land erscheint ihm gut, so wie es ist. Aber um ihm seine volle Entwicklung zu geben, und um spystematisch ununterbrochen seine Reichtümer zu erschließen, dazu bedarf es der Intelligenz und des Kapitals der Europäer, und dazu noch muß der Eingeborene zur regelmäßigen und geregelten Arbeit erzogen werden. Die große Schwierigkeit liegt darin, ihn zur regel- mäßigen Arbeit zu veranlassen, ohne aus ihm einen Sklaven zu machen. Das ist das Haupt- problem, und ich glaube nicht, daß es eine andere Lösung desselben gibt als die, welche darin be- steht, in den Eingeborenen bis zu einem gewissen Grade die Gewohnheiten und infolgedessen auch die Bedürfnisse des zivilisierten Menschen einzupflanzen. Häufig genug ist das einzige Bedürfnis, das Der südafrikanische — der Weiße dem Schwarzen gibt, das Bedürfnis nach Spirituosen, und das ist tieftraurig. Ich glaube, daß wenigstens in Südafrika alle er- fahrenen Verwaltungsbeamten und die fähigsten unter den eingeborenen Häuptlingen ohne Aus- nahme Prohibitionisten sind und den Genuß starker alkoholischer Getränke verbieten. Wenn der Eingeborene trinkt, so hat er sich nicht unter Kontrolle, und das einzige, was man machen kann, ist, ihm überhaupt keine starken geistigen Getränke zu geben. Aus alledem folgt: es ist nur gerecht, daß diejenigen, die den Eingeborenen die Zivilisation und in ihrem Gefolge so unendlich viel Wohl- taten bringen, von dem Eingeborenen auch eine gewisse Arbeitsleistung und ein vernünftiges Mitarbeiten verlangen. Diese schwierige Frage muß von den Ver- waltungsbeamten gelöst werden, welche dabei auf die lokalen Verhältnisse, die Anlage der Ein- geborenen, das Klima, die Sitten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen haben, Dinge, über die jemand, der das Land nicht kennt, unmöglich seine Meinung sagen kann. Einen Punkt gibt es indes, auf den man wohl die Aufmerksamkeit lenken darf. Nur zu leicht ist man in kolonialen Angelegenheiten ge- neigt, tabula rasa machen zu wollen, um von unten auf wieder aufzubauen. Das ist ein Irrtum. Häufig gibt es unter den Ein- geborenen rudimentäre Organisationen, aus denen Nutzen zu ziehen sehr wichtig ist. Einzelne süd- afrikanische Stämme z. B. besitzen eine bemerkens- wert vollständige Organisation, und es ist möglich, daß dies auch im Kongo der Fall ist. Bestehen solche Organisationen, so muß man sie erhalten; denn sie sind für die kolonialen Ver- waltungsbehörden von großem Nutzen. Sie können ihre Autorität auf die eingeborene Be- völkerung durch Vermittlung der Stammeshäupt- linge ausüben. Um aber aus den Gesetzen und der sozialen Organisation der Eingeborenen Nutzen ziehen zu können, muß man diese erst aufdecken, und das ist manchmal nicht sehr leicht. Man muß sich bemühen, einen Blick unter die Oberfläche zu werfen, was die Europäer nicht immer tun. Sie sind nur zu sehr geneigt zu glauben, daß man aus dem Studium der Ideen der Eingeborenen nichts lernen kann; aber nur wenn man durch eifriges Studium die Ideen der Eingeborenen ausgedeckt hat, dann kann man die Eingeborenen durch ihre Häupt- linge regieren. Im allgemeinen kann man, soweit dies die Aufrechterhaltung der kolonialen Landeshoheit und die Einführung zivilisierter Sitten zuläßt, den Eingeborenen den größten Spielraum —