175 20 drungenen Gestalt hübsch und gut gebaut. Sie nehmen an allen Kriegszügen teil, verwahren und sammeln die Pfeile, um sie den Kämpfenden zuzureichen, und tragen die Verwundeten und Toten aus dem Getümmel. Verwundungen der Weiber sind daher fast ebenso häufig wie solche der Männer. Als Waffen führen die Zissano leichte Pfeile, auf deren Spitze ein scharf an- geschliffener, mit starkem Widerhaken versehener Vogelknochen befestigt ist. Trifft ein Pfeil gut, so fällt der Pfeil ab und der Knochen bleibt in der Wunde versteckt. Das Herausschneiden dieser Knochen ist ebenfalls Sache der Weiber und wird mit Bambus vorgenommen. Der Verachtung fällt ein Mann anheim der dabei einen Schmerzens- laut von sich gibt. In den untereinander feindlichen Dörfern gibt es stets einige Leute, die mit der Gegen- partei befreundet sind. Solche Leute sandte ich an die bei meiner Landung geflohenen Dorf- bewohner mit der Aufforderung, sie sollten die mir bekannten Anführer innerhalb zweier Tage ausliefern. An einen Erfolg glaubte ich dabei selbst nicht. Am 25. Juni brach ich in dem größeren Boote nach Leitere auf und landete dort am andern Morgen, ohne von den Eingeborenen bemerkt worden zu sein. Das Boot schlug halb voll Wasser, und wir waren außer Stande, es auf den steilen Strand heraufzuholen. Ich blieb beim Boote, das wir mit Mühe gegen die Brandung halten konnten, und sandte den mich begleitenden Händler Schultz mit der Hälfte der Soldaten nach dem Hause der Malaien. Meine Leute trafen zuerst auf zwei große Häuser am Strande, die sie von den Malaien verlassen fanden. Nachher fuhren sie mit einem Kanoe auf die Lagune und gelangten, abermals unbemerkt von den Ein- geborenen, bis an das Pfahlhaus der Wilddiebe. Auch dieses war verlassen. Eingeborenen geweckt und mir zur Hilfe nach dem Boot gesandt. Erst nach einigen Stunden war es uns gelungen, das Boot zu bergen. Ich erfuhr nun, daß die Malaien am selben Tage, als die Leitere-Kanoes der Ansiedler Saridja nach Eitapé begleiteten, die Flucht ergriffen hätten. Ein zufällig anwesender Wannimo berichtete, sie seien im Angriffshafen gar nicht an Land gewesen, sondern weiter nach Tanamera gefahren. Ich gab die Verfolgung als aussichtslos auf. Nachträglich brachten mir die Eingeborenen und der Häuptling von Leitere die Meldung, daß in Wutong (Bougainville-Bucht) ein Kanoe mit den Leichen von fünf aus Leitere geflohenen Malaien angetrieben sei. Die Leichen seien unverwundet, aber von der Sonne gebraten und aufgeborsten gewesen. Die Wutong-Leute haben Nun wurden die die gefundenen Gewehre und die Paradiesvögel dem holländischen Polizeimeister, der neuerdings in Tanamera stationiert ist, abgeliefert. Sie wußten nämlich bis dahin noch nicht, daß sie zum deutschen Gebiet gehören. Über den Verbleib der übrigen Malaien ist seitdem nichts bekannt geworden. Leitere liegt in einer nicht allzugroßen von steilen Bergen eingefaßten Lagune; es besteht aus den drei Dörfern Neipa, Morio, Agai und ist ein unbedeutender Platz mit ungefähr 60 Häusern, die auf Pfählen in die Lagune gebaut sind. Die Häuser sind arg verwahrlost, was sich sowohl aus der großen Bauschwierigkeit in dem sehr tiefen Wasser, als auch aus dem Mangel an jungen Männern erklärt. Leitere ist von der Anwerbung stark mitgenommen worden. Ich sah auch nur wenig junge Frauen und wenig Kinder, obwohl die Leute sehr zutraulich waren. Der Hinter- grund der Lagune ist dort, wo sie flach wird, ganz mit großen Blättern bedeckt, über die sich die rosaroten Blüten einer angenehm duftenden Wasserrose erheben. Die Lagune wimmelt von Krokodilen, die jedoch nach Aussage der Ein- geborenen den Menschen ungefährlich sind. Land- schaftlich ist Leitere einer der schönsten Punkte Neu-Guineas. Wirtschaftlich ist es — bis auf seine beinahe erschöpfte Bedeutung als Anwerbe- gebiet ziemlich wertlos. Das Hinterland soll stark bevölkert sein. Am 27. Juni früh brach ich von Leitere auf. Mit gutem Landwind und späterem Nord, gelang es, noch in der Nacht Zissano wieder zu erreichen. Unterwegs liefen wir Seer an. Der mich be- gleitende Häuptling von Arup schwamm an Land, da ich dem Boote die abermalige Landung nicht zumuten wollte. Er beruhigte die Seer-Leute, von denen er nur einige Wachen sah, und forderte sie in meinem Namen auf, ruhig in ihre Dörfer zurückzukehren, da ich ihnen zu ihrem Rechte verhelfen würde; sie selbst sollen sich jeder Rache an Zissano enthalten. Der Häuptling Siar von Arup ist ein sehr brauchbarer Mensch, zuverlässig und mit den Sprachen von Jakumul bis Seer vertraut. In Zissano waren die Häuptlinge und viele Eingeborene aus Maloll, Arup und Warapn anwesend. Ich benutzte einen Ruhetag zu Ver- handlungen mit diesen und den Zissanos. Die Warapus beschlossen auf mein Zureden, sich an der Küste westlich Arup anzusiedeln. Die Zerstörungen durch das Erdbeben im Dezember 1907 sind bedentend größer, als zuerst angenommen wurde. Die Küste ist von der Mündung der Warapu-Lagune bis Zissano ge- sunken. Ein mehrere Kilometer breiter mit ab- gestorbenen Palmen und Urwald bestandener