M 206 20 unterrichten zu können, hatte es den Pflanzern der deutschen Kolonien bisher an Gelegenheit ge- fehlt. Um so erwünschter mußte ihnen daher eine Veranstaltung sein, die es sich zum Ziel ge- setzt hatte, die bisherigen Errungenschaften auf dem Gebiete der Kautschukgewinnung in großen Zügen der Offentlichkeit vor Augen zu führen. Die I. Internationale Kautschuf-Aus- stellung in London 1908 hatte sich in den Dienst der Kautschukproduktion aller Länder gestellt, und sie hat die Erwartungen reichlich erfüllt, welche seitens der Interessenten auf diese erste Unter- nehmung ihrer Art gesetzt worden waren. Jene Erwartungen waren aber umsomehr berechtigt gewesen, als in Fachkreisen längst bekannt ge- worden war, daß die plantagenmäßige Kautschuk- gewinnung gerade in den britischen Besitzungen nicht nur bezüglich ihrer territorialen Ausdehnung, sondern auch bezüglich der Qualität des Pro- duktes alle anderen Produktionsgebiete des Plan- tagenkautschuks weit überflügelt hatte. Der nachstehende Bericht soll sich vorwiegend mit denjenigen Darbietungen der Londoner Aus- stellung befassen, welche für die Kautschukpro- duktion in den deutschen Kolonien von Bedeutung und Interesse sind. Zweifellos gehört hierzu auch die Mehrzahl der in dem Aus- stellungsgebäude gehaltenen Vorträge fachmän- nischer Autoritäten aus aller Herren Länder über die verschiedensten Fragen der Kautschuk- produktion, über die Methodik der Kautschuk- gewinnung und der Behandlung des Rohproduktes und über manche andere Gegenstände aus dem großen Gesamtgebiet, dessen Förderung die Aus- stellung galt. Hier machte sich nun der einzige ins Auge fallende Fehler in der Organisation des Unter- nehmens geltend — ein Mißstand, der sich leicht hätte vermeiden lassen und der fast alle, nicht ortsansässigen Besucher außerstand setzte, den Vorträgen in dem Umfange beizuwohnen, wie es ihnen wohl erwünscht gewesen wäre. Anstatt die wissenschaftlichen und technischen Vorlesungen dieses „Kautschuk-Kongresses“ zu verschiedenen Sek- tionen zu vereinen und den „Kongreß“ auf wenige Tage zu konzentrieren, hatte man die Vorträge fast über die ganze Dauer der Ausstellung und über die Tagesstunden von 11 Uhr vormittags bis 9 Uhr abends verteilt. Auch wäre es zweck- mäßiger gewesen, das Programm für diese Dar- bietungen, wie es bei anderen Fachkongressen üblich ist, bereits einige Wochen vor Beginn der Ausstellung zu versenden und den Interessenten bekannt zu geben, anstatt erst täglich nach Offnung der Ausstellungshalle ein Programm für den betreffenden Tag zu verteilen. Da wohl nur die wenigsten auswärtigen Teilnehmer in der Lage waren, während der ganzen Dauer der Aus- stellung in London zu verweilen, kamen viele von ihnen zu früh oder zu spät, um die selten gebotene Gelegenheit, sich über dieses oder jenes wichtige Thema zu unterrichten, in vollem Um- fange wahrnehmen zu können. Wenn auch die geplante Veröffentlichung der Vorträge in Form eines „Handbuchs“ für diesen Ausfall einen ge- wissen Ersatz bieten wird, so wirkt doch das le- bendige Wort ungleich eindrucksvoller, als der gedruckte Buchstabe und außerdem regt es zur Diskussion an, die manchmal ebensoviel Beleh- rung für die Zuhörer bietet, wie der Vortrag selbst. Für diejenigen zahlreichen Interessenten aber, denen es nicht vergönnt war, in London zu er- scheinen, wäre eine, unmittelbar nach Schluß der Ausstellung herauszugebende Zusammenstellung kurzer, von den Vortragenden selbst verfaßter Referate — etwa in Form eines „Tagblatts“ — zunächst eine recht wertvolle Gabe gewesen, die der Verbreitung des „Handbuchs“ nur hätte förderlich sein können.“) Ich habe hier auf diesen Mangel der Or- ganisation deswegen besonders hingewiesen, weil dem Vernehmen nach schon für 1910 ein zweiter derartiger Kongreß geplant ist, dessen Veranstalter mit Leichtigkeit eine Wiederholung der beim ersten Mal begangenen Fehler vermeiden können. Im übrigen kann man der Organisation der Londoner Ausstellung nur Lob spenden. Ab- gesehen von der ansprechenden äußeren Form fiel es auch angenehm auf, daß nur einige wenige Gruppen mit ihren Darbietungen über den eigent- lichen Zweck der Unternehmung hinausgegangen waren, indem sie Gegenstände vorführten, die sich dem Rahmen der Ausstellung nicht anpaßten, wie z. B. Hölzer, Rinden Tee, ethnographische Sammlungsstücke und dergl. Der Gesamteindruck wurde hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt. Im höchsten Grade lehrreich und überraschend in ihrer Wirkung war die Ausstellung des Kautschukrohmaterials aus den Plantagen der asiatischen Besitzungen Englands. Und hier waren es wiederum die Gruppen von Cey- lon, den Straits Settlements und den Ver- einigten Malayenstaaten — in erster Linie allerdings diejenige von Ceylon — welche alle Erwartungen der Besucher übertrafen. Ein geradezu glänzendes Bild wurde hier entrollt von der Vervollkommnung der Methoden, mit denen auf den Pflauzungen dieser Länder bei der Be- arbeitung des Rohkautschuks gearbeitet wird. *! Dankenswerterweisehardie „Zummi-#eitung’über einige der wichtigeren Vorträge ausführliche Referate gebracht.