W 207 20 Es handelt sich dabei im wesentlichen um Ge- biete, in denen der Pflanzer in der günstigen Lage ist, den Kautschuk aus größeren Mengen frisch gesammelter Milch zu gewinnen, in denen alle jene störenden Momente in Wegfall kommen, die mit dem Eintrocknen des Milchsaftes am Baum verbunden sind. Aber es handelt sich dort auch mit wenigen Ausnahmen um die höchst- wertige aller Kautschukarten, um das Produkt des Parakautschukbaums, Hevea brasiliensis. Ehe ich jedoch auf die wirtschaftliche Bedeu- tung dieses Zweiges der Kautschukkultur ein- gehe, mögen die verschiedenen Aufmachungen des Rohmaterials aus den oben genannten Pro- duktionsgebieten etwas eingehender erläutert werden. Die durch Koagulierung des frischen Milch- saftes mittels verschiedener chemischer Agentien — vorwiegend aber mit Essigsäure — gewonnene Kautschukmasse gelangt zunächst in Wasch- maschinen, in denen fie unter reichlichem Zu- strom von Wasser gewisse Zeit gründlich gewaschen wird. Um das Wasser zu entfernen, wird der Kautschuk nunmehr zwischen Stahlwalzen ma- schinell ausgepreßt, wobei je nach der Oberflächen= beschaffenheit der Walzen verschieden gestaltete, mehr oder weniger dünne Felle resultieren. Das nachhaltige Waschen führt nicht nur zur Beseiti- gung aller gröberen Verunreinigungen, wie der Rindenteile usw., sondern auch — und darin liegt ein sehr wesentlicher Vorteil — zur Ent- fernung eines Teiles der fäulnisfähigen Sub- stanzen, insbesondere der dem Kautschukmilchsaft eigenen Eiweißstoffe. Die mit dem Wasser, durch die Luft oder die Hände der Arbeiter reichlich zugeführten Fäulniserreger müssen unwirksam und bedeutungslos bleiben, wenn sie kein ge- eignetes Nährsubstrat in der Kautschukmasse mehr vorfinden. Aus diesem Grunde wird ein derart vorbearbeiteter Kautschuk, selbst wenn ihm nicht alles Wasser entzogen wird, später niemals die bekannten üblen Zersetzungserscheinungen aufweisen können, die ein ungereinigtes und bei der Koagu- lierung ungenügend desinfiziertes Produkt so häufig wahrnehmen läßt. Auf der Malaiischen Halbinsel werden in jüngeren Plantagen, die noch nicht über die, eine maschinelle Bearbeitung rentierende Menge von Milch verfügen und daher mit Handbetrieb arbeiten, meist sogenannte „Biskuits“ hergestellt, runde Platten von wenigen Millimetern Dicke, gewonnen durch Auskneten und Auswaschen der abgerahmten Kautschukmasse mit der Hand und nachfolgende, weniger intensive Pressung. Aber auch anderwärts werden „Biskuits“ hergestellt, und zwar eine Ware von hoher Vollkommenheit. Die verschiedenen Muster aus Para-Kautschuk zeigten alle Farbenabstufungen von hellgelb bis dunkelbrann; die aus Travancore stammenden Biskuits von Castilloa= und Cears-Kautschuk konnten einen Vergleich mit den Para-Mustern gleicher Herkunft nicht bestehen. Zur Zeit sollen in Ceylon die auf der Aus- stellung viel bewunderten hellgelblichen Para- Biskuits der Pflanzung Wariapolla — eine eigene Handelsmarke — die höchsten Preise er- zielen. Der Kautschuk wird auf dieser Unter- nehmung mit heißem Wasser behandelt, eine Methode, die jetzt vielfach in Aufnahme gekommen ist, da sie zur Erzielung eines besonders hellen Produktes führt, die aber — wie man mir sagte — eine sehr exakte Handhabung verlangt. Der bekannte Kautschukchemiker Herr Kelway Bamber aus Ceylon hat sich bereits wiederholt über diese Methode geäußert; den verschiedenen Referaten in der „Gummi-Zeitung“" ist folgendes zu entnehmen: Das Erhitzen kann auf verschiedene Weise ausgeführt werden. Entweder man leitet in den Milchsaft Dampf ein, bis die Temperatur auf 80°.C gestiegen ist, und hält die Flüssigkeit 15 Minuten oder auch länger auf dieser Temperatur, bis eine Koagulierung des Kautschuks eingetreten ist. Oder aber man taucht die Biskuits, Sheets oder Felle, unmittelbar nachdem sie die Walze verlassen haben, unter ständigem Umrühren einige Minuten lang in Wasser dieser Temperatur, walzt sie dann nochmals zu der gewünschten Stärke aus und bringt sie wiederum für kurze Zeit in Wasser von dem erwähnten Hitzegrad. Endlich kann man zum Waschen heißes Wasser benutzen oder auch zwischen mit Dampf erhitzten Zylindern walzen. Ein mit dem Heißwasserverfahren erhitzter Kautschuk hat angeblich in London immer einen um 4 Pence höheren Preis erzielt als andere Ware. Das Erhitzen verfolgt den Zweck, oxydierende Enzyme, denen man einen hochgradigen Einfluß auf das Nachdunkeln des Kautschuks zuschreibt, zu zerstören, doch sind die Ansichten über die hierbei sich abspielenden komplizierten Vorgänge noch keineswegs geklärt. Jedenfalls aber verbindet sich mit dieser Methode der große Vorteil, daß die Hauptmenge aller in der Masse befindlichen Fäulniserreger abgetötet wird. Wo ein vervollkommneter Maschinenbetrieb für das Waschen und die Entfernung des Wassers zur Verfügung steht, werden „Sheets“ oder „Crépes“ hergestellt. Unter „Sheets“ versteht man Platten von etwa der gleichen Dicke wie die der Biskuits, aber *) Agl. Bd. 23 (1908) S. 381 und „Export-Nummer“ vom 27. November 1908 S. 247. 4