W 269 20 Antilopen noch seltener und nur in der zweiten Hälfte der Trockenzeit, wenn sie im Felde keine Melonen und Wasserwurzeln mehr finden. Die Vogelfaung der Omaheke erscheint täglich in den Morgenstunden auf den wasserhaltenden Kalk- pfannen und belebt deren Umgebung. Der wasser- suchende Mensch folgt ihrer Flugrichtung. Große, nach Hunderten und Tausenden zählende Schwärme von Perlhühnern, verschiedenen Arten Tauben und Steppenhühnern (in ganz Südafrika falsch „Wachteln“ genannt) finden sich ein. Von den kleinen Vögeln fallen besonders tiefschwarz, hell- gelb und feuerrot gefärbte Finken auf und kleine grüne Papageien, welche immer einen ohren- betäubenden Spektakel vollführen. Alle Tiere erscheinen aber nur von großem Durst getrieben auf der Pfanne, trinken so schnell als möglich, um schleunigst wieder zu verschwinden. Denn an diesen Sammelplätzen der Tierwelt lauert auch das vier= und zweibeinige Raubzeug. Die Spuren von Leoparden, Hyänen, Wildkatzen und Schakalen sind regelmäßig auf der Pfanne zu sehen. Nachts ertönt dort ein vielstimmiges Konzert. Auch die noch in der Omaheke in kleinen Banden streifenden Feldhereros, die zur Zeit ein Leben wie die Buschleute führen, er- warten an der Pfanne das Wild, um es mit dem Wurfkirri oder dem Bogen zu erlegen. Auf den zum Wasser führenden Wechseln legen sie Fanggruben an und stellen Schlingen, zu denen sie neuerdings mit Vorliebe gestohlenen Tele- graphendraht benutzen. Die Tiere nähern sich daher mit äußerster Vorsicht, die Vierfüßler nur unter dem Winde, häufig verhoffend und sichernd. Tauben und Steppenhühner pflegen erst mehrmals die Pfanne zu umkreisen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Kalkpfannen ist wegen ihres meist großen Wasserreichtums nicht zu unterschätzen. Die Pfannen ermöglichen die Ausnutzung der ungeheuren Grasflächen der Omaheke zur Viehzucht, besonders zur Großpvieh= zucht. Daß sie hierfür besonders geeignet ist, haben die riesigen Rinderherden der Hereros be- wiesen. Einige Kapitäne besaßen bis zu 20 000 Stück. Der Ankauf von etwa 150 000 ha durch die Liebig-Gesellschaft beweist ebenso, daß die Omaheke und ihre Wasserstellen zur Biehzucht sehr geeignet erachtet werden. Ein besonderer Vorzug der Kalkpfannen ist, daß ihre Wasserstellen häufig offenes und — selten tiefer als 3m — klares und gesundes Wasser liefern. Kostspielige Brunnenbauten fallen also fort. Das Wasser pflegt sich schnell zu ergänzen. Nach den Er- zählungen der Hereros haben sie vor dem Kriege und vor der Rinderpest auf manchen Pfannen, wie Otjimbuku, Okatjire, Ovikokorero, täglich bis zu 2000 Ochsen getränkt. Von schlechten Regen- jahren wird der Wassergehalt wenig beeinflußt. Das ist im letzten Jahre (1908) besonders auf- gefallen. Während die an Rivieren sitzenden Farmer über ein bedeutendes Zurückgehen des Grundwasserspiegels klagen, ist in den Kalklöchern der Omaheke ein Sinken des Grundwassers kaum wahrzunehmen. Der Farmer im Sandfelde wird sich meist darauf beschränken müssen, seine Wasserstellen zum Viehtränken auszunutzen. Die Anlage von Feldern und größeren Gärten bereitet große Schwierig- keiten, weil die Pfannen in der weiteren Um- gebung von Kalkgestein und -Geröll und auch in der Regel von dichtem Dornbusch eingefaßt sind. Zur Bewässerung des weiter abgelegenen roten Sandes wären wegen der tiefen Lage der Wasser- löcher kostspielige Bauten von Wassertürmen, Wasserhebevorrichtungen und langen Röhren- leitungen erforderlich. Auf dem mit fettem Humus- boden bedeckten Grunde einiger Pfannen würden Gärten in kleinem Maßstabe leicht anzulegen und zu bewässern sein. Jedoch würden sie in der Regenzeit häufig wochenlang unter Wasser stehen. Wo die Kalkhänge genügend mit Erde bedeckt sind, gedeiht Wein sehr gut, wie Versuche in Otjosondu bewiesen haben. Aus dem Kalkgestein der Pfannen läßt sich leicht ein guter, bindiger Kalk brennen. Das nötige Brennholz ist fast überall in genügender Menge vorhanden. Wegen der weiten Transport- wege können jedoch für die Anfertigung und den Verkauf von Kalk in größeren Mengen nur die an der äußersten Südwestgrenze der Omaheke, in der Nähe der Bahn gelegenen Pfannen in Betracht kommen. Der Kalktuff läßt sich sehr leicht bearbeiten und ist trotz seiner Weichheit gegen Witterungs- einflüsse widerstandsfähig. In Otjosondu und Ovikokorero ist er von der Truppe vielfach zum Hausbau, zu Brunneneinfassungen und Grab- steinen verarbeitet worden. Angehörige des Marine-Expeditionskorps erbauten daraus ein ebenmäßig behauenes Denkmal. Im Kriege gegen die Hereros haben die Kalkpfannen als einzige Wasserstellen der Omaheke eine bedeutsame Rolle gespielt. Um ihren Besitz fanden die letzten Kämpfe statt. Ihr Verlust bedeutete für die Hereros den Untergang.