W 288 20 kräfte aufnimmt und aufzunehmen gezwungen ist, je stärker die Gesamtbevölkerung zunimmt und je weniger die Landwirtschaft in der Lage ist, bei ihrer natürlichen Begrenzung und Aufnahme- fähigkeit mit dieser Zunahme gleichen Schritt zu halten. Aus dieser Tatsache ergeben sich zwei Notwendigkeiten. Einmal zur Schaffung neuer Absatzgebiete für unsere Fabrikate, zweitens zur Erschließung neuer Rohstoffquellen für die ver- arbeitenden Industrien. In je stärkerem Maße es gelingt, diesen beiden Erfordernissen im Rahmen der nationalen Wirtschaftssphäre gerecht zu werden, umsomehr wird die deutsche Industrie vom Ausland unabhängig, um so sicherer kann sie sich ent- wickeln, um so günstiger wird die Lage der in ihr be- schäftigten Arbeiter. Es ist in den einzelnen Aufsätzen gezeigt worden, wie sich die Versorgung Deutschlands mit den wichtigsten kolonialen Roh- stoffen gegenwärtig vollzieht, welche Unzuträglich- keiten und Gefahren sich aus der weitgehenden Abhängigkeit vom Ausland ergeben, und welche Mittel uns unsere Schutzgebiete bieten, um eine Anderung in der angedenteten Richtung zu er- zielen. Dabei ist nicht verschwiegen worden, daß bisher eine tatsächliche Erleichterung unseres Wirtschaftslebens durch unsere Schutzgebiete nur in geringem Maße erfolgt ist. Es ist jedoch gleichzeitig der Nachweis geführt worden, daß die deutschen Kolonien durchweg, und zwar jede einzelne in ihrem besonderen Rahmen, günstige Aussichten bieten, sowohl Lieferungsgebiete für Rohstoffe als auch Absatzgebiete für Fabrikate zu werden. Ein Vergleich mit der Entwicklung einiger benachbarter Kolonialgebiete, die heute bereits eine hohe Blüte wirtschaftlicher Entfaltung erreicht haben, hat gezeigt, daß auch diese klein angefangen haben, und daß die bisherige Ent- wicklung unserer eigenen Kolonien sich nicht nur langsamer, sondern teilweise sogar schneller voll- zogen hat als die der fremden. Auch ist darauf hingewiesen worden, in wie starkem Maße durch- greifende Kolonisationsmittel, wie Eisenbahnen und dergleichen, in fremden Kolonien fördernd gewirkt haben. Aus der Tatsache, daß sie neuer- dings auch bei uns in erheblich größerer Aus- dehnung zur Anwendung gelangen, läßt sich bei den sonst vielfach gleichen Vorbedingungen auch dieselbe wirtschaftliche Wirkung erwarten. Wohin diese führen wird, muß die Zukunft lehren. Es sei jedoch, um falschen Schlüssen vorzubengen, darauf hingewiesen, daß es selbstverständlich nicht zu erwarten ist, wir könnten mit Hilfe unserer Kolonien einstmals dahin kommen, daß alles, was die deutsche Industrie an kolonialen Roh- stoffen benötigt, auch innerhalb unserer eigenen Wirtschaftszone erzeugt wird. Um den Zweck, uns wirtschaftlich möglichst selbständig zu machen, zu erreichen, ist das auch nicht erforderlich. Die Gefahr für unsere industrielle Entwicklung liegt in der Abhängigkeit von den Weltmarktpreisen. Diese aber bestimmen sich nicht allein nach der Summe des Angebots, d. h. der Menge der in der Welt verfügbaren Produkte einer bestimmten Art, sondern nach dem Unterschiede, der zwischen Angebot und Nachfrage besteht. übersteigt z. B. der Weltbedarf an Rohbaumwolle den Weltvorrat auch nur um ein geringes, so hat das eine Preissteigerung zur Folge. Umgekehrt führt ein Überschuß des Angebots über den Bedarf zu einer Preisherabsetzung. Es genügt also, daß wir in unseren Kolonien Rohstoffe in einer Menge erzeugen, die einen Einfluß auf die Gestaltung der Weltmarktpreise auszuüben und somit über- mäßigen, oft spekulativen Preissteigerungen, wie sie namentlich bei der Baumwolle zum Schaden unserer Textilindustrie öfter zu verzeichnen waren, entgegenzuwirken vermag, um eine Gesundung unserer Rohstoffversorgung herbeizuführen, insbe- sondere wenn die letztere von den beteiligten Industriekreisen selbst in die Hand genommen wird. Hiernach sind es ausschließlich wirtschaft-- liche Gesichtspunkte, welche die Entwicklung unserer Kolonien zu einer Lebensfrage der Nation machen, und das Ziel wird sich um so schneller und sicherer erreichen lassen, je mehr die Überzeugung von der Notwendigkeit dieser Ent- wicklung Gemeingut der Nation wird. Kus dem „TKropenpflanzer“. Die Märznummer des „Tropenpflanzer" ent- hält an erster Stelle einen Aufsatz von Dr. Va- geler über die Komponenten des Wasser- bedarfs der Nutzgewächse mit besonderer Berücksichtigung tropischer Verhältnisse. Als Beitrag zur Lösung der für die heißen Klimate so wichtigen Wasserfrage versucht der Verfasser in dieser Abhandlung den Begriff „Wasserbedarf der tropischen Nutzpflanzen“ theoretisch zu zergliedern; er will dadurch, angesichts der Tatsache, daß heute oft Kulturen auf Böden und in Gegenden ange- legt werden, wohin sie ihrem Wasserbedarf nach nicht gehören, zur Beobachtung und weiteren Arbeit auf dem noch stiefmütterlich behandelten Gebiete anregen. In einem weiteren Aufsatz: Zur Bekämpfung der Kokospalmen-Schild- laus (Aspidiotus destructor Sign.) unterzieht Dr. Schwartz die bisher in der Praxis ange- wandten Bekämpfungsverfahren gegen diesen ge- fährlichen Kokospalmenfeind einer Nachprüfung; er kommt bei einem Vergleich der biologischen Methode, d. h. der Vernichtung des Schädlings durch andere Insekten, mit dem Verfahren der