W 305 20 B nichtamtticherteitl D Die Aussichten der Gerbstoffproduktion in den deutschen Kolonien. Von Dr. Holtz, Kaiserlichem Oberförster in Daressalam. Mit drei Abbildungen nach Aufnahmen des Verfassers. Daß man sich bei der großen Abhängigkeit der deutschen Lederindustrie von der Gerbstoff- zufuhr aus fremden Produktionsgebieten seit Jahren bemüht, einen Bezug von Gerbmaterialien aus unseren Kolonien in größerem Umfange möglich zu machen, ist allgemein bekannt. Diese Bemühungen erstreckten sich teils auf die Auf- findung und Verwertung von wild wachsenden Gerbstoffpflanzen, teils auf die Einführung und Kultur fremder, Gerbstoff liefernder Gewächse. Fehlt es nun heute auch einerseits nicht an Er- folgen nach beiden Richtungen, so hat doch ander- seits der Gerbstoffimport aus den Schutzgebieten aus verschiedenen, weiter unten näher zu er- örternden Gründen nennenswerte Dimensionen noch nicht anzunehmen vermocht. Nun hat in letzter Zeit die mehr oder weni- ger begründete Befürchtung, es könnte die Zufuhr des einen oder anderen, im Laufe der Jahre für die Gerberei unentbehrlich gewordenen Gerb- surrogats aus dem Auslande in absehbarer Zeit ganz aufhören oder doch sehr erschwert werden, den Interessenten aus der Industrie er- neut Veranlassung gegeben, nach Mitteln und Wegen zu suchen, wie die Gerbstoffproduktion in den Schutzgebieten wesentlich gehoben werden könnte. Unterstützt wurden diese Bestrebungen durch gutachtliche Außerungen von Fachleuten, welche die Aussichten der Gerbstofferzeugung in unseren Kolonien als günstig bezeichnen und spe- zielle Vorschläge zur Förderung dieses Produktions= zweiges machen.“) Hierbei sind aber vielfach die bisherigen Feststellungen und Versuche, ferner die in den Schutzgebieten gegebenen besonderen Verhältnisse zu wenig berücksichtigt worden. Die Bedeutung, welche die vorliegende Frage für die deutsche Lederindustrie besitzt, läßt es erwünscht erscheinen, auf breiterer Grundlage erneut zu untersuchen, wieweit die Hoffnungen, die man auf unsere Kolonien als Gerbstofflieferanten setzt, sich in der nächsten Zukunft realisieren lassen werden. Hierfür die notwendigsten Unterlagen zu liefern, ist der Zweck der nachfolgenden Zusammenstellung. Diese bezieht sich der Hauptsache nach auf Deutsch- *) Vgl. z. B. Pacßler in Nr. 11 des Kolonial= blatts von 1908. S. 535/543: „Die Bedeutung der deutschen Schutzgebiete als Gerbmaterialproduzenten“. Ostafrika, aber nicht etwa deshalb, weil allein diese Kolonie mir aus eigener Anschauung bekannt ist, sondern weil bei weitem die Mehrzahl der bis- her ausgeführten einschlägigen Versuche auf Ost- afrika entfällt. I. Wildwachsende einheimische Gerbstoffpflanzen. Daß man zunächst die einheimische Pflanzen- welt unserer Schutzgebiete nach gerbstoffreichen Gewächsen durchsuchte, bevor man die Einführung bzw. Kultur fremder Gerbstoffpflanzen ernstlich in Erwägung zog, war naheliegend. Von Bedeutung können dabei natürlich nur solche Pflanzen sein, die, wenn auch nicht in reinen Beständen, so doch in hinreichender Menge auftreten, um genügende Mengen Gerbstoff zu liefern. Zerstreut vorkom- mende Gewächse müßten, um Bedeutung für die Gerbstoffproduktion zu gewinnen, erst in Kultur genommen werden. Naturgemäß wurden die botanischen Verwandten der aus anderen Ländern bereits bekannten Gerbstoffgewächse zuerst Gegen- stand der Untersuchung; darunter schienen am wichtigsten die Vertreter der Familien: Rhizo- phorazeen (Mangroven), Leguminosen und Kom- bretazeen. 1. Mangroven. Am ehesten und eingehendsten hat sich die Untersuchung mit den Mangroverinden be- schäftigt, die in den Mangrovewäldern unserer innerhalb des Tropengürtels gelegenen Kolonien in mehr oder weniger großer Menge zur Ver- fügung stehen, denn die Verwendbarkeit der Mangroverinde als Gerbmittel war in anderen Tropenländern schon lange bekannt, und teilweise war dieses Material, wie z. B. in Südamerika, in ziemlichem Umfange praktisch ausgenutzt worden. Auch hat es im Laufe der Jahre nicht an Ver- suchen gefehlt, den Mangrovegerbstoff, sei es als Rohmaterial der Rinde, sei es in Form von Extrakt nach Europa einzuführen. Diesem Zweck sollte beispielsweise ein größeres Unternehmen dienen, das Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahr- hunderts auf Ceylon ins Leben gerufen ward. Um dieselbe Zeit kamen auch aus Ostafrika mehr- fach Mangroverinden zur chemischen Untersuchung nach Europa. Letztere führte indessen zu recht widersprechenden Resultaten, die ihre Erklärung —