W 449 20 Die Bestrebungen des Komitees gehen nun dahin, in Zukunft die in Deutsch-Ostafrika be- nötigte Baumwollsaat in der Kolonie selbst zu gewinnen. Auf diese Weise würde nicht nur ein größerer Teil der bisher für den Saatbezug aus Agypten aufgewendeten Kosten erspart werden, sondern es besteht auch begründete Hoffnung, daß es allmählich gelingen wird, für die verschiedenen in der Kolonie herrschenden Kulturbedingungen besonders geeignete Baumwollvarietäten heran- zuzlüchten. Die Vertretung des Komitees in Daressalam hat sich in dieser Angelegenheit mit dem Biologisch = Landwirtschaftlichen Institut Amani in Verbindung gesetzt und im Einver- nehmen mit diesem für den Saatbezug aus der Kolonie folgende Grundlagen geschaffen: Zunächst würden die der Saatzucht dienenden Pflanzungen oder Teile von solchen einer Kon- trolle durch die Sachverständigen des Komitees oder des Biologisch-Landwirtschaftlichen Instituts Amani unterliegen. Es ist hierbei namentlich auf den Wuchs der Pflanzen, Varietätenreinheit, Abwesenheit von Schädlingen und, sobald die- selben vorhanden, auf die Qualität der Wolle Gewicht zu legen. Die sogenannte „Hindi-Baum- wolle“, die auch auf Feldern, auf den direkt aus Agypten bezogene Saat verwendet wurde, stellen- weise in beträchtlichen Mengen vorkommt und als durchaus minderwertig zu betrachten ist, ist auf den zur Saatzucht bestimmten Feldern mög- lichst bald zu entfernen. Da diese Varietät be- reits beim Beginn der Blütezeit auch von Ein- geborenen nach kurzer Anleitung leicht und mit Sicherheit zu erkennen ist, würden die Reisen der Sachverständigen womöglich mit dem Beginn der Blüteperiode zu beginnen haben. Durch möglichst frühzeitige Entfernung der „Hindi- Pflanzen“ würde auch die Bildung von Hybriden zwischen diesen und den guten ägyptischen Va- rietäten verhindert werden. Von denjenigen Pflanzungen, die nach Ansicht der Sachverständigen in der Lage sind, Saatgut zu züchten, würde sich das Kolonial-Wirtschaftliche Komitee voraussichtlich verpflichten, alle gute Saat zum Preise von 5¼ Rup. — 7 7“ pro Zentner in Säcken frei Ginstation zu erwerben. Die Pflanzungen hätten sich außerdem zu verpflichten, daß bei der Ernte mit der größten Sorgfalt verfahren wird, indem nur erstklassige Baumwolle für das Saatgut eingesammelt werden darf. Die von den für die Saatzucht bestimmten Feldern geerntete Saat muß von der anderen Baumwollsaat getrennt gehalten werden. r m„ In den näördlichen Bezirken der Kolonie wird die Baumwollkultur mehr als Zwischenkultur mit anderen Kulturen betrieben, und zwar vor- wiegend mit Kautschuk und Sisalagaven. Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind recht zufrieden- stellend. So hat die Firma Trautmann & Weiß- flog, die im Jahre 1908 auf ihren Pflanzungen Mombo und Ndungu etwa 200 ha mit Baum- wolle als Zwischenkultur bepflanzt hat, hiervon pro Hektar 3¾ Zentner Baumwolle geerntet und beabsichtigt im laufenden Jahr eine mindestens gleich große Fläche mit Baumwolle zu bestellen. Die Baumwollpflanzungen von Barry & Taube und des Ansiedlers v. Lewinski ergaben als Zwischenkultur sogar bis zu 6 Zentner entkörnte Baumwolle pro Hektar. * m“ mG Der Resident für den Bukoba= Bezirk, Hauptmann v. Stuemer, beabsichtigt im Ein- verständnis mit dem Kaiserlichen Gouvernement in seinem Bezirk die Baumwollkultur einzuführen und hat vom Gouvernement die übersendung größerer Saatmengen erbeten. Die Saat soll den Sultanen Mutahangarua von Kisiba, Muntu von Kiantuara, Kahigi von Kianja und Kassussura von Ussuwi zur Verteilung an ihre Untertanen zur Verfügung gestellt werden; bei der ziemlich dichten Bevölkerung des Bukoba-Bezirkes und bei dem großen Einfluß der einzelnen Sultane auf ihre Untertanen darf erwartet werden, daß in diesem Bezirk die Baumwollkultur eine große Ausdehnung nehmen wird, sobald erst einmal die Kulturbedingungen festgelegt sind. Der Bezirk Bukoba, westlich des Viktoriasees, mit seiner Höhenlage von über 1200 m fl. M. wird vermutlich ähnliche Kulturbedingungen für die Baumwollkultur besitzen wie die britische Kolonie Uganda im Norden des BDiktoriasees. Dort wird vornehmlich amerikanische Upland- Baumwolle gepflanzt, und zwar mit sehr günstigen Ergebnissen. Nach dem Bericht der British Cotton Growing Asscciation vom März 1909 haben die Eingeborenen von Uganda den Baum- wollbau bereitwillig aufgenommen. Die Jahres- produktion 1906 betrug 500 Ballen, 1907 2000 Ballen, und für 1908 wird mit einer Ernte von 5000 Ballen gerechnet. Die Qualität der Baumwolle wird als ausgezeichnet geschildert, und die erzielten Preise beliefen sich auf ½ bis 1 Penny über amerikanisch middling. Es handelt sich nun zunächst darum, durch kleinere systematische Kulturversuche die richtige Pflanzzeit für die verschiedenen Gebiete des Bukoba-Bezirkes festzustellen. Das Komitee hat zu diesem Zweck seine Vertretung in Daressalam beauftragt, ein Quantum ägyptischer Saat, und zwar Abassi und Mitafifi, nach Bukoba zu senden, sowie aus Uganda ein Quantum dort gezogener