W 554 20 Strecke von 11 km durch die Drahtseilbahn über- wunden; viele großartig angelegte Viadukte über- brücken die Schluchten des Gebirges. Eine an- dere Bahn fährt in zwölf Stunden von Säo Paulo nach Rio de Janeiro. Nächst Rio de Janeiro ist Säo Paulo die am weitesten ent- wickelte Stadt Brasiliens; sie steht auch mit ihrem Handel an zweiter Stelle. Viele elektrische Bahnen verbinden die einzelnen Stadtteile untereinander, und außer der Staatsregierung haben eine ganze Anzahl staatlicher und kommunaler Justitute (Rechtsschule, Polytechnikum, Lehrerseminar, Phar- mazeutische Schule, medizinische Institute usw.) dort ihren Sitz. Fast alle in Brasilien arbeitenden Banken, auch die Brasilianische Bank für Deutsch- land, unterhalten dort Filialen. Eine Anzahl von Zeitungen, darunter drei in deutscher Sprache, erscheinen am Platze. Auch an Wohltätigkeits- anstalten, sowohl staatlichen wie privaten, fehlt es nicht; ebenso ist für gutes Trinkwasser durch ein Wasserwerk und für Kanalisation gesorgt. Ein Elektrizitätswerk sowie eine Gasanstalt liefern elektrische Kraft und Beleuchtung. Der Staat Säo Paulo unterscheidet sich in kultureller Beziehung vorteilhaft von allen an- deren Staaten Brasiliens. Obgleich er der Fläche nach an neunter Stelle steht, nimmt er mit seinem Export den ersten und mit seinem Import den zweiten Rang ein. Er ist in 172 Munizipien eingeteilt und besitzt außer der Stadt Säo Paulo noch einige größere Städte, so z. B. Santos mit etwa 60 000 und Campinas mit etwa 40 000 Ein- wohnern. Besonders entwickelt ist die Plantagen- wirtschaft. Das Hauptprodukt ist der Kaffee, wo- von im Jahre 1906 für mehr als 306 000 000 Milreis exportiert wurden. Zur Hebung der Landwirtschaft sind vom Staate verschiedene wissenschaftliche Institute geschaffen worden; alle diese Institute haben schon bedeutendes geleistet. Zu erwähnen sind das Agronomische Institut in Campinas, die Landwirtschaftsschule in Piracicaba, der Horto Botanico in Säo Paulo und der Tro- pische Versuchsgarten in Cubatäo. Außer der Kaffeekultur, für die sich der beste Boden bei Botu Catu, Riberäo Preto und Cam- pinas befindet, werden auf dem Plateau neuer- dings Zucker, Baumwolle, Reis, Mais und andere Nahrungsmittel in größerem Umfange angebaut. In der Niederung dagegen eristieren schon seit längerer Zeit ausgedehnte Ananas= und Bananen-= pflanzungen und jetzt ist man damit beschäftigt, Kakao= und andere Tropenkulturen anzulegen. Der bisherige Ackerbauminister Botelho gab sich alle erdenkliche Mühe, um eine möglichste Viel- seitigkeit im Ackerbau herbeizuführen und den Fehlschlägen einer Einzelkultur, z. B. einer lber- produktion von Kaffec, wie sie in letzter Zeit zu verzeichnen war, für die Folge nach Kräften vor- zubengen. In der Bevölkerung des Staates Säo Paulo sind fast alle Kulturnationen vertreten, vor allem aber Italiener, Portugiesen und Deutsche. Italien stellt das größte Kontingent der Plantagen- arbeiter, Portugal die meisten Händler und Hand- werker. Uber 30 000 Deutsche sind hier au- gesiedelt; sie nehmen teils im Handel hervor- ragende Stellen ein, teils sind sie in der Plantagenwirtschaft selbständig tätig. So gehört die größte Kaffeepflanzung der Welt, im Bezirk von Riberäo Preto, mit etwa 7½ Millionen Kaffeebäumen, dem Deutschen Francisco Schmidt. Von Kolonien, in denen sich seit vielen Jahren deutsche, hauptsächlich Landwirtschaft betreibende Ansiedler niedergelassen haben, sind Campos Salles, Helvetia und Friedburg hervorzuheben. Das Deutschtum hat sich sowohl in den Städten, wie in diesen Kolonien gut erhalten. Deutsche Schulen bestehen an vielen Orten, so z. B. inm Säo Paulo und Campinas. An dem letzt- genannten Ort sind jedoch bedauerlicherweise zwei einklassige Schulen vorhanden, die in Konkurrenz deutschen Elementarunterricht erteilen. Es wäre erfreulich, wenn diese beiden Schulen sich ver- einigen würden, um ihre Leistungen zu steigern. Säo Paulo besitzt über 4000 km Eisenbahnen in Spurweiten von 60, 100 und 160 cm; sie sind überall dem Kaffeebau gefolgt und gehören hauptsächlich der Companhia Paulista de Vias Ferreas e Fluviaes, der Companhia Mogvana de Estrada de Ferro und der Estrada de Ferro Uniän Sorrocobana e Vtuna. Während früher alle Materialien, Wagen und Lokomotiven vom Auslande bezogen wurden, hat sich jetzt sowohl die Paulista= wie die Mogyanabahn sehr gut ein- gerichtete Eisenbahnwerkstätten gebanut, in denen sowohl Wagen wie Lokomotiven hergestellt werden. Die Bahnen rentieren fast durchweg sehr gut. Freilich sind auch hier die Frachtsätze außer- ordentlich hoch; der Verkehr wird dadurch sehr zurückgehalten. Bei niedrigeren Frachtsätzen würden nicht nur die wertvollen Produkte, wie Kaffee usw. zum Transport gelangen, sondern auch Holz und andere Bodenprodukte könnten vorteilhaft auf den Weltmarkt gebracht werden. Schiffahrt wird nur auf einigen kleineren Flüssen betrieben, besonders auf denen, die nach Westen fließen, z. B. auf dem Rio Tieté, außer- dem auf dem Rio Iguape, der sich bei Iguape in den Ozean ergiaßt. Für die Verbindung mit dem Auslande kommt besonders der Hafen von Santos in Betracht. Dieser ist vorzüglich geschützt gelegen und hatte im Jahre 1906 einen ausländischen Schiffsverkehr