603 20 b. Testaments-Erbrecht. Dem Eingeborenen-Recht!) ist eine testamen- tarische Erbfolge unbekannt, doch gibt ein Spezial- gesetz, act No. 7 of 1895, den nach Native Law lebenden Eingeborenen eine beschränkte Testier- fähigkeit.) Männer wie Frauen können nach diesem Gesetz letztwillig verfügen, aber nur über unbewegliches Vermögen. Wir haben bereits erwähnt, daß Ein- geborene, die auf Stammesländereien leben, eigent- liches Eigentum an dem von ihnen bebauten Grund und Boden nicht erwerben. Selbst wenn das von dem einzelnen bebaute Landstück auf seinen gesetz- lichen Erben übergeht, so leitet dieser sein Recht zur Weiterbenutzung des Landes nicht von seinem Erblasser ab, sondern er hat als Angehöriger des Stammes ein selbständiges Anrecht auf Ackerland.)) Land, über das ein Eingeborener letztwillig frei verfügen will, kann also nicht Stammesland sein, sondern muß ihm unter besonderem Rechtstitel ver- liehen sein, der eine Verfügungsmacht einbegreift. Das Eingeborenen-Recht kennt solche Titel nicht, diese sind für Eingeborene vielmehr erst durch Spezialgesetze der Kolonie geschaffen.“) Der genannte Akt gilt, wie erwähnt, uur für Eingeborene, die nach Native Law leben, trotzdem bleibt aber eine letztwillige Verfügung, die von solchem Eingeborenen errichtet ist, gültig, nachdem er von der Wirkung des Eingeborenen-Rechts eximiert ist. (Sec. 12 cit.) Die bei der Errichtung einer letztwilligen Ver- fügung zu bevbachtenden Formen bestimmt das Gesetz selbst, bezüglich der Registrierung und gericht- lichen Bestätigung der Verfügung von Todes wegen verweist es aber auf die Bestimmungen des Kolonial- rechts. (Sec. 4, 12 cit.) Nach Sec. 6 des Akts kann auch eine Frau testieren, die Land unter besonderem Rechtstitel er- worben hat. Nach Eingeborenen-Recht konnte die Frau Eigentum zu freier Verfügung in der Regel überhaupt nicht erwerben, hier weicht aber die lex generalis der lex specialis. Obwohl act 7 of 1895 der Frau entgegen ihrer sonstigen Stellung im Eingeborenen-Recht, das Recht verleiht, letzt- willig zu verfügen,) macht er sie doch nicht erb- 1) Ein Ausgleich wurde dadurch bewirkt, daß der Kraalsvater Vieh unter die einzelnen Oäuser seiner Familie schon zu Lebgeiten verteilte. Vgl. The Na- tives of South Africa, S. 33. „Der Kraalsvater pflegt auch seinen jüngeren Söhnen Vieh zum Lobolo für ihre erste Frau zu geben, dasselbe geschieht seitens des ältesten Bruders für die jüngeren Brüder". Code, Sec. 139. 2 Vgl. Code, Sec. 97. Das dort zitierte Law 12 of 1864 ist durch act 7 of 1895 ersetzt. :) Vgl. The Natives of South Africa. S. 72. 4) Vgl. Report, Sec. 98, 105. 5) Allerdings nur mit Unterstützung ihres Vor- mundes. See. 6 cit. fähig. Eine auf Grund des Akts errichtete letzt- willige Verfügung, in welcher einer nicht eximierten Frau unbewegliches Vermögen vermacht ist, wird jedoch nicht ungültig, vielmehr hilft der Akt hier mit einer Fiktion. Die Verfügung gilt nämlich als zugunsten der Person gemacht, unter deren Vor- mundschaft die Frau zur Zeit des Erbfalles steht, jedoch mit der Maßgabe, daß der Vormund nicht Eigentum an der vermachten Sache erlangt, sondern diese nur zu Lebzeiten der Frau als Treuhänder zu verwalten hat. 1) Nach dem Tode der Frau gelangt das Land an den Erben des Hauses, welchem die Frau zur Zeit ihres Todes angehört, oder an die- jenige Person, welche als Nacherbe in der letzt- willigen Verfügung bestimmt ist. (Sec. 9 cit.) Stirbt ein Eingeborener, der vom Eingeborenen- Recht nicht eximiert war, ohne letztwillige Ver- fügung, so wird er auch bezüglich seines unbeweg- lichen Vermögens, das er unter besonderem Rechts- titel besitzt, nach dem Erbrecht des Code of Native Law beerbt. (Sec. 7 cit.) Zweiter Abschnitt. Ersatz von Eingeborenen-Recht durch Nolonialrecht. Die vorhergehenden Abschnitte dieser Studie haben gezeigt, daß die Gesetzgebung Natals bestrebt war, die Eingeborenen-Bevölkerung nach Möglichkeit unter ihren überlieferten Rechten und Gebräuchen fort- leben zu lassen, welche der Kulturstufe der Mehr- heit der Eingeborenen am besten entsprechen. Die Beibehaltung dieses Rechts für die Eingeborenen- Bevölkerung als Ganzes soll aber, wie bereits er- wähnt, nicht dazu führen, jeden Eingeborenen ohne Rücksicht auf eine etwaige höhere Entwicklung unter der Herrschaft des Eingeborenen-Rechts zu halten, die Gesetzgebung Natals sucht vielmehr einzelnen Eingeborenen den Übergang in eine höhere Kultur- stufe dadurch anzubahnen, daß sie den einzelnen unter Umständen der Herrschaft des Eingeborenen- Rechts ganz oder nur für gewisse Materien ent- zieht und ihn in entsprechendem Umfange dem Ko- lonialrecht unterstellt. Die Gesetze, welche diese Zwecke verfolgen, sind das Law No. 46 of 1887 „To regulate the Marriage of Natives by Christian rites“ und das Law No. 28 of 1865 „For relieving certain persons from the ope- ration of Native Law“. I. Law No. 46 of 1887. Dieses Gesetz knüpft den Übergang aus alten Verhältnissen in neue, den es zur Folge hat, an die Religion, indem es Eingeborenen, die nach Ein- geborenen-Recht leben, die Möglichkeit gewährt, eine 1) Unter besonderen Verhältnissen kann das Land auch zu Lebgeiten der Frau veräußert werden. Scc. 9 cit.