W 609 20 borenen bewohnte Gebiete zu schaffen, nicht aus dem Auge verloren hat, wenn er es auch unterlassen hat, Handlungen besonders unter Strafe zu stellen, die nur dem Eingeborenen strafbar erscheinen. Im folgenden werden uns nur die Bestim- mungen des Code interessieren, in denen eine be- sondere Beziehung zu den Eingeborenen zu erkennen ist. Vorausgeschickt sei, daß der Code neben Geld- und Freiheitsstrafen und der Todesstrafe auch die Prügelstrafe und die Unterbringung jugendlicher Verbrecher in eine Besserungsanstalt kennt (Sec. 6). Ein auffallender Zug des Code ist die Häufig- keit der Heranziehung der Geldstrafe als gleich- wertigen Strafe neben der Freiheitsstrafe. So wird z. B. sogar bei schuldhaftem Totschlage (culpable homicide) wahlweise neben Kerker bis zu 20 Jahren Geldstrafe angedroht, deren Höhe allerdings an sich nicht begrenzt ist, die aber nicht übermäßig sein soll (Sec. 13, 146). Es erscheint meines Erachtens ungewöhrnlich, ein so schweres Verbrechen mit einer Vermögens- strafe zu sühnen, und ich möchte darin eine Rück- sichtnahme auf primitive Begriffe der Eingeborenen erkennen, die gewohnt waren, selbst für den Mord in der Vermögensstrafe eine ausreichende Sühnung zu sehen und die Anerkennung der besonderen Be- deutung der Vermögensstrafe für die Eingeborenen. Diese Strafe ist nämlich für die Eingeborenen der Native Territories, wo sie zumeist noch in ihren alten Formen leben, besonders empfindlich, denn das einzige für die Strafvollstreckung greif- bare Vermögen besteht in dem Viehl) des Einge- borenen. Daran hat er aber gerade sein Herz gehängt, denn seine ganze Stellung und seine Lebensführung — ich erinnere nur an „Lobolo" — ist auf das innigste mit der Größe seines Vieh- bestandes verknüpft. Eine Tendenz des Code, sich mit der wahlweisen Zulassung der Vermögensstrafe neben anderen Strafen der Auffassung der Eingeborenen anzu- passen, glaube ich auch deshalb annehmen zu können, weil die Vermögensstrafe so häufig wahlweise neben anderen zugelassen ist. Daß der Grund zu dieser Maßnahme nur in dem Bestreben zu suchen wäre, die Möglichkeit zu gewähren, die Kerkerstrafe zu vermeiden, ist nicht anzunehmen, denn in vielen Fällen, in denen Freiheitsstrafe und Vermögensstrafe angedroht werden, ist auch noch die Prügelstrafe zur Wahl gestellt.?) 1) Feldfrüchte, die dem Eingeborenen auch noch abgenommen werden könnten (Sec. 18), würden nur bei einer kleinen Strafe ausreichen. 2) Beispiele: a) Für die wahlweise Zulassung der Freiheits= und Vermögensstrafe: Versuchter Selbstmord (Sec. 148), Körperverletzung (Sec. 158), Abtreibung (Sec. 164), Bigamie bei Ehe nach Kolonialrecht (Sec. 168), Aus- setzung von Kindern (Sec. 170), Versorgung mit Bigamie. Eine unmittelbare Berücksichtigung der Lebens- gewohnheiten der Eingeborenen zeigt der Code in seinen Vorschriften über Bigamie. Während er nämlich die Bigamie von Gatten, die eine Ehe nach Kolonialrecht abgeschlossen haben, in Sec. 168 unter Strafe stellt, schließt er in derselben Section die Anwendung dieser Strafbestimmungen für Einge- borene aus, deren frühere noch bestehende Ehe in den Formen des Eingeborenen-Rechtsgebrauchs ein- gegangen war. Damit hat die Polygamie eine gesetzliche Sanktion erhalten. Beschneidung. Speziell an die Eingeborenen wendet sich der Code auch in seinen Bestimmungen über die Be- schneidung. Er versucht darin nicht die Beschnei- dung an sich zu beseitigen, wobei er auch auf große Schwierigkeiten stoßen würde, da gerade an der Beschneidung, als einer ihrer ältesten Traditionen!1) von den Eingeborenen auf das überzeugteste fest- gehalten wird. Der Code will aber Mißbräuchen bei der An- wendung der Beschneidung vorbeugen, indem er in Sec. 1532) jeden mit Strafe bedroht, der einen Knaben oder ein Mädchen durch Gewalt oder durch Drohungen dazu bringt, sich gegen seinen Willen beschneiden zu lassen. Im allgemeinen herrschte, wenigstens noch zu Macleans Zeiten, unter den Kaffernknaben der Wille, sich beschneiden zu lassen, um damit in den Genuß der sozialen Stellung zu kommen, welche die Voll- ziehung der circumcisio zur Folge hatte. Aber es kam doch vor, daß ein Knabe aus Scheu vor der Operation sich freiwillig nicht dazu bereit fand. In solchen Fällen wurde dann meistens, wenn der betreffende Knabe Jahre hindurch sich nicht frei- willig gestellt hatte, die Beschneidung zwangsweise vollzogen. 3) Dem sucht die Bestimmung des Code vorzubeugen, und das Gesetzbuch schlägt damit den- jenigen eine Brücke, die sich von der Macht des altüberlieferten Brauches emanzipieren wollen. Der Code geht noch weiter, er berücksichtigt nicht nur den Willen des betreffenden jungen Zaubermitteln (Sec. mitteln (Sec. 175). b) Für die wahlweise Zulassung der Freiheits-, Vermögens= und Prügelstrafe: Meineid (Sec. 106), vorsätzlicher Totschlag (Sec. 146), Blutschande (Sec. 123), unsittliche Angriffe (Sec. 156), Notzucht (Sec. 159), Diebstahl im Rückfalle (Sec. 198). 1) Vgl. Maclean, S. 157 f. 2) Geldstrafe nach Ermessen des Richters (Sec. 13) bzw. Kerker mit oder ohne harte Arbeit bis 1 Jahr. Die Abhaltung von Tängen bei den Festen, welche der Beschneidungszeremonie folgten, wurde verboten durch act 16 of 1891 in Bezirken, die vom Gouverneur zu bestimmen waren. Diese Tänge zeichneten sich durch ihren lasziven Charakter aus. . 3) Vgl. Maclean, S. 158. 174), Benutzung von Zauber-