629 20 des Bezirksamtmanns auf dem Hügel — zu be- merken; in Duala wurden sie nicht wahrgenommen. Doch konstruierte hier Postdirektor Peglow nach Bekanntwerden des Erdbebens einen Pendel- apparat, der sämtliche in Buea verspürten Erd- stöße gleichfalls registrierte, und zwar, wie durch die zum Glück nicht gestörte Telegraphenleitung festgestellt werden konnte, nach einem Zeitablauf von etwa 45 Sekunden. Gezählt wurden bis zum Morgen des 27. in Buea über 50, in Soppo etwa 30 Stöße. Am Morgen des 27. dauerten die Erdstöße fort und nahmen im Durchschnitt an Heftigkeit zu. Jetzt verließen fast sämtliche Frauen und Kinder Bueas einschließlich derjenigen der Missionare den Ort. Von Zwingenbergerhof brachte man sie im Zuge nach Victoria, wohin von Buea aus telegraphisch die Regierungsdampfer „Herzogin Elisabeth“ und „Nachtigal“ beordert wurden. An eine Aufnahme des Dienstbetriebes war nicht zu denken. Nicht allein, daß die Kanzlisten fehlten, auch die Bureaubeamten, die sämtlich rechtzeitig ihren Dienst angetreten hatten, mußten kurz nach 8 Uhr das Bureaugebäude infolge eines ziemlich heftigen Erdstoßes räumen, da ein Auf- enthalt in dem massiven Hause bei der drohenden Gefahr eines Einsturzes nicht mehr angängig war. Auf 10 Uhr vormittags wurde eine Sitzung der in Buea anwesenden Oberbeamten einberufen. Darüber, daß die Lage sehr kritisch und gefahrvoll war, konnte kein Zweifel bestehen. Es herrschte in der Sitzung Einstimmigkeit darüber, daß die nun schon fünfzehn Stunden andauernden fort- gesetzten heftigen Erdstöße auf eine intensive Tätigkeit im Kamerunberg schließen ließen, und daß jedenfalls Buea in der unmittelbaren Gefahr- zone lag. Einstimmigkeit herrschte auch darüber, daß bei einer Verschlimmerung der Lage eine allgemeine Katastrophe eintreten müsse und daß alle Anzeichen für eine Zunahme des Erdbebens sprachen. Es gab demnach nur zwei Wege: ent- weder man wartete die weitere Entwicklung ab und setzte damit Leib und Leben der in Buea befindlichen Personen der Gefahr des Unterganges aus, oder man entschloß sich, um diese Gefahr abzuwenden, zur Räumung Bueas. Die Ver- sammlung trat einstimmig für die Räumung ein. In vollem Bewußtsein der damit übernom- menen Verantwortlichkeit habe ich mich endlich dazu entschlossen, diesen Beschluß zur Ausführung zu bringen. Welchen Ausgang das Erdbeben nehmen würde, konnte niemand voraussehen. Jedenfalls bestand eine unmittelbare Gefahr für etwa 50 bis 60 Europäer. Noch konnte eine Räumung planmäßig und in aller Ruhe voxr sich gehen. Wie lange dies bei der Aufgeregtheit, die sich allmählich auch sehr vieler Europäer be- mächtigte, noch der Fall sein mochte, war nicht abzusehen. Ich habe deshalb etwa um 1 Uhr nachmittags die Räumung Bueas angeordnet. In Buea verblieben freiwillig zur Ausführung des Sicherheitsdienstes Regierungsrat Dorbritz, Stabsarzt Dr. Fuchs, Forstassessor Reeder, Sekretär Kilian, Stationsleiter Biernatzki, Polizeimeister Vasel und vorläufig auch Finanzdirektor Kundt und Zollverwalter Bötefür. Für den Telegraphen- betrieb blieb Postassistent Körber oben, zu dessen Unterstützung Postdirektor Peglow aus Duala am nächsten Tage hinaufkam. Der Senne Sontheim und der Landwirt Kammerer begaben sich nach zwei Tagen wieder nach Buea hinauf zur Wartung des bis dahin von der Station besorgten Vieh- bestandes. Ich selbst ging mit dem Gros der Beamten nach Duala, um von hier aus, soweit möglich, den Gouvernementsbetrieb aufrecht- zuerhalten. Die Oberleitung des Sicherheitsdienstes über- nahm der stellvertretende Kommandeur, der zu diesem Zwecke die Polizeitruppe in Buea durch eine Abteilung Schutztruppe unter einem euro- päischen Unteroffizier verstärkte. Um der zurückbleibenden Besatzung für den Fall, daß auch sie zur Räumung gezwungen würde, die Möglichkeit des Rückzuges auf zwei Wegen zu ermöglichen, wurde auf besonderen Wunsch des stellvertretenden Kommandeurs der „Soden“ nach Tiko beordert, während „Nachtigal“ einstweilen auf der Reede von Victoria belassen wurde, wo er im Falle der Gefahr auch den Einwohnern von Victoria zur Verfügung stand. Ein Zug wurde auf Wunsch des stellvertretenden Kommandeurs in Zwingenbergerhof bereitgestellt. Die Fortschaffung der übrigen Europäer aus Buea erfolgte von Zwingenbergerhof aus auf drei von der Westafrikanischen Pflanzungsgesellschaft „Victoria“ gestellten Extrazügen. Da sämtliche Eingeborene in der Nähe Bueas geflüchtet waren, konnten nur wenige Lasten mit einigen Stations- arbeitern und Gefangenen befördert werden. Die Einschiffung auf „Herzogin“ erfolgte abends um 9 Uhr zusammen mit den bereits am Vormittage heruntergebrachten Frauen und Kin- dern, die Ankunft in Duala am 28. früh. Hier war durch das Bezirksamt provisorische Unterkunft in amtlichen Gebäuden sowie in den zu diesem Zwecke angemieteten Häusern Manga Bells und Mandesi Bells geschaffen worden.- Das Gouvernementsbureau wurde provisorisch im Manga Bell-Hause eröffnet. In Buea blieb nach dem Abzuge der Be- wohner die Lage zunächst unverändert. Die Stöße dauerten bis nachts gegen 1 Uhr fort, dann trat eine Pause ein, der am Morgen des 28. wieder mehrere heftige Stöße folgten, die