W 826 20 Nähert man sich einer Copperwerft, so stößt man zunächst auf ganz kleine, niedrige, unter Büsche gebaute Pontoks. Hier wohnen die Busch- leute, die, der Hauptwerft um 10 bis 15 km vorgelagert, diese sichern sollen. Eine weitere Sicherung bilden die dauernd in der ganzen Kalahari zerstreuten Buschleute, die auf Jagd gehen und jede Spur sofort melden müssen. Wir werden uns später mit diesen zu befassen haben. Copper läßt diese Buschleute, über deren Auf- enthalt er genau Bescheid weiß, häufig revidieren. Die Hauptwerft liegt meist auf Höhen; auf der höchsten Spitze befindet sich der Pontok des Kapitäns; von hier aus kann man die ganze Werft, die gewöhnlich auf zwei oder drei Er- hebungen verteilt ist, übersehen. Auf der Kapitäns= höhe selbst sind nur noch einige Pontoks der Vertrautesten. An der dem Feinde zugekehrten Seite be- finden sich stets noch eine größere Anzahl Pontoks, in denen Orlogleute wohnen. Sämtliche Pontoks haben auf der gefährdetsten Seite Schutzwälle aus Sand. Außerdem sind häufig in der ganzen Werft Schützengräben mit Front nach allen Seiten verteilt. Der Kapitänspontok ist, weil größer und sorg- fältiger gebaut, sofort von den anderen zu unter- scheiden. Vor dem Pontok befindet sich ein laubenähnlicher Sonnenschutz. Diese Stelle und der innere Pontok sind mit Decken ausgelegt. An einer Seite des Pontoks ist im Innern eine Erhöhung für die notwendigsten Sachen, wie Tabak, Feuerzeug, Pfeife, Koppy, Honigbier und Rum. Das dauernd geladene Gewehr hat Copper stets bei sich. In einem kleinen Zwinger wohnen die jungen Hunde. Den Pontok bewohnt der Kapitän mit seiner Frau, einer Franzmann- Hottentottin, Ende der Zwanziger, recht wohl beleibt, mit den besten Kleidern angetan und mit Perlenschmuck überladen. Ihr schönster Schmuck war ein aus einem Gehörn geschnitztes Obst- messer, das sie zum Tsama-Essen benutzte. Dicht neben dem Pontok des Kapitäns befand sich ein anderer; dort wurde von der mit einer Herero-Bambusin gezeugten Tochter Coppers das Essen bereitet. So sah es bis zum 16. März 1908 aus. Seitdem sitzt Coppers Frau in sicherem Gewahrsam bei Windhuk, seine Tochter wurde während des Gefechtes erschossen. Kann Copper seine Werft aus Tsama-Mangel nicht zusammenhalten, dann teilt er sie im Feld in einzelne, je nach den Tsama-Verhältnissen näher oder weiter voneinander getreunte Werften. Die Lebensgewohnheiten der Franzmann- Hottentotten haben sich völlig geändert, seitdem Copper gezwungen ist, das Wasser zu meiden. Denn während früher nur einzelne Jäger auf einige Zeit von Tsamas leben mußten, ist heute der ganze Stamm dauernd darauf angewiesen. Copper selbst und einige seiner Großleute leben allerdings viel von Milch; durch Vernichtung des größten Teils seines Viehes bei Seatsub ist es hiermit aber auch knapp geworden. Die Jagd wird in der Hauptsache von den Buschleuten ausgeübt, die dann das Fleisch ab- liefern müssen. Der erwachsene Hottentott geht nur auf Jagd, wenn die Aussicht, ein Stück Großwild, vor allem einen Löwen, zu erlegen, die Anstreugungen belohnen wird. Der getreueste Gehilfe bei der Jagd ist der sog. Hottentotten= oder Kaffernköter, ein mitrel- hoher Hund mit mittellangem Leib und langer Schnauze. Die Farbe ist hellgelb, dunkel oder gestreift. Futter bekommt solch ein Hund nie;:; er ist daher auf das Stehlen angewiesen. Da er hierbei stets Prügel bekommt, wird er allmählich Menschen gegenüber äußerst feige und läuft mit eingezogenem Schwanz umher. Er ist aber außerordentlich wachsam und, wenn gut abgefühmn, auf der Jagd von unschätzbarem Werte. Er fängt jeden Schakal, jede Grau= und Zibetkatze, jeden Luchs; er stellt jeden Leoparden, jeden Gemsbockh, jedes Hartebeest und Wildebeest. Mehrere Hunde zusammen stellen auch Löwen und ermög- lichen dem Jäger, bis auf einige Schritt heran- zukommen. Die wirklich gut abgeführten Hunde sind daher sehr wertvoll und sollen teilweise pro Stück mit einem Ochsen bezahlt worden sein. Ein Beweis dafür ist auch, daß Betschuanen, denen Copper das Gefechtsfeld von Seatsub ge- zeigt hatte, hauptsächlich über den Verluft so vieler wertvoller Hunde sprachen. Die Hottentotten, wenigstens die der hiefigen Gegend, essen — entgegen der Ansicht namhafter Forscher — das Fleisch des sämtlichen Raubzeugs, wie Schakal (Geirab), Hyäne (Hiras), Löwe (Ghamin: der Leopard (Garub) gilt sogar als besonderer Leckerbissen. Schlangen hingegen verschmähen die Eingeborenen selbst bei größtem Hunger. Die Kalahari bietet überreichliche Feldkost, die einzeln zu schildern, hier zu weit führen würde. Erwähnt sei nur das am meisten in Betracht kommende Gewächs, die Tsama. Diese gibt fan das ganze Jahr hindurch reichlich Wasser.“) Ist Copper auf Tsamas angewiesen, so läßt er durch Buschleute große Tsamafelder, die häußg viele Kilometer lang sind, erkunden. Bis zu seinem Eintreffen müssen die Buschleute aufpassen, daß das Wild nicht in die Felder geht. Denn da das Großwild die Tsamas nur anfrißt und dann liegen läßt, richtet es großen Schaden an. *) Vgl. „D. Kol. Bl.- 1908, S. 919 ff.