W 874 250 * Eine UNeger-Bildungsanstalt in den Vereinigten Staaten. Bald nach Antritt seiner Präsidentschaft hatte Mr. Taft den Marinesekretär, Herrn v. Lengerke Meyer, mit einer Besichtigung des „Hampton Normal and Agricultural Institute“, einer Bil- dungsanstalt für Neger und Indianer, beauftragt. Herr v. Lengerke Meyer entledigte sich dieses Auf- trags gelegentlich einer Inspektionsreise, die ihn nach dem Hampton benachbarten Norfolk führte. Der Besuch, dem auf Einladung des Herrn v. Lengerke Meyer als einziger Nichtamerikaner der deutsche Attaché Dr. v. Prittwitz u. Gaffron beiwohnte, begann nach einem Berichte des letzt- genannten deutschen Vertreters mit einem Vorbei- marsch der männlichen Zöglinge; daran schloß sich eine Versammlung des ganzen Instituts in der Kirche, wo die Schüler eine Reihe ihrer be- rühmten Chorgesänge zum Vortrag brachten. Nach einigen kurzen Begrüßungsworten des Vor- stehers ergriff ein Neger, Graduate des Instituts, das Wort zu einer längeren, recht gewandten Ansprache, die auf das Rassenproblem in den Ver- einigten Staaten eingehend, die Möglichkeit des Zusammenlebens der weißen und dunklen Rasse in Amerika betonte und die Dankespflicht der Neger für die hier empfangene Kultur hervorhob. Sodann begrüßte Herr v. Lengerke Meyer die Zöglinge im Namen des Präsidenten. Er endigte mit der Ermahnung an seine farbigen Zuhörer, daß sie sich nie ihrer Rasse schämen, daß sie viel- mehr in Selbstzucht und Selbstvertrauen gute und brauchbare Staatsbürger werden möchten. An den feierlichen Empfang schloß sich eine eingehende Besichtigung der Anstalt an, welche dem Besucher einen lehrreichen Einblick in die praktische Verwirklichung der Idee gewährte, durch eine ihren natürlichen Anlagen entsprechende Er- ziehung, die dunkle Rasse zu einem nüßtlichen Element unter den Bewohnern der Vereinigten Staaten zu machen. · „Hampton Institute has given a new mea- ning to the word education,“ hat der Präsident der Universität von South Carolina, Dr. Mitchell, in einer Rede gesagt, in welcher er die Verdienste der Anstalt im Hinblick auf die Rassenfrage in den Südstaaten hervorhob. Allein die Erfolge Hamptons auf dem Gebiete der Erziehung der Farbigen, die auch von dem früheren Präsidenten Roosevelt gelegentlich einer im Institut gehaltenen Ansprache im Jahre 1906 eingehend gewürdigt worden sind, haben seinen Ruf auch über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus gesichert. So sind z. B. an der englischen Goldküste auf Anregung des Gouverneurs, Sir John Rodgers, der persönlich Hampton besichtigt hat, Anstalt#er nach dem Muster Hamptons begründet worder. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheinen dabder einige nähere Angaben über die Einrichtunger des Instituts nicht ohne Interesse. An der klimatisch begünstigten Südküste Li- ginias, an der Mündung des Hampton Rider gelegen, macht der Häuserkompler des Institut: auf den Besucher einen freundlichen Eindruck. Im Jahre 1868 von General Samuel Chapman Armstrong gegründet, stand es bis 1870 unter dem Schutze der American Missionary Association, um dann durch einen Spezialakt der Grand Assembiy von Virginia ein von jeder religiösen Organisation unabhängiges, völlig privates Umier- nehmen zu werden. Ursprünglich nur für die Erziehung der jüngst von dem Joch der Sklaverer befreiten Neger bestimmt, wurde es seit 1858 auch Indianern zugänglich gemacht. Sein be. kanntester Schüler ist der heutige Leiter des In- stituts in Tuskegee, Dr. Booker Washington, ge- worden. Das Institut bedeckt mit seinen 135 Gebäuden ein Areal von 75,2 ha. Es ist lediglich Internat und beherbergte im letzten Anstaltsjahr 1382 359- linge (einschl. der Graduates). Es besitzt zwei wohlausgerüstete Farmen mit reichlichem Viehstand von 28 und 240 ha. Bemerkenswert ist, daß eine große Anzahl der Baulichkeiten von den Zöglingen selbst aufgeführt sind. Seit 15 Jahren werden sämtliche Reparaturen ebenfalls ausschließlich von den Schülern vor- genommen. Zum Eintritt in die Anstalt ist ein Minded- alter von 17 Jahren und das Bestehen einer Eintrittsprüfung erforderlich; der sofortige Eintun in eine der höheren Klassen ist zulässig, wenn der Bewerber die dafür vorgeschriebenen Kennmise aufweisen kann. Das Eintrittsgeld beträgt für jeden Zögling 10 8. Zugleich mit dieser Summe muß der Be- trag von 11 # als Kostgeld für den ersten Monat hinterlegt werden. Hier sind Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Mahlzeiten, Wäsche, Arzneien, üärzl# liche Behandlung (mit Ausnahme der augenärzt= lichen und zahnärztlichen) usw. einbegriffen. Das jährliche Lehrgeld beläuft sich auf 100 f, und zwar 70 8 für die akademische und 30 8 für die industrielle Ausbildung. Dazu kommen etwa 6 jährliche Ausgaben für Lehrbücher und nach dem ersten Jahr eine jährlich zu entrichtende sogenannte „Incidental Fee“ von 1 8S. Abgesehen nun von zgahlreichen, tüchtigen Schülern zufließenden Stipendien erreichen die