G 899 2 Ich erklärte den Häuptlingen von Loniu und Papitalai, daß alle vergangenen Streitigkeiten vergessen sein sollten, und daß eine Bestrafung nicht erfolgen werde. Der bisher im Besitze des Pominis befindliche Winchester befand sich in Papitalai im Hause des Häuptlings Songan. Dieser erklärte sich zur Auslieferung bereit. Da „Seestern“, welcher von Potomo her schon wieder in Sicht kam, nicht so lange vor Lonin liegen bleiben konnte, bis das Gewehr von Papitalai herbeigeholt wurde, befahl ich Songan, das Gewehr am nächsten Tage, an welchem „Seestern“ wieder vorfahren würde, aus- zuliefern. Um die Auslieferung zu sichern, setzte ich von sechs auf dem „Seestern“ befindlichen Soldaten aus Loniu, welche nach erfüllter Ver- tragszeit in Loniu abgesetzt werden sollten, nur einen an Land, während die übrigen erst am nächsten Tage, nach erfolgter Auslieferung des Gewehres, ausgeschifft werden sollten. „Seestern“ fuhr gegen 3 Uhr nachmittags weiter nach der kleinen, mit einer Hernsheimschen Station besetzten Insel Komuli, wo wir kurz nach Einbruch der Dunkelheit ankamen. Dort wurden zwei Hernsheimsche Angestellte ausgeschifft und einer an Bord genommen. An Land zu gehen, bot sich keine Gelegenheit, da wir am nächsten Morgen schon bei Tagesanbruch weiterfahren wollten. Wir verließen Komuli morgens gegen 6 Uhr und kamen um 8 Uhr vormittags an der Süd- westspitze von Lambutjo (Jesus Maria-Insel) an. Dort ließ ich mich mit dem Polizeimeister, dem zweiten Offizier, der Truppe und den Paak-Leuten, verteilt auf einen Kutter und die Jolle des „Seestern“, an Land setzen, während „Seestern“ nach Loniu weiterfuhr und uns im Laufe des Nachmittags wieder abholen sollte. An Bord des „Seestern“ befanden sich die Lambutjo-Leute, welche gelegentlich der letzten Expedition im No- vember 1907 gefangen genommen und bisher in Herbertshöhe als Geiseln zurückbehalten worden waren. Von diesen nahm ich zwei mit an Land, damit sie mir bei der Wegnahme der Gewehre behilflich sein sollten. Die übrigen blieben auf „Seestern“ zurück und sollten erst nach erfolgter Herausgabe der Gewehre ausgeschifft werden. Am Ufer erwarteten uns mehrere Eingeborene. Sie gehörten zum Stamme des Häuptlings Bopusui, dessen Pfahldorf Balamot im Jahre 1907 ab- gebrannt worden war. Boposui hatte inzwischen an die Hamburger Südsee-Expedition, welche mit ihrem Dampfer „Peiho“ im November 1908 nach Lambutjo kam, drei Gewehre ausgeliefert. Nach der Zerstörung seines Dorfes hatte sich Bopusui an der Südküste der Jusel, gegenüber der kleinen Insel Achum, ein neues Dorf, Galingai, errichtet. Wir trafen Bopusui in diesem Dorfe an. Er er- klärte auf Befragen, daß er nur mehr ein Gewehr, aber keine Patronen besitze, und daß die übrigen Gewehre sich auf anderen, weit entfernten Teilen der Insel befänden. Während der Verhandlungen mit Boposui hatten einige Soldaten im Busch einen mit einem Karabiner bewaffneten Soldaten entdeckt, der, als er die Soldaten erblickte, auf sie anlegte. Er wurde jedoch, bevor er schießen konnte, ergriffen und ihm der Karabiner, der mit einer Patrone geladen war, abgenommen. Bopusui erklärte, es sei der ihm gehörige Karabiner. Als ich ihm jedoch vorhielt, daß der Karabiner geladen sei, er aber behauptet habe, keine Patronen mehr zu besitzen, wurde er verlegen. Sein Verhalten be- stärkte mich in der Annahme, daß sich auch die übrigen Schußwaffen in der Nähe befänden. Ich ließ deshalb Bopusui und seine Leute umzingeln und erklärte ihnen, daß ich sie alle als Gefangene nach Herbertshöhe mitnehmen würde, wenn nicht sämtliche Gewehre sofort zur Stelle gebracht würden. Bopusui entsandte daraufhin zwei seiner Leute in den Busch, um die Gewehre zu holen. Die Leute kamen nach sehr kurzer Zeit wieder zurück und brachten zwei weitere Eingeborene an, von deuen jeder einen Karabiner, aber keine Patronen mithatte. Der eine der Leute gab an, er habe seine Patrontasche aus Angst weggeworfen, als die nach ihm ausgeschickten Leute gekommen seien. Auf die Aufforderung, die Patrontasche zu holen, erwiderte er, er wisse nicht mehr, wo er sie weg- geworfen habe. Ich ließ den Mann hierauf von zwei Soldaten in die Mitte nehmen und schickte ihn auf die Suche. Die Soldaten kamen bald zurück mit der Patrontasche, die der Mann sorg- fältig am Stamme eines Baumes verborgen hatte. Die erbeuteten Gewehre befanden sich sämtlich in sehr gutem Zustande und waren sorgfältig eingeöblt. Die Eingeborenen benutzten hierzu Palmöl, von welchem uns eine Flasche, die als Gewehröl bestimmt war, ausgeliefert wurde. Es waren sämtlich Karabiner deutschen Modells, die die Eingeborenen bei früheren Uberfällen auf Segelschiffe der Firma Hernsheim & Co. erbeutet hatten. Die Patrontasche enthielt acht Karabiner= patronen und sieben Patronen kleineren Kalibers, welche vermutlich zu dem im Jahre 1907 aus- gelieferten Revolver gehörten. Die Eingeborenen gaben an, daß sich diese letzteren Patronen, wenn man die Hülse mit Rotang umwickle, auch für die Karabiner verwenden ließen. Tatsächlich bewies ein Versuch, daß die Patronen, wenn man sie etwas verstärkte, sehr gut zum Schießen aus dem Karabiner brauchbar waren.