W 21 20 des Beispiel dafür erlebte ich einst in Togo, als ich vorübergehend neben der Leitung des Nachtigal- Krankenhauses auch die Geschäfte des Bezirks- amtes von Anecho zu versehen hatte. Ein Schwarzer aus einem nahen Lagunendorfe mußte wegen irgend einer verhältnismäßig harmlosen Dieberei verhaftet werden. Dem ihm nach- gesandten Polizeisoldaten widersetzte er sich und versuchte schließlich über die nicht ferne französische Grenze nach Dahomey zu entkommen. Der Soldat gab einen scharfen Schuß auf ihn ab und ver- wundete den armen Teufel schwer am rechten Arm und Brustkorb. Als Bezirksamtmann hatte ich ihm einige Monate Kettenhaft zuzudiktieren, als Arzt mich seiner Verletzung zu widmen. Ungefähr ein halbes Jahr später — ich hatte die Bezirks- amtsgeschäfte schon längst wieder abgegeben — kam der alte Bekannte, der inzwischen neben seiner Gesundheit auch seine Freiheit wiedererlangt hatte, bei mir im Nachtigal-Krankenhause an, hinter sich ein Zicklein an einem Stricke zerrend: „Als Sebeto (Herr von Sebe — Bezirksamt) hast du mich an die Kette gebracht, als Doktor mich gesund ge- macht, und dafür will ich dir eine Ziege schenken.“ Aber nicht nur für einzelne Kranke, sondern ebenso für volksgesundheitliche Ziele, diese, wie wir sahen, kolonialwirtschaftlich wichtigere Seite der hygienischen Fürsorge, kann der alleinstehende Beamte sehr viel in seinem Wirkungkreise tun. Hier kann allerdings seine Tätigkeit weniger auf die Behandlung als auf die Verhütung von Krank- heiten und Seuchen ausgehen. Beinahe täglich wird er Gelegenheit haben, sich in dieser Richtung zu betätigen, ohne große Opfer an Zeit und ohne erhebliche Kosten; wenn er z. B. dahin wirkt, daß seine Gefangenen, seine Steuerarbeiter genügend verpflegt werden und zweckmäßig untergebracht find, daß ansteckende Kranke unter ihnen abgeson- dert werden, wenn er für gutes Trinkwasser in den Ortschaften seines Bezirkes sorgt, wenn er Kinder, Kranke und Schwächlinge streng vom Karawanen- dienste fernhält, wenn er auf Sauberkeit in den Törfern hält, wenn er die auch von einem Laien zu bewältigende Durchimpfung seiner Eingebo- renen in sein Programm aufnimmt, wenn er bei einer beginnenden Epidemie eine rasche und voll- kommene Absperrung des Herdes durchführt u. a. m. Die Engländer bringen in ihren westafrika- nischen Besitzungen die Forderungen der Verwal- tung und der hygienischen Fürsorge häufig so in Einklang, daß sie Arzten gleichzeitig die Verwal- tung eines Bezirkes übertragen, ein Verfahren, das mir in je einem Falle auch in Togo, Kamerun und Deutsch-Ostafrika bekannt ist (Regierungsrat Dr. Kersting-Sokode, Dr. Mansfeld-Ossidinge und Dr. Kandt-Ruanda). Inwieweit diese zu Verwal- tungsbeamten gewordenen Arzte neben ihrer Ver- waltungstätigkeit hygienische Aufgaben praktisch pflegen können, habe ich persönlich zu beurteilen nicht Gelegenheit gehabt, außer im Sokode-Bezirke Togos, dessen Leiter bei aller Verwaltungsstrenge in vorbildlicher, unübertrefflicher, fast väterlicher Fürsorge für seine Schwarzen gerade die großen volksgesundheitlichen Fragen unausgesetzt im Auge behält. Ziehen wir zum Schlusse die englischen und französischen Kolonien zu einem summarischen Vergleiche für die kolonialärztliche Tätigkeit heran, so müssen wir sagen: in der wissenschaft- lichen Forscherarbeit der Tropenhygiene und in der Ausübung ärztlicher Praxis halten wir in unseren deutschen Kolonien- jedem Vergleiche stand; aber im Maße praktisch geleisteter Arbeit auf dem Gebiete der kolonialen Eingeborenen- hygiene stehen wir, wenigstens in Westafrika, zu- rück. Das muß frei und ehrlich erkannt und aus- gesprochen werden; denn damit tun wir den ersten Schritt zur Besserung. Es sind ganz gewaltige Aufgaben, die in der Volkshygiene ihrer Lösung harren, und ihrem Wesen nach sind es wirtschaft- liche Aufgaben. Viel geduldige Arbeit wird ge- leistet werden müssen in planmäßigem aufs Ziel gerichteten, harmonischen Streben aller daran Be- teiligten. Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten. (Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) Kamerun. Viehkhontrollstation in Öschang. Die kühle und gesunde Höhenlage des Bezirks Dschang mit seinen weiten, der Nutzung harrenden Grasflächen und die mit dem Ausbau der Nord- bahn gesicherten Verkehrs= und Absatzbedingungen haben Veranlassung gegeben zu der Einrichtung eines Depots von bis jetzt etwa hundert Stück ausgesuchten Adamaua-Viehs auf dem Vorwerk Djuttitsa von Dschang, dessen weitere Ausdeh- nung für die nächsten Jahre ins Auge gefaßt ist. Diese Herde soll dem dort stationierten Tierarzt Gelegenheit zum Studium der hier heimischen Viehseuchen bieten und dann in erster Linie die Grundlage bilden zu einer systematischen Zucht