W 56 20 das Rhodesia-Gebiet bringen dürften, daß aber auch Vieh, das von den Barotse vom englischen Sambesi-Ufer nach dem deutschen Ufer herüber- gebracht werde, nicht mehr in das britische Gebiet zurückgebracht werden dürfe. Da die auf dem linken (englischen) Sambesi-Ufer wohnenden Barotse ihr Vieh bisher während der Trockenzeit regel- mäßig über den Sambesi in unser Gebiet auf die Weide geschickt hatten, so war die nunmehr ver- hängte Viehsperre für die Barotse selbstverständlich eine große Unannehmlichkeit. Da das meiste Vieh, welches zur Zeit der Verhängung der Viehsperre im Caprivi-Zipfel stand, dem König Luanika bzw. seinem Sohne Letia-Sesheke gehörte, ließen diese es sofort auf das britische Gebiet herüberbringen. Zugleich befahl Luanika den Barotse und den ihnen unter- worfenen Völkern in unserem Gebiete, auf das linke Sambesi-Ufer zu übersiedeln. Wer diesem Befehle nicht nachkam, wurde durch Letias Leute mit Gewalt auf das linke Sambesi-Ufer herüber- gebracht. Wo sich die Eingeborenen ihnen ent- zogen, da trieben Letias Leute ihnen wenigstens möglichst ihr Vieh weg. Was entfliehen konnte, zog sich entweder vom Sambesi zurück tiefer ins Land hinein, oder siedelte sich am südlichen Linjanti-Ufer im Betschuanaland an. Noch im November 1908 haben aber Abgesandte Letias den am Kwando — so heißt der Linjanti in seinem mittleren Lauf — also schon ziemlich tief in unserem Lande wohnenden Barotsewerften anbefohlen, unser Gebiet zu räumen. Drei Induna-Bezirke des Barotse-Reiches teilten sich bis zur Ankunft Streitwolfs in unser Gebiet; zwei gehörten zur Provinz des Häupt- lings Letia-Sesheke, einer zur Provinz des Häupt- lings Letia-Njana. Während die beiden ersteren Bezirke, deren Vorsteher die Indunas Mamili und Djika-Matondo waren, sich völlig inner- halb unseres Schutzgebietes befinden, greift der dritte Bezirk ziemlich erheblich über unser Schutz- gebiet hinaus, so daß nur sein kleinerer Teil innerhalb desselben liegt. Sein Vorsteher, der Induna Seluka, hat daher auch seinen Sitz außerhalb unseres Schutzgebietes. Die erste Reise Streitwolfs, der nach den bisher vorliegenden Berichten schon fast das ganze zwischen Sambesi und Linjanti (Kwando) liegende Gebiet durchforscht hat, galt dem Besuche des einflußreichen Indunas Mamili. Durch ihn ließ er die in der Nähe seiner Werft sitzenden Dorf- schulzen zum Erscheinen auffordern. Auf diese Weise kam eine große politische Versammlung zu- stande, die auch von einem Teil der Dorfschulzen, welche nicht zu dem Induna-Bezirke Mamilis, sondern zu demjenigen Selukas gehörten, besucht wurde. In dieser Versammlung erklärte Haupt- mann Streitwolf den Eingeborenen, daß das Land nicht der Chartered Company, sondern den Deutschen unterstehe, und daß es daher nicht mehr weiter angehe, daß die Barotse-Häuptlinge bei den auf deutschem Gebiet sitzenden Stämmen eine Hüttensteuer erhöben, welche der Company zufließe. Die Versammlung zeigte volles Verständnis für die Anderung der politischen Lage. Mamili führte in seiner Erwiderungsrede aus, daß Letia- Sesheke, um seinem Befehl, das Land auf dem rechten Sambesi-Ufer zu räumen, den gehörigen Nachdruck zu geben, durch seine Leute das Gerücht hatte verbreiten lassen, daß die Deutschen mit größerer kriegerischer Macht im Anzuge seien, und daß, wenn er seinen Zweck dadurch auch nur unvollkommen erreicht habe, dennoch eine Folge der von ihm verbreiteten Gerüchte die ge- wesen sei, daß ein Teil der Werften über das südliche Linjanti-Ufer nach dem Betschuanaland geflohen sei. Sie sähen aber jetzt, daß die Deutschen ihnen den Frieden und das Gesetz bringen wollten, und freuten sich sehr darüber. Dann brachte Mamili seine Klagen über Letia vor und bat Hauptmann Streitwolf, er möge ihnen zur Wiedererlangung ihrer Rinder verhelfen und sie immer gut behandeln, da sie jetzt alle seine Kinder seien. Diese Rede gab Hauptmann Streitwolf will- kommenen Anlaß, den Versammelten wiederholt den friedlichen Zweck seiner Entsendung aus- einanderzusetzen und ihnen zu versprechen, daß die Deutschen ihnen helfen wollten, damit sie wieder in den Besitz ihres Viehes kämen. Seine Ausführungen gewannen ihm sichtlich sofort das Vertrauen der Eingeborenen und ermöglichten ihm die von ihm erstrebte glatte Ordnung der