W 233 20 Leute konnten vor der Flut den Felsen nicht mehr erreichen und flüchteten auf den Dünenhang hin- auf, wo sie für die Kamele eine kleine Fläche ab- traten, in der die Tiere liegen konnten. Wie sie in der Dunkelheit die Kamele den steilen Dünen- hang hinaufbekommen hatten, konnten sie selbst nicht mehr erklären. Das dritte Kamel hinauf- zubringen war unmöglich, da es, ebenso wie die beiden anderen verlorenen, stets wieder in den Beinen zusammenbrach, sobald es aufgehoben war. Um sich selbst aus der Brandung zu retten, mußten die Reiter das Tier liegen lassen. Es ist dann ebenfalls von der Brandung fortgerissen worden. Die drei Leute brachten, vollkommen durchnäßt, die kalte stürmische Nacht ohne Schutz am Dünen- hange dicht über der Brandung zu. Die Kamele scheinen durch die ungewohnte Kälte und Nässe eine Art Verschlag gehabt zu haben, der sie am Stehen verhinderte, da ihre Versuche aufzustehen, als das Wasser immer höher kam, vergeblich waren, und sie, aufsgehoben, immer wieder zusammenbrachen. Sergeant Kadur hatte mit seinen Leuten unter den denkbar größten Schwierigkeiten und unter Lebensgefahr versucht, die Tiere zu erhalten. Wie ich später erfuhr, haben auch Diamantsucher an dieser Stelle schon mehrere Kamele verloren. Am 16. August wurde der Strand breiter und bequem passierbar. Die Dünen, in denen große, weiße Muschelflächen lagen, wurden etwas niedri- ger. Später traten sie etwas zurück; wir kamen auf eine mit Brackbusch bewachsene Fläche und waren bald an einem Wasserloch, an dem wir eine Anzahl Prospektoren und eine Polizeipatrouille von Spencerbucht trafen. Diese Wasserstelle wurde nach einem Prospektor Reutter, der vor etwa vier Wochen das Masser aufgemacht hatte, Reutter brunnen genannt. Die Polizei- beamten gaben an, daß wir etwa anderthalb Stunden weiter wieder ein Grabloch, sowie reich- lich Schilf und Brackbusch für die Kamele finden würden. Mittags trafen wir an diesem Brunnen ein, an dem sich ein Teil der Expedition eines Kaufmanns Tempel befand. Durch meine Ein- geborenen ließ ich von den bei Tempol befindlichen Buschleuten, die hier gesessen hatten, den Namen des Platzes feststellen. Zu unserm Erstaunen er- fuhren wir, daß wir in Meob seien. Das Wasserloch sei die Wasserstelle der hier lebenden Buschleute: Meob-Aub (Schilfquelle, Meob- Schilf). Ein drittes Wasserloch, Fischers- brunnen, liegt etwa 6 km nördlich. Die mit Schilf, Rietgras und Brackbusch bewachsene Fläche hat in westöstlicher Richtung eine Ausdehnung von etwa 12 km, in nordsüdlicher Richtung etwa 20 km. Neben Walfischknochen wurden eine ganze Anzahl von Gemsbockgerippen gefunden, ebenso alte Wildpfade und sehr viele alte Gems- bocklosung. Während wir sonst an der Küste von Landtieren den Schakal angetroffen hatten, sahen wir auf Meob neben Landvögeln ein kleines Rudel Springböcke. Der guten Weideverhältnisse wegen wurde hier ein Ruhetag gemacht. Das Wasserloch wurde etwa 2 m tief aufgegraben, erweitert und mit Wrackholz gefestigt, so daß der von uns gebaute Brunnen eine Anlage von dauerndem Wert bleibt und reichlich Wasser gibt, das aber, ebenso wie in den beiden andern Wasserlöchern etwas brackig ist. Die Kamele konnten hier alle getränkt werden, das verbrauchte Wasser in den Tins wurde er- gänzt, die leeren Grassäcke mit Schilf neu gefüllt, so daß wieder jeder Mann für sieben Tage Wasser mit sich führte und für die Kamele auf drei Tage Futter mitgenommen werden konnte. Nach meiner Kenntnis des Tsauchab, den ich im Februar 1909 erkundet und aufgenommen habe, ist Meob unzweifelhaft die Mündung des Tsauchab. Da ein Prospektor die Dünen vom Tsauchab nach Westen bereits durchzogen hatte, beschloß ich, den noch unerforschten Teil der Namib in Höhe des 24. Breitengrades zu durchqueren und dabei zu versuchen, festzustellen, ob die auf der Kriegs- karte verzeichneten Wasserstellen existierten. Da Herr Major Märcker den Tsondab abwärts nach Westen vorgedrungen war, ohne Wasser zu finden, beschloß ich südlich von seiner Marschlinie nach Osten vorzugehen. Für die Diamantsucher sind diese Wasserstellen das fragliche „Paradies ““s, in dem sie den eigentlichen Herd der Diamanten vermuten. Die auf Meob sitzenden Buschleute gaben an, daß sie dort keine Wasserstellen wüßten, sie wollen aber gehört haben, daß dort noch Wasser sein sollte. Von Weißen konnte ich nur die alten Märchen in verschiedener Ausschmückung erfahren. Am 18. August marschierten wir nach Norden, um südlich von der Empfängnis-Bucht, wo die Dünen niedriger werden sollten, nach Osten umzubiegen. Wir folgten der vollkommen aus- getretenen, nach Walfisch-Bay führenden Straße, bis wir sic in dem in der Nacht aufkom- menden dichten Nebel verloren. Als wir vor Sonnenaufgang abmarschierten, mußte ich nach einer halben Stunde wieder halten lassen, weil es in dem dichten Nebel unmöglich war, weiterzu- marschieren, da man nur undeutlich den Vorder- reiter sah und ein Reiten nach dem vollkommen beschlagenen Kompaß, dessen Nadel nicht zu er- kennen war, ausgeschlossen schien. Auch hatte ich Sorge, daß wir in eine der an der Küste entlang ziehenden, trügerischen großen Salzpfannen, die oft eine mehrere Kilometer lange Ausdehnung haben, geraten könnten; diese Pfannen sind nur