G 391 20 Der Zusammenhang des heimischen Kapitals mit den Kolonien besteht in zweierlei Richtung: Unsere Kolonien brauchen das heimische Kapital, und das heimische Kapital, unser Handel und Industrie, werden von Jahr zu Jahr die Kolonien weniger entbehren können. Es war natürlich, daß sich das Kapital in der ersten Zeit unserer Kolonialwirtschaft von kolonialen Unternehmungen zurückhielt. Die Un- sicherheit des Eigentums und des Lebens, die unsicheren Rechtsverhältnisse, das Fehlen von Transportwegen, Eisenbahnen usw. war nicht dazu angetan, das heimische Kapital zu größeren Unternehmungen in den Kolonien zu verlocken. Trotzdem wurden bald nach der Besitzergreifung der Kolonien mit großem Wagemut verhältnis- mäßig bedeutende Kapitalien angelegt, z. B. im Kaffeebau in Usambara und in einer Zurcker- industrie am Rufiyi in Deutsch-Ostafrika. Rück- schläge und Mißerfolge waren bei diesen Unter- nehmungen in einem ganz fremden Lande unver- meidlich. Trotz dieser Mißerfolge wurden die ersten Pionierarbeiten zur wirtschaftlichen Er- schließung unserer Kolonien fortgesetzt; Anfang der neunziger Jahre wurde eine Menge kleinerer Gesellschaften gegründet. Nach vorübergehender Stockung ist dann auf das System hingearbeitet worden, unsere Kolonien finanziell möglichst selb- ständig zu machen. Das Interesse für die kolo- niale Arbeit wuchs; durch den Eisenbahnbau sind große Kapitalien in den Kolonien angelegt worden. Viele Unternehmungen haben begonnen, Renten abzuwerfen. An der Börse werden heute Kolonial- werte in großer Zahl gehandelt. Neue Hilfs- auellen find durch mineralische Schätze eröffnet, die Minen sind für das koloniale Wirtschaftsleben von größter Bedeutung geworden. In Deutschland werden aus dem Auslande für etwa zwei Milliarden Mark Rohstoffe einge- führt. Wir müssen daher danach streben, daß die Kolonien mehr und mehr eine Produktions= stätte für Rohstoffe für die heimische Industrie werden. Der Schwerpunkt der Kolonien liegt heute weniger darin, daß deutsche Auswanderer dort Arbeit und Lohn finden, und daß die Kolonien uns die sogenannten „Kolonialwaren“, wie Zucker, Kaffee usw., liefern — für letztere bestehen in fremden Ländern Produktionszentren, welche diese Produkte billiger liefern können —, das Ziel ist vielmehr das, Rohstoffe, wie Baumwolle, Hauf, Olfrüchte, Wolle, Felle und Gerbstoffe, für die Industrie zu gewinnen. Die Vorbedingungen hierfür sind in unseren Kolonien gegeben. Es liegt daher im Interesse der Industrie, die mit zu den Repräsentanten des heimischen Kapitals gehört, Bestrebungen der Unternehmer und des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees zu unterstützen. Das deutsche Nationalvermögen erleidet z. B. durch die Abhängigkeit auf dem Baumwollmarkte von Amerika große Verluste. Zur Erreichung des Zieles, Deutschland im Bezuge seiner Rohstoffse vom Auslande möglichst unabhängig zu machen, kann das kleine wie das große Kapital beisteuern. Das kleinere Kapital darf für größere Plantagenunternehmungen bei dem vorhandenen Risiko erst nach einer Reihe von Jahren herangezogen werden. Zur finanziellen Unterstützung des kleineren Pflanzers in den ersten Jahren empfiehlt Geheimrat Paasche, in den Kolonien Landeskultur-Rentenbanken nach dem Vorbild der Hypothenbank in Kiautschou zu errichten. . Das Großkapital muß in ganz anderer Weise wagemutig vorgehen; in erfreulicher Weise be— teiligt es sich heute mehr als bisher an kolonialen Unternehmungen. Daß sich auch fremdes Kapital in unseren Kolonien betätigt, können wir nicht hindern; auch unser Kapital arbeitet in beträcht— licher Höhe im Auslande. Anderseits darf uns das Eindringen fremden Kapitals nicht beunruhigen, es bleiben doch Erzeugnisse auf deutscher Scholle, die auf deutschen Schiffen verfrachtet werden müssen und eventuell der heimischen Industrie vorzugsweise zugute kommen. Aufgabe des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees muß es sein, immer mehr durch fleißige Arbeit zu zeigen, daß und wo in unseren Kolonien die Vorbedingungen für eine gute Kapitalsanlage vorhanden find, und dahin zu wirken, daß der Bedarf der hei- mischen Industrie an den benötigten Rohstoffen immer mehr in den eigenen Kolonien gedeckt wird. Im Anschluß an das Referat wurde be- schlossen, der Frage der Landpolitik und Er- richtung von Landeskultur-Rentenbanken in den Kolonien bei der nächsten Tagung des Komitees näherzutreten. Wasserwirtschaftliche Untersuchungen für die Berieselung der Mkattasteppe. Über den derzeitigen Stand der wasser- wirtschaftlichen Untersuchungen für die Berieselung der Mkattasteppe, insbesondere im Interesse des Baumwollbaues, berichtete Geheimer Oberbaurat Schmick: „Nach den bisherigen Untersuchungen des Ingenieurs Boos kommen für die Bewässerung der Mkattasteppe im wesentlichen zwei Flüsse in Betracht, einmal der bei Kilossa aus dem Nord- Rubeho-Gebirge austretende Mukondokwa und ferner der nördlich davon aus dem gleichen Ge- birgszuge kommende Wami, endlich noch dessen Nebenfluß Kissagata. Der Mukondokwa bildet unmittelbar unterhalb Kilossa zuerst den Mkwadanisumpf, aus dem er