G 503 20 Naribis, was „Muscheln“ bedeuten soll, die in großer Zahl vorhanden waren. Die Muscheln sind eßbar; wir kochten sie uns mit Pfeffer und Zwiebeln. Das Gericht schmeckte wie unsere „Pfahlmuscheln“. Nach dem Halt wurde zunächst ein großes Wasserloch gegraben, in dem sich bald schönes Süßwasser in unausschöpfbarer Menge ansammelte. Da es inzwischen warm wurde, war Franziskusbucht bald zum Badeort um- gewandelt. Franziskusbucht dürfte übrigens in- folge felsigen Grundes und starker Brandung ein schlechter Hafen für Schiffe sein. Von hier wollte Oberleutnant Trenk nach Norden vorstoßen und dann die Namib in öst- licher Richtung durchqueren, um dabei, wenn möglich, das „Buschmannparadies“ zu finden. Der Marsch vom 15. zum 16. August wurde der anstrengendste und gefährlichste der ganzen Reise. Ununterbrochen wurde bis zum Mittag geritten. Da trafen wir 48 km nördlich Naribis auf mehrere Wasserstellen. Die Dünen waren zuletzt immer mehr vom Strande zurückgetreten, Brakbusch überzog den hügeligen Strand und große, mit hohem Schilf bewachsene Flächen dehnten sich vor uns aus. Eine Polizeipatronille aus Spencerbucht und andere Reiter (Prospektoren), die wir trafen, erklärten uns, daß wir uns in Höhe der Hollands-Vogel-Inseln befänden, und daß die erste Wasserstelle Reuttersbrunnen ge- tauft worden sei; etwas nördlich lägen aber noch bessere Wasserstellen, dort würden wir auch weiße Diamantensucher und Buschleute antreffen. Dahin ritten wir noch und hielten an einem Wasserloch mitten in schöner Kamelweide. Die hier ansässigen Buschleute nannten diese Wasserstellen Meob. Das war ja das Paradies, wohin uns der ge- storbene Au-Gaib führen wollte. Ein Paradies im Eingeborenen-Sinne konnte man diese Gegend schon nennen: Weide, Wasser, sicherlich viel Wild, ein Meeresstrand mit eßbaren Muscheln! Hier kann sich auch ein Weißer wohlfühlen. Meob soll „Schilfquelle“ bedeuten. Ober- leutnant Trenk beschloß, bis zum 18. August in Meob zu rasten. Der Alteste auf der in Meob gelegenen kleinen Buschmannswerft nannte sich Au-Habib; ihm ging es recht gut, seitdem er sich Diamantenexpeditionen nützlich machen konnte. Wohl flunkerte er uns etwas von Wasserstellen vor, die östlich Meob in der Namib liegen und von kriegerisch gesinnten Hottentotten bewohnt sein sollten; er selbst Zollte aber nicht dagewesen sein und auch den Weg zu diesen Wasserstellen nicht kennen. Von Meob bis Conceptionbucht führt ein durch viele Spuren deutlich erkennbarer Weg wenige Kilometer östlich der Küste an einer Salz- pfanne von großer nördlicher Ausdehnung ent- lang. Die Entfernung Meob — Conceptionbucht beträgt 71 km. Wir bogen am 19. August nach Osten zu in die Dünen ab. Damit begann der Rückmarsch durch die Namib in Höhe des 24. Grades südlicher Breite. Diese Durchquerung der Namib nach dem Innern bis zur Wasserstelle Ababis nahm sechs Tage in Anspruch. Am 24. August kamen wir aus den Dünen heraus und befanden uns vor dem Naublluft- Gebirge in Höhe der Wasserstelle Tsams. Tags darauf waren wir in Ababis, am 28. kehrte ich nach Maltahöhe zurück. Der Teil der Namib, der zwischen dem 24. und 26. Grad südlicher Breite liegt und in der Hauptsache zum Distrikt Maltahöhe gehört, ist heute keine terra incognita mehr. Wichtiges Kartenmaterial ist gesammelt worden. Die Leistungs- fähigkeit der Kamele in schwerem Dünengelände hat die Probe bestanden. Anstrengend war die Expedition für ihre Teilnehmer, aber lehrreich und von Erfolg gekrönt. II. Die Gewohnheiten und Rechtsanschauungen der Namib-Buschleute. Zwischen dem 14. und 16. Längengrad sowie dem 24. und 26. Grad südlicher Breite, westlich von den Nankluft= und Zarris-Bergen und in diesen Bergen selbst, wohnen Buschleute mit Namen Ganin und Géinin. Ihre Kopfzahl wurde noch vor der im ersten Teil geschilderten Expedition auf 400 geschätzt; es dürften aber tatsächlich nur 100 Köpfe sein. Die Buschleute sind kleine, sehnige, breitschulterige Menschen von dunkelgelber, ins Kupferrot überspielenden Haut- farbe. Ihre Nahrung besteht in erbeutetem Fleisch, das Gemsböcke und andere Antilopen sowie Hasen und Schakale liefern; Feldkost, in Beeren, gurkenartigen Früchten und Wurzeln be- stehend, bilden die Zutat. Früher trugen Männer und Weiber der Buschleute Umhänge aus zu- sammengenähten Fellen; jetzt beobachtet man diese Tracht nur noch bei einzelnen Frauen. Die Mehrzahl ist fast unbekleidet und trägt nur einen Hüftschutz aus Fellen. An den Füßen tragen die erwachsenen Buschleute Sandalen aus Gemsbockfell. Der Buschmann baut sich zur Unterkunft nur einen Windschutz aus Fellen, Buschwerk oder Binsen; bei Kälte und Regen zieht er sich in natürliche Felshöhlen zurück. Die Buschleute wohnen nur in geringer Zahl zusammen; der Werftälteste hat das Amt eines Schiedsrichters inne. Religiöse Vorstellungen sind so gut wie unbekannt. Früher hatten die Busch-