W 633 20 Die Einfuhr von Rohbaumwolle hat sich im Berichtsjahre der Menge nach bedeutend ver- mindert; sie betrug nur 9,6 Mill. Pud gegen 13,4 Mill. Pud im Vorjahre (Verminderung 3,8 Mill. Pud). Der Unterschied des Wertes der Einfuhr des Jahres 1908 gegen den des Berichtsjahres ist noch größer. 1908 betrug er 111,965 Mill., 1909 nur 87,605 Mill. Rol. (Unterschied 24,360 Mill. Rbl.). Wenn man die Ziffern für die Einfuhrmengen in den letzten Jahren zusammenstellt, so ergibt sich, daß die Einfuhr einen ziemlich sprunghaften Charakter hat. Sie betrug (in 1000 Pud): 1904 1905 1906 1907 1908 1909 10 910 9349 8815 9736 13 411 9639. (Nach einem Berichte des Kaiserl. Generalkonsulats in St. Petersburg.) Baumwollanbauversuche in Südfranbreich. Der Kaiserliche Konsul in Marseille berichtet: Seit dem Jahre 1903 hat die „Association Cotonnière Coloniale" in den verschiedensten fran- zösischen Kolonien den Anbau von Baumwolle, und zwar der besten ägyptischen und amerika- nischen Marken, versucht und besonders auf Martinique, Réunion, Madagaskar und in Indo- china gute Erfolge erzielt. Der Ertrag der Ver- suchsfelder ist von 1000 kg im Jahre 1904 auf 107 000 kg im Jahre 1907 gestiegen. Wie einer hiesigen Fachzeitschrift zu ent- nehmen ist, sollen auch die in Algerien mit dem Baumwollanbau angestellten Versuche ein günstiges Resultat ergeben haben. Nach den Veröffent- lichungen der französischen Handelskammer in Liverpool sollen die dort eingetroffenen ersten 50 Ballen Baumwolle algerischer Herkunft an- geblich dieselben Preise erzielt haben wie die besten ägyptischen Qualitäten, und die Sach- verständigen von Liverpool hätten ebenso wie die Spinner von Manchester die Vorzüglichkeit der algerischen Baumwolle gerühmt. Diese Erfolge haben zu dem Gedanken ge- führt, die Baumwollkultur auch im Süden Frank- reichs einzuführen. Es dürfte wenig bekannt sein, daß hier bereits zur Zeit des ersten Kaiser- reichs Versuche mit dem Anbau von Baumwolle gemacht worden find, die befriedigende Ergebnisse hatten. Durch die politischen Ereignisse wurde die Aufmerksamkeit Napoleons von diesen Ver- suchen, die ihn sehr interessiert haben sollen, wieder abgelenkt; sie scheinen nicht wiederholt worden zu sein. Die besten Resultate sollen da- mals in den Departements Hérault und Var er- reicht worden sein. Ob dieser Anregung Folge geleistet werden wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls könnten sich nur die Besitzer größerer Ländereien auf solche Versuche einlassen; auch werden die Bewässerungs- anlagen neu geschaffen oder für den neuen Zweck verbessert werden müssen. Handel von Baumwolle in KRdgerbeidjan (Hersien). Die Preise für Rohbaumwolle sind in Adzerbeidjan um etwa 30 v. H. gestiegen. Die letzte Ernte war verhältnismäßig befriedigend, nur wurde wegen der vorhergehenden Unruhen weniger an- gebaut. Verstärkte russische Nachfrage und wohl auch die bedeutenden Vorräte, welche für eine im Bau befindliche Baumwollspinnerei in Täbriz aufgekauft wurden, haben diese Preissteigerung des Rohmaterials veranlaßt. Es steht somit zu erwarten, daß der Baumwollanbau bei sonst günstigen Verhältnissen im kommenden Jahre be- deutend gesteigert werden wird. Vom 21. März 1908 bis 21. März 1909 wurden aus der Pro- vinz Adzerbeidjan 474 936 kg Rohbaumwolle ausgeführt, und zwar zum größten Teile nach Rußland. Der Preis betrug im Durchschnitt 90 bis 100 Pfennige pro Kilo. Ein bedeutender Teil der Ernte wird im Lande selbst durch Handarbeit versponnen und verwebt. 6 Der Anbau der Baumwolle ist in fast allen Teilen der Provinz, vorwiegend aber in den Ufergebieten des Urmiasees, noch sehr großer Steigerung fähig. Das Sinken der Getreidepreise und die erhebliche Einschränkung des Weinbaues durch das Auftreten der Phylloxera wird voraus- sichtlich veranlassen, daß man sich außer dem Tabakbau besonders der Baumwollkultur immer mehr zuwendet. Die Qualität der in Adzerbeidjan gedeihenden Baumwollarten ist sehr verschieden. Amerikanische Baumwolle hat fast durchweg gute Resultate er- geben. Die Faser wird etwas kurz und spröde, doch kommen in einzelnen wasserreichen Distrikten auch Qualitäten vor, die sehr gelobt werden und wo die einzelne Staude besonders viele und große Kapseln liefert. Die Zubereitung der Rohbaumwolle für den Export ist noch völlig rückständig. An einzelnen Stellen sind Egreniermaschinen aufgestellt, doch wird zu allermeist mit der Hand entkernt. Die Baumwollsaat wird verfüttert. Die Ballen gehen fast ausschließlich in großer lockerer Form, also ungepreßt, über die Grenze. Der Aufkauf ge- schieht durch persische und kaukasische Agenten, zumeist in der Form, daß Vorschüsse auf die Ernte gegeben werden. Es werden durch erste