G 656 20 höhle, etwa gegen Südwesten hin, ausge „fressen“ haben. So aber trat ein neuer Umschlag ein: Etwas oberhalb des „Portals“ mit seiner „ngoma“ muß das zeitenweise einflutende Alluvialwasser einen Spalt im Sedimentärgestein der Höhlensohle gesunden haben, so daß hier eine Art Senkschacht entstand, den wir wegen mangelhafter Beleuch- tung nicht genügend untersuchen konnten. Nur so viel war wahrzunehmen, daß das Wasser auch hier groteske Gebilde herausgearbeitet hatte: Mulden, Schalen, Schachte, von denen sich einer wie eine Wendeltreppe ausnahm. Der nieder- steigende Neger verschwand auf einige Augenblicke und trat wie bei einem neuen, zweiten Portal unten hervor, um alsbald emporzuklimmen. Wer es unternimmt, die Höhle im ganzen wie in ihren Einzelheiten wissenschaftlich zu untersuchen, wird neben den nötigen Instrumenten sich auch mit einer Anzahl Fackeln versehen müssen. Von der „Vorhalle“ aus stiegen wir über ein Chaos von Steintrümmern, Stein= und Erdmassen zur Mittelpartie der Höhle empor. Ich hatte das Bewußtsein, in einem riesigen Schlauche mit teil- weise größeren Ausweitungen vorwärtszutasten; erst wiederholtes Passieren wird ein größeres Ge- fühl von Sicherheit gewähren. Weckauf schätzte die durchschnittliche Höhe dieses Schlauches auf mindestens 8 m, die Weite ist jedenfalls beträcht- licher. Diese Mittelpartie bildete das eigentliche Versteck für Tausende von Aufständischen 1905/06. Für heute ist die Nangomahöhle als Versteck entwertet; denn jedenfalls wird man bei neuen kriegerischen Verwicklungen darauf ein ganz be- sonderes Augenmerk haben, womit allerdings noch nicht gesagt ist, daß die Matumbi nicht noch mehrere solcher Höhlen kennen. Der Höhlenboden der Mittelpartie zeigt noch überall Spuren vom ehemaligen „Feldlager“: Fenerstellen und Speiseabfälle. Die JFaeces konnten in den Schwemmassen und angesammelten Guanoschichten verscharrt werden. Da hier ohne Zweifel reichliche Vorräte schon vor und bei dem Ausbruche des Aufstandes aufgespeichert worden waren und die Höhle selbst eine Art Brunnen mit reichlichem Wasser barg, hatten die Flüchtlinge keinen Anlaß, sich zu entfernen, so daß die üppig wuchernde Vegetation schnell die Spuren zur Höhle verwischen konnte. Ubrigens haben zwei- felsohne ausgestellte Posten vor den Mündungen und auf den nächsten Höhen die Insassen jeder- zeit auf dem laufenden gehalten und besonders bei Annäherung vorüberziehender Truppen ge- warnt. Möglicherweise hätte das dumpfe Geräusch der mehlstampfenden Weiber die Höhle verraten können; wegen der Feuerstellen war Vorsicht kaum geboten. Wie die Matumbi aber 1905/06 getan haben, so werden sie und ihre Vorfahren auch früher diese Höhle als Versteck benutzt haben, um sich bei drohenden Überfällen mächtigerer Gegner in Sicherheit zu bringen. Damit aber eröffnet sich eine ungeahnte Aussicht auf ein reiches Forschungs- gebiet. Die Ausbeutung der Guanolager, ein Wegschaffen der Stein= und Erdmassen, das Aus- räumen der Höhle würde sicher reiche Funde aus der Vorzeit erschließen. Nun ist ja richtig, daß in den Tropen die Einwohner viel weniger auf Höhlen angewiesen waren, als unter dem rauhen Himmel Mittel= und Nordeuropas, daß wir also nicht auf Aufdeckung dauernder Wohnstätten rechnen dürften, wohl „aber auf Flüchtlingslager, wohin in Notzeiten nicht bloß Lebensmittel, sondern auch der ganze Kulturbesitz in Hab und Gut gerettet wurde. Gegen Ende der Mittelpartie der Höhle senkt sich das Gewölbe ganz bedeutend, und zwar der- art, daß man beim Ubergang in ihren dritten Teil, ihren Mündungsschlauch, zunächst nur lang- sam und gebückt vorwärts dringen kann, zuletzt aber genötigt ist, auf Händen und Füßen zu kriechen. Aus der Beschaffenheit des Bodens, der weder anstehendes Gestein noch Schuttmassen zeigt, dagegen aber pulverisierten Guano, dürfte man auf Verschwemmung und Auffüllung der Höhlen- sohle schließen. Kaum gestattet die Höhe des Gewölbes wieder das Aufrichten des Körpers, da fällt von ferne leichter Lichtschimmer herein, die Höhle erweitert sich wieder, und zwar nach oben und nach den Seiten hin. Das Portal des Ausganges weist geradezu ein monumental-architektonisches Aus- sehen auf; es erinnert an einen halbverschütteten Tunneleingang. Die senkrecht aufsteigende Mauer der Schlucht biegt in einem weiten Winkel nach rechts um, schließt nach oben hin in einer Geraden ab, über welcher der Berg in steilem Aufstieg sich fortsetzt, während unten die großenteils verschüttete Höhlenmündung sich in einer Höhe von etwa 7 m, einer Breite von 16 m repräsentiert.“