G 660 20 bereits der Einfluß des Kuiseb-Kanons auf die Dünenbildung bemerkbar macht. Nach Westen hin kamen wir in ein Gebiet ganz regelmäßig geformter, parallel zueinander verlaufender Dünen, die stetig an Höhe zu- nahmen. Die höchste von mir erstiegene Düne hatte eine relative Höhe von nicht ganz 160 m, einige andere Dünen waren nicht unbeträchtlich höher. Der Abstand von Dünenkamm zu Dünen- kamm beträgt durchschnittlich 1000 m. Die Ost- seiten der Dünen steigen allmählich an, der Sand liegt hier fest, und es macht keine besonderen Schwierigkeiten, bis in die Nähe des Dünen- kammes zu kommen. Diesem war stets, wie schon erwähnt, durch die letzten Ostwinde eine neue kleine Düne aufgesetzt, an deren Lurpseite sich tiefe Trichter mit sehr steilen Wänden von losem Sande befanden. Die Kamele um diese Trichter herum auf den neuen Dünenkamm heraufzubekommen, bereitete uns große Schwierig- keiten. Die Tiere sanken bis weit über die Kuie und Sprunggelenke in den losen Sand ein, rutschten in ihm dauernd aus und strebten in ihrer Dummheit stets dem Trichter zu; wäre ein Tier in einen solchen hineingeraten, so wäre es sicher nicht wieder herausgekommen und verloren gewesen. Nach Westen zu fallen die Dünen sehr steil ab. Die Dünentäler sind mit Sand gefüllt, der meist ziemlich festliegt und dann für die Kamele einen guten Marschboden abgibt. Der allen Dünen gemeinsame Querschnitt — allmählicher Anstieg von Osten, steiler Abfall nach Westen — scheint mir darauf hinzudeuten, daß hier trotz der Nähe des Meeres der Ostwind vorherrscht. Die Dünen sind von einer schwarzen Käferart und zahlreichen Wanzen, die eine vorzügliche Farbenanpassung zeigen, belebt. Das sind, außer einer seewärts streichenden Krähe und einem Chamäleon, die einzigen Lebewesen gewesen, die wir in sechs Tagen gesehen haben. Die zahl- reichen Wildfährten aber und eine große Zahl von Gemsbockskeletten, die in den Dünentälern liegen, sind ein Beweis dafür, daß in guten Regenjahren (das diesjährige war für Awabes nicht gut) die Dünentäler Weide haben und dem Wilde in diesen heuer so unwirtlichen Regionen gesicherte Weideplätze geben. In der Nacht vom 19. zum 20. Juni, die wir auf einer hohen Düne verbrachten, auf der uns die Dunkelheit festgehalten hatte, steigerte sich der Ostwind zu schwerem Sturm, der die Sandmassen in Bewegung brachte und uns und den Tieren stark zusetzte. Man träumte, daß sich das Kamel, an dessen Leeseite man sich niedergelegt hatte, auf einen gelegt habe und — fand sich morgens vom Sande völlig zugeweht. Leider gingen mir in diesem Sandsturm wichtige Ausrüstungsgegenstände verloren. Sie waren verweht und nicht mehr auffindbar. Bemerkens- wert war es, daß am nächsten Frühmorgen, als wir aufsattelten, unsere Decken, besonders die während der Nacht vom Winde gepeitschten Ka- melhaardecken so mit Elektrizität geladen waren, daß sie beim Ausschwingen Tausende von Funken ausstrahlten. Ich kann nicht umhin, hier den außerordent- lichen Eindruck hervorzuheben, den diese groß- artige Natur mit ihrem Schweigen und ihrer Einsamkeit, mit der ewigen Gleichmäßigkeit ihrer unabsehbar langen, parallel laufenden Riesen- dünen, mit der starken Wucht ihrer schneidenden Sandstürme gemacht hat. Mir fiel die Strophe aus Freiligraths Gedicht „Die Wüste“ ein: „Wer sie durchritten hat, den graust!“ Am Vormittage des 21. Juni befanden wir uns nach meiner Routenaufnahme noch etwa 20 km vom Meere entfernt und auf der Länge der gesuchten Wasserstellen. Da wir nach den bisherigen Erfahrungen täglich nur 7 bis 8 Dünen bewältigen konnten, brauchten wir zum Meer und zurück noch etwa fünf Tage. Als mir mein Sergeant auf die Frage, ob die Ka- mele das noch leisten könnten, mit einem ent- schiedenen „Nein“ antwortete, befahl ich den Rückmarsch, nachdem ich noch die nächste hohe Düne erstiegen, von dort nach Westen zu aber noch immer neue und noch immer höhere Dünen gesehen hatte. Die auf der Karte verzeichneten „Wasser- stellen, von Nama bewohnt“, liegen ganz sicher nicht auf dem angegebenen Fleck, über den ich hinwegmarschiert bin. Wenn sie überhaupt vor- handen sind, dann liegen sie wohl unweit der Küste. Am 25. erreichten wir den Tsondab wieder in der Nähe seines Endes. Ich habe bei diesem Vorstoß in die Küsten- wüste den — allerdings durch die Laufänderung des Tsondab hervorgerufenen — Fehler gemacht, mich zu weit nördlich zu halten. Augenscheinlich haben sich im Winkel zwischen Kuiseb und Küste die Dünen besonders zusammengedrängt und sie sind hier auch besonders hoch und steil. Schon auf dem Rückwege konnte ich bemerken, daß die Dünen weiter nach Süden zu nicht allein nie- driger, sondern auch sanfter geböscht sind. Ich bin anscheinend gerade in die schwierigste Ecke hineingeraten, denn bei Sandwichhafen sind die Dünen wieder weniger schlimm. Von Awabes ritt ich über Büllsport zur Naukluft. In Johann-Albrechtsauelle,