W v69 20 Übrigens find in Boma, Matadi, Thysville, Leo- poldville und Brazzaville Eismaschinen vorhanden. Von Thysville geht die Bahn — mit wun- derbarer Aussicht — in großen Windungen ab- wärts. Das Bild ändert sich nunmehr völlig. Statt trockener, oft steriler Bergrücken durchquert die Bahn große Wiesenflächen mit Sümpfen; die Berge sind mit Hochstämmen und Lianen be- waldet. An den meisten Haltestellen sind Mango- bäume in großer Zahl angepflanzt. Die ganze Strecke, welche die Bahn durcheilt, ist beinahe unbewohnt; nirgends erblickt das Auge mensch- liche Niederlassungen oder Anlagen, die solche andeuten. An der Bahn werden manchmal einige Hütten sichtbar; sie gehören Bahnarbeitern. Erst im letzten Viertel sieht man Dörfer mit Strohhütten. Während der zweiten Hälfte der Bahnfahrt bemerkte ich mehrere Glossinen im Zuge. Sie scheinen sich, wie die Stubenfliege, der Bewegung des Zuges angepaßt zu haben. Eines der Tiere stach trotz des starken Luftzuges einen Bremser in die Wange und wurde voll Blut gesogen getötet; es war eine Glossina palpalis. In Kinshassa fand ich Unterkunft bei der Compagnie internationale des Transports du Stanley Pool (Citasc). Kinshassa besteht aus dem Gebäudekomplex der Kompagnie „Citas“ und einem Eingeborenendorf der Bangallas. Da die Umgebung von Kinshassa nicht saniert ist, und es an einer Biegung des Kongo unter riesigen Bäumen verborgen liegt, ist es nicht zu ver- wundern, daß bei Windstille eine Wolke von Moskitos darüber schwebt. Der Infektion ist um so mehr Tür und Tor geöffnet, als ein Ein- geborenendorf sich unmittelbar an die Europäer- niederlassung anschließt. Meist handelt es sich um eine große Culexart, die durch Oberkleider und Unterzeug sticht und so zur unerträglichen Plage wird. Eine andere sehr empfindliche Belästigung bildet eine große Art von Simulien, die Badenden und Fußgängern ungemein zusetzen. Ahnliche „Sandfliegen“ habe ich am Sanaga beobachtet. Die Jaunde nennen sie „Obik“, d. h. Menschen- blutsauger. Diese Simulien erzeugen einen Stich, der nach Verlauf mehrerer Stunden einen außer- ordentlichen, tagelang andauernden Juckreiz aus- löst. Unter dem Mikroskop sieht man diese etwa hirsekorngroßen Simulien mit mächtigem Stech- apparat ausgerüstet. Im Westen von Kinshassa liegt Dolo, eine versuche mit Glossinen usw. zu machen. große Gemüsegärtnerei, welche Leopoldville mit Gemüsen versorgt. Die Bewässerung wird sehr gut durch Pumpwerk vom Kongo her vermittelt. Eine Schlachtviehzucht befindet sich dabei. Morgens und abends wird je ein Rind geschlachtet (Leo- poldville hat etwa zweihundert Weiße). Die Rinder gehören teils der großen langgehörnten, teils der kleinen Rasse an, wie ich sie in Loangho gesehen habe. Erstere stellt ein Kreuzungsprodukt mit portugiesischen Rindern dar. Das Vieh wird auch zum Zug, zum Lastentragen und als Reit- tier angelernt. Vor Jahren herrschte eine Tsetse- epidemie unter den Rindern. Die kranken Tiere wurden separiert und geschlachtet; seitdem ist eine solche Erkrankung nicht wieder vorgekommen. Eine Masse Zecken und vor allem große Läuse in den Augenbrauen der Rinder wurden von mir bemerkt; trotzdem ist das Vieh in leidlich gutem Ernährungszustand. Am 25. August fuhr ich mit dem kleinen Dampfer „Simon“ der „Citas" nach dem gegen- überliegenden Brazzaville. Dort werden im Institut Pasteur die Schlafkranken unter Leitung zweier Kolonialtruppenärzte ambulant behandelt. Das Institut enthält sehr hübsche Einrichtungen, Mi- kroskopierzimmer mit mehreren Tischen, Räume für Tierversuche und Isolierkammern, um Stech- Einer der Arzte äußerte sich nicht sehr günstig über die Atoxyltherapie und die eventuell vorkommenden Heilungen. Brazzaville ist außerordentlich saniert und durch die besondere Fürsorge des Gouvernements zu einer mustergültig angelegten Stadt geworden. Große Buschstrecken sind niedergelegt und Sümpfe ausgetrockhnet. Seitdem ist, im Gegensatz zum gegenüberliegenden Kinshassa, die Moskitoplage verschwunden. Imponierend ist die große zemen- tierte Markthalle mit Wasserspülung, wo die Produkte der wohlgeregelten Flußfischerei und der Gemüsegärten verkauft werden. Unterkunfts- häuser für durchreisende Beamte sind in Bau. Auf den schönen breiten Straßen spielt sich be- sonders gegen Abend ein lebhafter Verkehr der europäischen Bevölkerung zu Wagen und zu Pferd ab; auch die ostasiatischen Rikschas fehlen nicht. Ein solide gebautes Klubhaus in schöner Lage am Strande des Kongo fördert die Geselligkeit. Auch in Brazzaville ist die Wohnungsfrage glücklich gelöst. Die farbige Bevölkerung ist durchaus aus der Wohnungszone der Weißen verbannt. (Schluß folgt.)