G 805 2eC tungen zur Holzeinnahme für große Fahrt ist, so wird allabendlich gegen 4 Uhr gelandet, um Holz zu schlagen oder bei einem sog. Holzposten auf bel- gischer oder französischer Seite des Kongo Holz zu kaufen. Nächtliche Fahrten können der Un- sicherheit des Fahrwassers wegen nur in hellen Vollmondnächten durchgeführt werden. Da der Dampfer keine Passagiereinrichtung hat, war ich gezwungen, allabendlich am Lande im Zelt zu übernachten. Am vierten Tag geriet das Schiff bei voller Fahrt auf einen Felsen. Ich selbst wurde aus dem Stuhle geschleudert. Einer der farbigen Heizer stürzte auf die Kommandobrücke und meldete, daß das eindringende Wasser bereits das Feuer gelöscht habe, und daß der Dampfer im Begriffe sei, zu sinken. Eine unbeschreibliche Verwirrung entstand an Bord. Der Kapitän forderte mich auf, schleunigst in eines der beiden an den Seiten des Dampfers angeketteten, eisernen Boote zu steigen, da höchste Gefahr im Verzuge wäre. Das Notwendigste wurde in das eiserne Boot gepackt und, als der Kapitän, ich und die Mannschaft das Schiff verlassen hatten, nach dem Lande ab- gestoßen. Dort schlug ich sofort mein Zelt auf und bereitete mich, so gut es ging, auf einen längeren Aufenthalt vor. Der Unfall fand im Couloir statt, in der Nähe der Dunda-Post der amerikanischen Konzession. Der Kongo hat an dieser Stelle eine Breite von ungefähr 1500 m. Der Dampfer sank indessen nicht, trotz der heftigen Strömung, in der er sich befand; er hatte sich an mehreren Stellen auf den Felsen aufgesetzt. Der Kapitän kehrte deshalb mit einigen Leuten an Bord zurück, um die Ladung, vor allem auch mein Privatgepäck, an Land zu bringen, in dem sich u. a. ein wertvolles Mikro- skop befand. Die Ladung war am 10. September völlig aus dem Dampfer entfernt. Dadurch wurde dieser wieder flott. Die Löcher waren vorher mit Säcken verstopft worden, so daß es möglich war, den Kessel zu heizen und Dampf aufzumachen. So wurde der Dampfer auf der französischen Seite des Kongo zur Reparatur auf Sandstrand aufgesetzt; die drei Löcher wurden mit zwei Tonnen Zement gedichtet. Unsere Weiterfahrt begann am 14. September mit halber Kraft, nachdem anfänglich der Plan bestanden hatte, nach Brazzaville zurückzukehren, um dort den Schaden gründlich auszubessern. Der Dampfer leckte immer noch so, daß zwei Leute fortwährend Wasser auszuschöpfen hatten. Während des sechstägigen Landaufenthalts unter dem Zelte wurde ich weniger von Moskitos als von Glossinen heimgesucht. An heißen Tagen war die Zudringlichkeit der Glossinen unerträglich; sie stachen durch Oberkleider und Unterzeug und verkrochen sich in den Kleiderfalten, um Blut zu saugen. Der Stich war momentan nicht schmerz- haft, hinterließ aber große juckende Stellen. Jedenfalls habe ich die Glossinen in Kamerun niemals, auch nicht in heißester Mittagszeit oder vor einem Gewitter, so angriffslustig gefunden wie hier am Kongo. Ich bin ungefähr zwanzig Mal täglich gestochen worden, trotz des so dringend empfohlenen „mechanischen Schutzes“, d. h. trotz ausgiebiger Bekleidung. Die zahlreichen Kroko- dile im Kongo, stumpf= und spitzschnauzige, bieten den Glossinen reichliche Nahrung, aber die Arzte Dr. Broden und Martin stehen der Auffassung sehr skeptisch gegenüber, daß eine Ausrottung der Krokodile der Schlafkrankheit irgendwie Abbruch tun würde. Die Glossinen würden dann eben an anderen Reptilien und Geschöpfen anderer Tierklassen Nahrung suchen. Ich erinnere nur an die zahlreichen Buschschweine, die nirgends auszurotten sind. Wie vielseitig die Glossinen in der Wahl ihrer Nahrungsquellen sind, habe ich erfahren, als ich am Dscha auf dem Marsche im Busch von einer glossina fusca gestochen wurde. Ich habe das Exemplar konserviert, um jedem Irrtum vorzubeugen. Leider gelang es mir nicht, auf unserer Fluß- fahrt eines der Krokodile, von denen die breit- schnauzige Art als sehr gefährlich gilt, zu erlegen. Blutausstriche wären mir sehr erwünscht gewesen. Bei dem niederen Wasserstande wurden oft mehrere Tiere von respektabler Größe auf den Sandbänken ruhend gesehen. Sie werden jedoch beim Herannahen des Dampfers häufig von einer Art Strandläufer derartig umschwärmt und viel- leicht auch angestoßen, daß sie erwachen, den meist im Schlafe geöffneten Rachen schließen und im Wasser verschwinden, bevor ein Schuß an- gebracht werden kann. Während meines unfreiwilligen Aufenthalts am Lande besuchte mich ein Belgier, der auf der amerikanischen Konzession angestellt war; er stellte mir Eier und Hühner zur Verfügung. In seiner Begleitung besuchte ich zwei Dörfer der Ein- geborenen. Die Bafurunga sind ein Volksstamm, der auf 20 000 Seelen (2) berechnet wird und zwischen dem Kongo und dem Sekwango wohnt. Die Eingeborenen sollen sich erst neuerdings wieder dem Ufer des Kongo nähern, nachdem in früherer Zeit die Schlafkrankheit enorme Opfer von ihnen gefordert hat. Ein Dorf war provi- sorisch aus großen Blättern der Borassuspalmen errichtet. Die eigentlichen Hütten sind rechteckig, mit gewölbtem Dach aus Rohr und Palmblätter- geflecht. Die Eingeborenen tragen die mittleren oberen Schneidezähne bis auf den Wurzelkanal so zu- gefeilt, daß das äußere Drittel des Zahnes er-