W 994 20 Kolonialwirtschaftliche OMitteilungen. Jum Baumwollbau in Deutsch-Ostafrika. Der natürlichen Entwicklung des Baumwoll= versuchswesens in Deutsch-Ostafrika folgend, soll nach einem zwischen dem Reichs-Kolonialamt und dem Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee getroffenen Abkommen die Baumwollversuchspflanzung des Komitees Mpanganya im Rufiyigebiet nunmehr als Baumwoll-Saatzuchtstation des Gouvernements eingerichtet und ausgestaltet werden. Die üÜber- gabe an die Regierung ist am 1. Oktober d. Is. erfolgt, unter der Voraussetzung, daß dem Ko- mitee die Berichte über die Ergebnisse der auf wissenschaftlicher Grundlage zu betreibenden Saat- zucht-, Baumwollsorten-, Düngungsversuche und Versuche zur Bekämpfung von Schädlingen zur Verfügung gestellt werden. Der Zweck der im Jahre 1906 vom Komitee errichteten Baumwoll- versuchspflanzung Mpanganya, als Propaganda- und Lehrstation im Rufiyigebiet zu wirken, ist erreicht. Der Baumwollbau der Eingeborenen hat in den Bezirken Mohorro und Kilwaoa festen Fuß gefaßt und unter allen Baumwollgebieten der Kolonie die größte Ausdehnung genommen. Die Produktion ergab jährlich zwischen 500 und 900 Ballen zu 500 Pfund. Die Qualität der Rufiyi-Baumwolle war durchaus zufriedenstellend. Der Durchschnittspreis der ostafrikanischen Baum- wolle betrug im Halbjahre Mai/Oktober dieses Jahres 89½ Pfg. pro Pfund. Von mittleren und Großpflanzungen sind bereits über 45 000 ha Land belegt, deren Produktion mit der Zeit, die volle Bebauung vorausgesetzt, auf 30 000 bis 50 000 Ballen geschätzt werden darf. Im Laufe der Jahre sind im Rufiyigebiet drei Entkörnungs- fabriken in Betrieb gesetzt, welche sich dem Komitee gegenüber verpflichtet haben, jedes Quantum Baumwolle für jedermann zu ginnen, zu pressen und seemäßig zu verpacken, und ferner den hier- für zu berechnenden Gebühren einen vereinbarten Einheitspreis zugrunde zu legen. Zur weiteren Förderung der Eingeborenen- kultur hat das Komitee ferner den Bezirksämtern Mohorro und Kilwa zunächst pro 1910 3000 MA für Pflanzprämien zur Verfügung gestellt. Diese Pflanzprämien werden in Höhe von je 15 Rps. gewährt, und zwar nach Vorschlag der Beczirks- ämter oder der Beamten des Komitees: für die bestgepfltegten Baumwollfelder, für die größte Menge und für die beste Qualität der ange- brachten Baumwolle. Neben den Pflanzprämien werden Hacken als Geschenke verteilt. Außerdem besteht für die Kolonie die Preis- garantie des Komitees von 8 bis 10 Heller je nach QOualität für 1 Pfund unentkörnte Baum- wolle. In den genannten Bezirken wird diese Preisgarantie des Komitees voraussichtlich nicht einsetzen müssen, da dort genügend Aufkäufer vor- handen sind, die höhere Preise für die Baum- wolle bezahlen. Die UÜbergabe von Mpanganya an die Re- gierung entspricht dem Grundsatze des Komitees, seine eigenen Versuchspflanzungen und technischen Einrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen an die Gouvernements und Interessenten über- zuleiten. Die Übernahme der Pionierarbeiten des Komitees als bleibende Dauerbetriebe durch die Regierung und Interessenten gilt dem Ko- mitee als die beste Quittung für den Wert der von ihm geleisteten Vorarbeit; sie entspricht auch der zwischen dem Reichs-Kolonialamt und dem Komitee bezüglich des Baumwollversuchswesens in allen Kolonien getroffenen Vereinbarung vom 14. März, nach welcher die Kolonialverwal= tung das gesamte landwirtschaftliche Ver- suchswesen staatlich organisiert, während das Komitee seine bestehende Organisation weiter entwickelt, nämlich: die kaufmännische Geschäftsstelle mit Pflug= und Gerätedepot in Daressalam, ferner Errichtung von Entkörnungs- anstalten und Aufkaufmärkten, Selbstaufkauf zu Garantiepreisen, Aufkauf und Lieferung von Saat- gut, Leistung von Pflanzprämien, Qualitäts- prämien, Pflugprämien, Transportvergütungen und Erntevorschüssen, Verwertung der Neben- produkte, Bereisung von Baumwollgebieten, wasser- wirtschaftliche Vorarbeiten, Kontrolle und Begut- achtung der Baumwollqualitäten in Deutschland, Ausstellung von Baumwolle und Baumwollkultur= und Erntebereitungsmaschinen. Die Abgrenzung der Arbeitsgebiete von Re- gierung und Komitee hat sich aus den fortgesetzt an Umfang wachsenden Aufgaben des Baumwoll= versuchswesens ergeben. Durch die Vereinbarung ist das Baumwollversuchswesen in den Kolonien auf eine breitere Grundlage gestellt. Ouchwirtschaft in Deutsch-Südwestakrina. Milchwirtschaft von Bedeutung wird zur Zeit nur in der Mitte und im Norden des Schuz- gebiets betrieben. Innerhalb und in unmittelbarer Nähe der größeren Ansiedlungen wird die Milch durch Verkauf in frischem Zustande verwertet, soweit diese Plätze aufnahmefähig find. Milchkonden- sation und ssterilisation sowie die Herstellung von Milchzucker finden nur vereinzelt Beachtung.