W 288 20 Das Verhältnis zwischen Pflanzungsgummi und der wilden Ware hat sich im Laufe der letzten zwölf Monate verschoben: während die feinsten Sorten des ersteren früher teuerer waren als der hard fine Para, war es später umgekehrt. Die Gründe dafür sind zunächst darin zu suchen, daß bei Beginn des Zusammenbruchs des Marktes in London die brasilianische Ware, die in wenigen Händen ist, der Abwärtsbewegung mehr Wider- stand entgegensetzte, als dies dem Pflanzungs- gummi möglich war. Dieser hatte zahlreichere Besitzer und stellte, der Hauptsache nach, eine zum bestmöglichen Verkaufe für Rechnung der Hersteller gesandte Ware dar, — nicht eine be- reits gekaufte. Ein eigentlicher Einstandswert, wie bei Para, war also nicht gegeben. Sodann ist zu berücksichtigen, daß die stetig wachsenden Zufuhren des angebauten Kautschuks seinen seitherigen Seltenheitswert beeinträchtigen. Die Folge ist, daß diese Ware in immer weitere Kreise dringt und besser bekannt wird. Wie früher schon betont, dürfte es im eigensten Vorteile der Fabrikanten sein, sich eingehend mit der Pflan- zungsware zu beschäftigen, für den Fall, daß die brasilianische Regierung in diesen Artikel ebenso eingreift, wie sie es bei Kaffee getan hat. Zu der Frage des zähen Nervs des Urwald- kautschuks, den der Pflanzer bestrebt ist, auch seinem Erzeugnis zu geben, ist zu erwähnen, daß weitere Fortschritte in Südasien gemacht worden sind durch Räuchern, ähnlich dem in Brasilien üblichen Verfahren. Das sich hierdurch ergebende Smoket Sheet findet vielen Beifall und erzielt höhere Preise als das ungeräucherte. Die niedri- geren Preise, denen wir entgegengehen, werden die Pflanzer zu weiteren Anstrengungen zwingen, den Nerv des Pflanzungsgummis zu verbessern. Inwieweit das Alter der Bäume hier mitspricht, scheint noch nicht sicher ermittelt zu sein. Die früheren Mitteilungen hierüber aus Fachkreisen haben sich nicht wiederholt. Die Hartnäckigkeit, mit der die in England wohnenden Besitzer von Pflanzungen an dem alten Brauche festhalten, die mit ihrem Gelde erzeugten Ernten nach Hause zum Verkaufe kommen zu lassen, hat für die europäischen Fabrikanten das Gute, daß sie sich ihre Rohware sehr billig ein- decken können. Die geringen direkten Bezüge aller Länder außer Amerika erklären sich durch diesen Umstand. Indessen die hierdurch bedingte Verschiedenheit der Märkte wird sich immer mehr ausgleichen durch das Anwachsen der Ernten und durch die weitere Entwicklung des Colombo- Marktes. Auch die niedrigsten seither in London für ostasiatischen Pflanzungsgummi erzielten Preise waren noch nutzbringend; aber welche Werte uns die Zukunft bringen wird, mag man aus folgen- den Zusammenstellungen erraten. Angebaut sind Anfang 1911 laut dem „India Rubber Journal“ in: Malayische Halbinsel. 400 000 Acres Cehboon: 000 Holl. Indien, Borneo, Südsee. 200 000 Südindien und Bunmm 5000 = Deutsche Kolonen 45 000 Mexiko, Brasilien, Afrika, Westindien 100 O000 - zusammen 9980 000 Acres also ungefähr 400 000 Hektar. Daß uns große Ernten aus diesen ausgedehn- ten Ländereien bevorstehen, ist längst allgemein bekannt. Aber man ist jetzt zu der Überzeugung gekommen, daß man die Leistungsfähigkeit der Hevea brasiliensis in Asien bisher unter- schätzt hat. Trotzdem war es überraschend, aus einer Rede des Gouverneurs der Malayischen Halbinsel, Sir John Anderson, bei einer landwirtschaftlichen Ausstellung zu vernehmen, daß bis 1916/17 dieses Land alleine 70 000 Tonnen Kautschuk von seinen Anpflanzungen liefern werde. An Zweiflern und Widersprechern hat es nicht gefehlt, auch nicht an Verteidigern. Die Formel, daß 5 Acres 1 Tonne Gummi liefern in jenen Gebieten, ist von durchaus fachmännischer Seite aufgestellt worden, und danach wäre die Schätzung des Gouverneurs gerechtfertigt. Für Ceylon nimmt man die Ertragsfähigkeit einstweilen halb so groß an, nämlich auf 10 Acres 1 Tonne, und danach stimmt eine vom „Ceylon Observer“ (Ferguson) gemachte Berechnung, daß diese Insel uns bis 1916/17 etwa 19000 Tonnen liefern wird. - Eswärennunnoch380000Acrcsfonstauf der Welt übrig, über die, mit Ausnahme der deutschen Ansiedlungen, uns zahlenmäßige Angaben nicht in dem Maße zur Verfügung stehen wie für Ceylon und Malaya. Von diesen liegen 235 000 Acres in Holl. Indien (Sumatra und Java), Borneo, Burma und Südindien — und nahezu 200 000 Aeres sind darunter mit Hevea bepflanzt —, der Rest besteht aus Ficus, Castillog, Manihot usw. Es scheint berechtigt, anzunehmen, daß diese 2350000 Acres im Durchschnitt ebenso gute Ernten liefern können wie die 2000000 Aecres in Ceylon, nämlich ungefähr 20000 Tonnen. Bleiben noch Anpflan= zungen in den deutschen Ansiedlungen, in Mexiko, Brasilien, Afrika, Westindien usw. usw. zu berück- sichtigen, zusammen 145000 Acres. Hier handelt es sich mehr oder weniger um alle bekannten Arten von Kautschuk, die teilweise unter anderen Witterungsverhältnissen wachsen als die Hevea in Südasien, und es ist schwer, auch nur annähernd deren Ernten zu schätzen.