W 632 20 Bauwerk schon gar nicht zu passieren; das jen- seitige Steilufer mußte man von einem Felsblock aus mittels angelehnter Stangen, an denen man emporkletterte, gewinnen. Das Hinüberbefördern der Lasten machte erhebliche Schwierigkeiten. Von jetzt ab wurde die Sache für uns inso- fern schwieriger, als die Kaisprache hier zu Ende war. Die Leute auch diesseits des Sopa sprechen zwar schon einen anderen Dialekt, aber es sind doch immer einige darunter, die Kai verstehen. Wir mußten also einen Dolmetscher anwerben, und gegen ein Buschmesser erklärte sich auch ein junger Mann bereit, uns zu begleiten, obschon jenseits des Flusses nach seiner Versicherung seine Feinde wohnten. Aber einerseits setzte er in bezug auf seine Sicherheit wohl einige Hoffnung in uns und unsere Gewehre, anderseits ist in jener Gegend ein Buschmesser ein sehr verlockender Artikel, der hoch im Werte steht. So zogen wir denn weiter los und erreichten auch gegen Abend das Dorf Gulu Masuang auf 680 m Höhe. Alle Bewohner waren ausgerissen bis auf eine junge Frau mit einem kleinen Kind, die uns, anscheinend gar nicht schüchtern, mit lebhafter Rede empfing. Die andern Bewohner steckten, für uns unsichtbar, wie sich nachher herausstellte, gar nicht weit davon im Busch; sie wollten zusehen, was wir mit der Frau anfingen und danach ihr Verhalten einrichten. Das ist zwar mehr vorsichtig als ritterlich, ist aber, wie ich selber mehrfach schon früher erfahren habe, hier verschiedentlich Brauch. Geschmeichelt konnten wir uns insofern fühlen, als sie dazu, wie wir hernach feststellen konnten, wirklich das schönste Exemplar einer Frau ausgesucht hatten, über das sie verfügten, und wenn man von der gut 5 mm dicken Schmutzkruste auf ihren Wangen und sonstwo absah, mochte sie auch nach euro- päischem Geschmack für passabel gelten. Als unser Dolmetscher ihr den Zweck unseres Kommens er- klärt hatte und wir unsere Tauschartikel sowie die hohlen Bäuche unserer Jungen zeigten, rief sie die übrigen Bewohner herbei, und ein gutes Einvernehmen war bald hergestellt. Wir fingen nun auch an, die Temperaturen zu messen und hatten früh um ½9 Uhr beim Abmarsch 26 Grad Celsius. Die Temperatur sank nun, je weiter wir anstiegen; wir hatten um ½10 Uhr auf 800 m 26,5 Grad und ½11 Uhr auf 1000 m Höhe 26 Grad. Nachmittags ¾5 Uhr erreichten wir auf gutem Wege 1466 m und hatten hier 25 Grad. Von hier kamen wir dann auf 1230 m in das Dorf Helianqueque, wo wir übernachteten. Tem- peratur früh 8 Uhr 25 Grad Celsius. Wir mußten nun in das tiefe Kuatal auf sehr steilen Pfaden hinunter, und stellenweise war die Gefahr groß, daß man durch sich in Bewegung setzendes Gestein verletzt wurde. Der Fluß liegt auf 540 m und war ganz ungeheuer reißend. Er befördert an der Uüberschreitungsstelle mindestens 10 chm Wasser pro Sekunde. Wir überschritten den Fluß auf einer primitiven Hängebrücke, die aber sehr geschickt angebracht war. Beim über- gang mußten Hände und Füße gebraucht werden, und ein Blick auf das unten vorbeischießende Wasser genügte, um sofort starken Schwindel her- vorzurufen. Nachdem wir mit Gepäck und allem glücklich hinüber waren, blieb nichts anderes übrig, als von neuem zu klettern anzufangen, denn Ge- birgszug erhebt sich hier hinter Gebirgszug. Den Tag vorher hatten wir auf 1400 m Höhe die ersten Fichten angetroffen. Die Nadeln derselben mochten etwas kürzer und dünner als die bei den europäischen sein, der Astbau und die Benadelung an und für sich war aber den deutschen Fichten vollkommen gleich. Die Berge, die wir zwischen dem Kua und dem Bulong passierten, waren zum weitaus größten Teil mit Gras bestanden. Um ¾¾10 Uhr erreichten wir wieder eine Höhe von 1570 m und hatten eine Temperatur von 23,5 Grad Celsius. Der Berg war bewaldet, und Nadelhölzer kamen hier schon ziemlich häufig vor. Wir konnten drei Arten feststellen. Unsere Leistungs- fähigkeit im Bergsteigen hatte, trotz der oft sehr schwierigen Wege, ganz bedeutend zugenommen, was teils auf die Übung, teils auf die günstigere Temperatur zurückzuführen war. Mit dem weiteren Vordringen ins Gebirge nahm auch unser Appetit zu, und wir konnten in bezug auf Essen ganz Ungeheuerliches leisten, so daß ich mich geniere, die Quantitäten zu verraten, die wir jeweils ver- schlangen. Eingeborene können nach dieser Rich- tung hin auch etwas zuwege bringen, aber wir gaben ihnen nichts mehr nach. Dieser Zustand war aber nicht vorübergehend, sondern hielt an, so daß wir schließlich unsere Reise, trotz der damit verbundenen körperlichen Anstrengungen, als sehr gute Erholung betrachten konnten. Moskitos bemerkten wir nicht, aber da- für machte sich bald eine andere Plage geltend, und das waren die Flöhe. Diesen Tierchen sagt das Höhenklima auch entschieden besser zu als die heiße Küste, denn die Hunderte, die wir schließlich mit herausbrachten, verschwanden in zwei Tagen, als wir wieder im heißen Küstengebiet waren. Ich werde nicht verfehlen, mich bei künftigen, ähnlichen Touren reichlich mit Insektenpulver zu versehen. Mit spätem Abend erreichten wir das Dorf Simisaum auf 1060 m Höhe, wo wir auch übernachteten. Es ist bei derartigen Expeditionen immer zu beachten, daß man möglichst Dörfer zum Lagern zu gewinnen sucht. Erstens bekommt man für seine Leute zu essen, und das Handels- geschäft ist sehr geeignet, das Vertrauen der Leute zu gewinnen; zweitens kommt man leichter dazu,