635 2O Höhenschätzen angeeignet, die Maße stimmten hernach fast ganz genau. Soviel war uns klar, daß wir mit unserer Ausrüstung nicht imstande seien, noch erheblich weiter ins Hochgebirge vor- zudringen, zumal da auch die Wege zu Ende ge- wesen wären und man auf gänzlich ungebahnten Pfaden nur sehr geringe Leistungen erzielt. Der Temperatur nach mag es sehr wohl sein, daß auf den höchsten Kuppen Niederschläge in Gestalt von Schnee vorkommen, wir konnten aber weder solchen noch Reif bemerken. Wer übrigens sich nicht in solch unmittelbarer Nähe der höchsten Gebirgsgipfel befindet wie wir, mag sich auch leicht täuschen lassen, denn das helle, fast weiß- liche Gras vermag, namentlich wenn die Sonne darauf scheint, auf weitere Entfernung leicht den Gedanken an Schnee wachzurufen. Wir verfolgten unseren eingeschlagenen Weg weiter und er führte uns zunächst bergan auf eine Höhe von 3100 m, den höchsten Punkt, den wir erreichten und der meines Wissens in Deutsch-Neuguinea je erreicht worden ist. Es war nachmittags 2 Uhr und die Temperatur betrug 20 Grad Celsius bei heiterem Wetter. Von da ging es dann bergab in nord- östlicher Richtung, und abends spät gelangten wir auf 1840 m ins erste Dorf des Kombe-Stammes. Unterwegs hatten wir auf 2900 m eine steile Kalkwand zu passieren, auf der verstreut Edelweiß wuchs. Die Pflanzen sind erheblich größer als die europäischen und die Blüte ist silbergrau. Im Dorfe wurden wir von etwa 150 Männern feierlich empfangen, Lebensmittel und ein Schwein wurden sofort gebracht, und ein lebhaftes Handels- geschäft hatte sich bald entwickelt. Als wir am anderen Tage von einem geeig- neten Platz aus die Situation betrachteten, lag vor uns nach der Küste zu langsam abfallendes, verhältnismäßig wenig kupiertes Terrain, das aus mehreren mit Gras bestandenen Hügelreihen sich bildete. Es schien gleichsam dafür geschaffen zu sein, einen Weg nach der Küste zu bilden, der freilich stellenweise auch seine bedeutenden Schwierigkeiten bot, wie sich auf dem Marsch später herausstellte. In nordwestlicher Richtung waren es die hochragenden Berge des Finisterre- Gebirges und im Osten die äußersten Gürtel des Cromwellstockes, die unsere Bewegungen be- schränkten. Ich will über den Marsch zur Küste weiter nichts mehr erwähnen, als daß die durch- wanderten Landschaften sehr bevölkert waren — wir schätzten den Kombe-Stamm z. B. auf 3000 bis 4000 Seelen —, moöchte aber noch einiges über die Gebirge anfügen. Rawlinson-, Cromwell- und Finisterre-Gebirge scheinen im Innern alle drei an dem oben beschriebenen, ein un- geheures Massiv bildenden Hochgebirge von durch- schnittlich 4000 m Höhe zu hängen, dessen höchste und markanteste Kuppe der Luitpoldberg zu sein scheint, wenigstens konnte von uns nichts Ahn- liches mehr gesichtet werden. Wie die Sache nach der Markhamseite hin aussieht, kann erst durch eine Besteigung des Gebirges von dort her fest- gestellt werden. Von der Ebene aus läßt sich hierüber nichts behaupten, denn die Dunst- atmosphäre läßt ohnedies wenig Einblick zu, und schon die ersten Höhen verdecken das Dahinter- liegende vollkommen. Es ist wohl begreiflich, daß wir sehr gern den Luitpoldberg erstiegen hätten, und man wird es verzeihlich finden, wenn wir uns vornahmen, es später mit besserer Ausrüstung zu versuchen. Der Kostenüberschlag indessen sagte uns, daß dieses hochinteressante Projekt von uns auf längere Zeit hinaus zurückgestellt werden müsse, denn die Beiträge, die auf den einzelnen fielen, sind für unsere Verhältnisse recht erhebliche. . ch habe nun im Vorstehenden versucht, das- jenige, das mir hauptsächlich von allgemeinem Interesse schien, möglichst kurz darzulegen, ein erschöpfender Bericht von den mancherlei Müh- salen, humoristischen Zwischenfällen und auch von den kleineren Beobachtungen ist damit keinesfalls gegeben. Sollte jemand sich für einzelnes mehr interessieren, so bin ich zu ausführlicherer Spezial- auskunft gern bereit. Schließlich bleibt es mir noch übrig, mit Dank meiner beiden Begleiter, der Herren Missionare Pilhofer und Flierl, zu gedenken und nochmals zu betonen, daß es in der Hauptsache deren Landeskenntnis und Ge- schicklichkeit im Verkehr mit den Eingeborenen war, die unserer Expedition einen friedlichen Verlauf und ein gutes Gelingen sicherten. Kolonialwirtschaftliche Oittellungen. Deutsche Samoa-Gesellschaft.“) Die Kakaopflanzung unserer Niederlassung in Tapatapao befand sich während des Berichtsjahres in guter Verfassung bis auf eine Parzelle von 10,2 han (25 Acres). Diese konnte erst unter Annahme von Hilfskräften in Ordnung gebracht werden, wobei sich * Aus dem Geschäftsbericht für 1910. herausstellte, daß die Annahme des Direktors Deeken, d die Hälfte der Bäume die UÜberwucherung über- standen habe, leider durchaus irrig gewesen ist, da fast 80 v. H. des Bestandes verloren gegangen war. Bei dieser Gelegenheit muß erklärt werden, daß die im Jahre 1908 durch die damalige Betriebsleitung erfolgte Verringerung der Arbeiterzahl sich als ein großer Fehler erwiesen hat, da dadurch die Vernachlässigung