W664 20 Das gesamte von der Expedition durchzogene Gebiet ist außerordentlich dünn bevölkert. Dies scheint auf beiden Ufern in unmittelbarer Nähe des Flusses in ziemlich gleicher Weise der Fall zu sein, sonst halte ich das Nordufer im weiteren Sinne für verhältnismäßig dichter besiedelt. Es zerfällt ethnographisch in zwei völlig verschiedene Gebiete, deren Trennungslinie durch die Wasser- scheide zwischen Mbam und Nun westlich Tsungo gebildet wird. In den Winkel östlich dieser Wasserscheide hat sich früher der Einfluß der Ba- wute erstreckt, die Einwohner waren ihre Hörigen („Nigger"). Noch jetzt sieht man neben den hier offenbar ursprünglich üblichen viereckigen Häusern zahlreiche Rundhütten, und offenkundige Spuren von früheren Ortschaften legen die Vermutung nahe, daß dieses Gebiet früher weit dichter be- völkert war. Es liegen hier die Landschaften Bafak und Balom, erstere dem Wonang gehörig. Ob die Balom mit den am Mbam sitzenden Balom (-Bafia) verwandt find, habe ich leider nicht feststellen können. Die Bevölkerung des übrigen nördlich vom Nun bereisten Gebietes muß zu den Bamum- stämmen gerechnet werden. (Balom und Ban- gongo brauchen zur Verständigung Dolmetscher.) Es fällt hier auf, daß die Leute — mit Ausnahme der Bangongo — nicht in geschlossenen Ortschaften zusammenwohnen. Die Häuser stehen vielmehr weit verstreut, selten mehr als vier auf einem Fleck, und das Ganze sieht ähnlich aus wie ein von der Ansiedlungskommission aufgeteiltes Gut in einer der östlichen Provinzen Preußens. Die Hütten sind durchweg die 3 bis 4 m hohen Bamumhäuser mit Lehmwänden und sehr hohem, steilem Grasdach; Haus und Dachraum sind durch eine Decke getrennt. Die Bevölkerung war überall freundlich und entgegenkommend. Die von mir durchzogenen Landschaften sind in der Reiserichtung (von Osten nach Westen): Bangongo, Banja, Fomakang, Balom (Lum), Balua, Baua, Baka, Bassangum, Bassang (Bat- schang) und Bale. Nur Balom und Bale liegen unmittelbar am Nun, ich glaube jedoch mit Sicher- heit annehmen zu können, daß die übrigen die dem Nun nächstgelegenen Ansiedlungen sind. Einzig Bassang könnte eine Ausnahme bilden: zwischen diesem und dem Flusse müßte nach der Karte Bakufen liegen. Es ist mir indessen nicht gelungen, bestimmte Angaben darüber von den Eingeborenen zu erhalten. Auf dem Südufer waren unmittelbar am Flusse stets nur die Farmen, die von den Hörigen der betreffenden Stämme bearbeitet wurden. Jenseits der Berge wohnten dann, wie dorthin abgeschickte Patrouillen feststellten, die Besitzer. An Namen von Landschaften sind mir dort Banssa und Ban- gangte genannt worden. Die Hörigen der Banssa waren außerordentlich scheu: sie liefen fort, sobald sie mich oder einen Soldaten nur von weitem erblickten. Besser war es in den zu Bangangte gehörigen Niederlassungen Bangafonssim und (öst- lich davon) Bangafonkang. Große Schwierigkeiten bereitete hier die Beschaffung der Verpflegung; es mußten stets Patrouillen gehen, um die Be- wohner der Hauptdörfer zur Lieferung zu be- wegen. An fünf Marschtagen traf ich dann gar keine Ansiedlungen, und ich nehme an, daß in dieser Richtung Kargaschi und Bangangte die dem Nun nächstgelegenen Ortschaften sind. Erst wenig westlich von der Einmündung des Nun in den Mbam findet sich die Landschaft Jambeta; östlich davon Musche. Nördlich des Nun wurde, außer in Bafak Balom, durchweg Bamum gesprochen; auf dem Südufer schien mir jede Landschaft ihre eigene Sprache zu haben. Die Vegetation des durchzogenen Landes be- steht im wesentlichen aus Gras= und Krüppel- holzsteppe. Krüppelholzsteppe findet sich auf dem ganzen Nordufer des Nun, auf dem Südufer ist häufiger Grassteppe. Die meisten der größeren Bäche sind von Galeriewald begleitet; beim Nun ist dies nur streckenweise der Fall. In der Nähe des Saanju wird das Krüppelholz so hoch, daß es den Eindruck eines lichten Waldes macht; über- haupt ist das Südufer abwechslungsreicher. Das Gras war im allgemeinen nicht mehr als meter- hoch, auf den reinen Grassteppen schien es sogar niedrig zu bleiben. Mit Ausnahme der zuletzt erwähnten Stellen machte das Land nördlich wie südlich des Nun einen gleichmäßig fruchtbaren Eindruck. Fast überall fand ich Planten, Bananen, Kassada, Jams, Mais, Erdnüsse, Kürbisse, Süßkartoffeln und Makabo; nie jedoch war Kassada, wo es Jams und Makabo gab. Sehr viel wurde Tabak gebaut, Olpalmen sah ich nur recht wenige. An einzelnen Orten wuchs Baumwolle wild, indessen stets vereinzelte Sträu- cher. Im Gras fand ich an einer Stelle (bei dem Weg Bangangte—Baka). Agaven. Vieh habe ich sehr wenig gesehen. Rinder waren gar nicht vorhanden, Schafe und Ziegen in geringer Zahl, nur Hühner gab es reichlich. Der Verkehr der Eingeborenen untereinander und der geringe Durchgangshandel beschränkt sich auf wenige Straßen; sonst herrscht wenig Zu- sammenhang unter den Leuten und in keiner Landschaft vermochten sie mir den Weg weiter als bis zur nächsten zu zeigen. Die Hauptstraßen sind von Osten nach Westen folgende Wege: .