W 760 20 wird die so glücklich von meinem Vorgänger in- augurierte Eisenbahnpolitik energisch fortgesetzt. In Ergänzung derselben ist von mir ein ausführliches Programm zur Hebung der tropischen und sub- tropischen Plantagen-, Farm= und Eingeborenen- wirtschaft für die afrikanischen Kolonien aufgestellt und bereits in der Ansführung begriffen, während das Gouvernement des aussichtsreichen Schutz- gebiets von Neuguinea mit der Beibringung der Unterlagen für die Aufstellung eines Wirtschafts- planes beschäftigt ist. Je mehr neue Gebiete der Rohstoffproduktion erschlossen werden, desto mehr neue Absatzmöglichkeiten bieten sich auch für die Erzeugnisse unserer heimischen Industrie. Wie groß der Vorteil ist, den bereits heute unser Handel und unsere Schiffahrt aus den Kolonien ziehen, ergibt sich schon allein aus dem Umstande, daß nach unseren afrikanischen Schutzgebieten nicht weniger als drei bedeutende sich dauernd ver- größernde deutsche Schiffsverbindungen bestehen, die wesentlich durch den Export nach und den Import aus unseren Kolonien unterhalten werden. Es ist erfreulich, zu konstatieren, daß diejenige dieser Schiffslinien, deren Bilanz uns zugänglich ist, im letzten Jahre eine Dividende von 8 v. H. verteilt hat. Auch die neueste Handelsstatistik gibt wieder ein günstiges Bild. Der Handel ist auch im letzten Jahre wieder in sämtlichen Kolonien in erfreulicher Zunahme begriffen gewesen. So hat er im Jahre 1910 gegen das Jahr 1909 in Ostafrika und Kamerun um je 12 Millionen zu- genommen und ist damit in Kamerun auf 45, in Ostafrika auf 59 Millionen gestiegen, während Südwest eine Steigerung von 22 Millionen auf- weist, wogegen sich allerdings in diesem Schutz- gebiet die Bilanz des ersten Vierteljahres des Jahres 1911 verschlechtert hat. Mit geringen Steigerungen folgen dann Neuguinea mit 6 Milli- onen, Togo, das 1910 besonders unter dem Klima zu leiden hatte, und Samoa mit je einer 3/8 Million; das bedeutet alles in allem eine Zunahme unseres gesamten Kolonialhandels im Jahre 1910 um rund 54 Millionen, so daß der Gesamthandel mit unseren Kolonien nunmehr 232 Millionen Mark be- trägt. In Prozenten ausgedrückt, ist der Handel in Ostafrika gestiegen um 26,3 v. H. Kamern - -37,2 - Südwestafrika - . 39,1 Togo - = 4 - Samoa 2 -10 - Dt. Neuguina (ausschl. Inseln) "b . 46,5 = Inselgebielt - 66,3 - der Gesamthandel der Kolonien um 31,4 v. H. gestiegen. Die Statistik ergibt, daß die Zunahme des Einfuhrhandels durchaus nicht allein oder in erster Linie durch das Eisenbahnbaumaterial be- einflußt worden ist. So hat die Einfuhr von Baumwollgeweben in Ostafrika um 1½ Millionen, die von Textil-, Filz= und Bekleidungswaren in Kamerun um über 3 Millionen zugenommen. In Ost= wie Südwestafrika ist eine erhebliche Steigerung von Maschinen aller Art zu landwirt- schaftlichen, industriellen und Transportzwecken zu verzeichnen. Ich habe vorhin von der Wichtigkeit der Be- schaffung von Rohstoffen aus unseren Schutzgebieten für unsere Industrie gesprochen, lassen Sie mich auch hier einige vergleichende Zahlen geben, aus denen Sie ersehen werden, daß es auch in dieser Beziehung stetig aufwärts geht. Ich möchte hier nicht nur auf das letzte, sondern auf die letzten 4 bis 5 Jahre zurückgreifen. Da finden wir, daß die Gesamtausfuhr des für unsere Antomobil- und die sonstige dieses Produkt benötigende Fabrikation so wichtigen Kautschuks in den Jahren 1906 bis 1910 von 1630 t auf 2900 t gestiegen ist, was bei einem Jahresverbrauch von etwas über 15000 t nahezu ½ des deutschen Bedarfs dar- stellt, wobei ich bemerken will, daß ich in diesem Sommer in London bei dem Besuch der Kautschuk- ausstellung in Gesprächen mit in- und ausländischen Industriellen und Pflanzern die bestimmte Über- zeugung gewonnen habe, daß wir auch mit unseren geringwertigeren Plantagenkautschuken, insbeson- dere Manihot und Kicksia, mindestens noch eine ganze Reihe von Jahren konkurrenzfähig bleiben werden, wenn wir auch unbedingt überall da, wo — wie in großen Gebieten von Kamerun und Neuguinea — Boden und Klima dazu geeignet sind, hochwertigen Kautschuk — vor allem Heves brasiliensis — pflanzen sollten. Noch weit wichtiger, ja geradezu brennend für unsere Textilindustrie ist ja die Baumwoll- frage. Ein wie intensives Interesse ich gleich meinem Vorgänger gerade diesem Rohprodu# zuwende, dürften Sie, meine Herren, aus der Denkschrift des letzten Winters ersehen haben- Inzwischen ist durch Neugründung einer Reihe von Versuchsstationen eine Grundlage für die Ausdehnung des Anbaus von Baumwolle ge- wonnen worden, so daß zu hoffen ist, daß der Export aus unseren Schutzgebieten — vorläufig kommen nur Ostafrika und Togo in Betracht doch ist die Erkundung von Baumwollgebieten in Kamerun eingeleitet —, der in den letzten 4 Jahren von 390 t auf 1090 t gestiegen ist, künftig in erheblich schnellerem Tempo zunehmen wird. # Sehr wichtig für unseren heimischen Markt i# weiter die Produktion der Olfrüchte. Von solchen, die auch in unseren Kolonien gewonnen werden können, sind im Jahre 1909 allein für 175 Millionen