W 762 20 seits stets vor Augen halten, ob und in welchem Umfange auch die Kolonien Nutzen aus ihnen ziehen können. Monopolartige Rechte, welche in früheren Zeiten wegen der wenig gesicherten Ver- hältnisse in unseren Schutzgebieten eine gewisse Berechtigung gehabt haben mögen, werden bei dem derzeitigen Entwicklungsstadium, in dem sich unsere kolonialen Besitzungen befinden, im all- gemeinen nicht mehr verliehen werden. Ich habe geglaubt, Ihnen heute, wo diese Kommission zum ersten Male zusammentritt, selbst auf die Gefahr hin, Ihnen Bekanntes zu sagen, einen kurzen Überblick über den derzeitigen Stand der Kolonialwirtschaft geben zu sollen. Gestatten Sie, daß ich noch der Hoffnung Ausdruck gebe, daß es der Kolonialverwaltung in gemeinsamer Arbeit mit Ihnen gelingt, wobei ich bemerke, daß ich für jede Anregung und jeden Rat aufrichtig dankbar sein werde, Gedeihliches für die Weiter- entwicklung unseres zu schönen Hoffuungen be- rechtigenden Kolonialbesitzes zu schaffen.“ # 1 Darauf trat die Versammlung in die Tages- ordnung ein, deren erster Punkt die Frage der Kreditorganisation in den deutschen Schutz- gebieten, mit besonderer Berücksichtigung von Südwestafrika betraf. Die Kommission hat sich dann bei ihren zweitägigen sehr eingehenden Ver- handlungen auf die gründliche Erledigung dieses Punktes beschränkt. Der zweite Punkt, betreffend Maßnahmen gegen Mißstände bei der Gründung kolonialer Unternehmungen, wurde zunächst einer Subkommision über- wiesen. Die Verhandlungen über die Ausgestaltung des Kreditwesens in den Schutzgebieten verliefen durch die rege Anteilnahme aller Mitglieder der Kommission außerordentlich interessant und leb- haft. Nachdem der Staatssekretär auf die Wichtig- keit und Schwierigkeit der zu lösenden Aufgaben aufmerksam gemacht und mitgeteilt hatte, daß seitens des Gouverneurs in Südwestafrika die Beschaffung von Kredit für die Farmer, besonders für Bewässerungszwecke, als dringend notwendig bezeichnet worden sei, erstattete Geheimrat Dr. Zoepfl vom Reichs-Kolonialamt das Referat, in dem er die für die Beurteilung der ein- schlägigen Fragen wichtigsten Materialien und Gesichtspunkte darlegte. Hieran anschließend, be- trachtete der Geschäftsinhaber der Disconto-Gesell- schaft, Dr. Salomonsohn, in seinem Korreferate die Mittel und Wege zur Verwirklichung der vor allem notwendigen Kreditorganisation in Südwest- afrika. Nach dieser Beleuchtung der Frage seitens des Leiters eines universellen Bankinstitutes, die durch Bemerkungen der Herren Franzv. Mendels- sohn-Berlin und Frhrn. v. Oppenheim-Köln ergänzt wurden, wurden die einzelnen Fragen von den eingeladenen Sachverständigen, so für den Genossenschaftskredit durch den Präsidenten der Preußischen Zentral-Genossenschaftskasse, Dr. Heiligenstadt, und für den Hypothekarkredit durch den Direktor der Pfälzischen Hypotheken- bank, Dr. Tröltsch-Ludwigshafen a. Rh., unter den besonderen Gesichtspunkten der von ihnen gepflegten Kreditarten eingehend erörtert. Aber auch die übrigen Mitglieder der Kommission, die nicht Vertreter von Kreditinstituten sind, sondern aus den Kreisen des Handels und der Industrie stammen, wie namentlich die Herren Woermann und Strandes-Hamburg, Seiler-Nürnberg, Fabarius-Bremen, Langen-München-Glad- bach, beteiligten sich rege an der Diskussion, in der neben dem Staatssekretär auch die Kommissare des Reichs-Kolonialamts und Reichs-Schatzamt#s zu informatorischen Darlegungen mehrfach das Wort ergriffen. Als Ergebnis der Verhandlungen konnte schließlich eine allgemeine Übereinstimmung der Kommission bezüglich der wichtigsten grund- sätzlichen Fragen konstatiert werden. Es wurde allgemein anerkannt, daß ein dringendes Bedürfnis vorliege, den Farmern in Südwestafrika Kredit zu verschaffen. Für die weitere Ausgestaltung des reinen, ohne bestimmten Meliorationszwe gegebenen ländlichen Bodenkredits sind aber nach dem einstimmigen Urteil der Kommission die Vor- bedingungen zur Zeit nicht vorhanden. Dagegen wurde die Förderung des ratenweise unter Kon- trolle des Verwendungszwecks und gegen reale Sicherheit zu gewährenden langfristigen Melio- rationskredits warm empfolen, ebenso die weitere Ausbildung des kurzfristigen Betriebskredits ohne solche Sicherheitsleistung, also eines reinen Personal“ kredits. Für die nach diesen beiden Richtungen zu entwickelnde Kreditorganisation muß nach An- sicht der Kommission eine solide, den besonderen Verhältnissen von Südwestafrika entsprechende, möglichst das ganze Land umfassende genossen, schaftliche Organisation unter Benutzung der bereit hierfür vorhandenen Ansätze als Grundlage und Voraussetzung geschaffen werden. Durch die ge“ nossenschaftliche Organisation werde die Verank- wortung und Kontrolle der wirtschaftlichen Ver- wendung der Kredite zum guten Teil den Farmern selbst auferlegt, und diese würden dadurch zur Selbsthilfe erzogen, die das Endziel sein müsse. Wenn auch die Verhältnisse in Südwest- afrika die Verhandlungen weit überwiegend in Anspruch nahmen, so wurden doch auch die * strebungen nach Organisation des Kredirs in Ostafrika und in Samoa eingehend gewürdigt in verhältnismäßig kürzerer Zeit wurde ein