W 802 20 Deutsch-Südwestafrika. Der Kbschluß des deutsch-englischen Walfischbai- Grenzstreites. Am 12. Mai 1878 nahm Großbritannien auf Anregung des Kap-Parlamentes von dem Gebiet der Walfischbai Besitz. Der mit der Vornahme der Annexion beauftragte Kommandant H. M. S. „Industry“, R. C. Dyer, erließ eine Proklamation, in der die Grenzen des zu annektierenden Gebietes wie folgt beschrieben werden: „ and I do further proclaim, declare, and make known that the said territory of Wallisch Bay, so taken possession of by me as aforesaid shall be bounded as follows, that is to Say: on the scuth by a line from a point Oon the coast fifteen miles south of Pelican Point to Scheppmansdorf; on the enast by a line from Scheppmansdorf to the Rocibank, including the Plateau, and thence to ten miles inland from the mouth of the Swakop River; on the north by the last ten miles of the course of the said Swakop River “ Sechs Jahre vergingen, ohne daß die britische Verwaltung Schritte getan hätte, um die neue Erwerbung der Kapkolonie anzugliedern oder um die proklamierte Grenze zu vermarken. Erst als die deutsche Regierung in London am 24. April 1884 hatte erklären lassen, daß die Landerwerbungen ihres Untertanen Lüderitz unter dem Schutz des Reichs ständen und nachdem die englische Regierung am 19. Juli 1884 die Be- rechtigung des Vorgehens der deutschen Regierung anerkannt hatte, erfolgte die Annexionsakte vom 22. Juli 1884 und die Proklamation des Gou- verneurs Sir Hercules Robinson vom 7. August 1884, durch die die Walfischbai als ein Teil der Kapkolonie erklärt wurde. An dem gleichen Tag wurde durch S. M. S. „Leipzig“ und „Wolf“ die Küste von der Oranje- Mündung bis zum 26° südl. Br. und in den folgenden Wochen die nördliche Küste vom 26° südl. Br. bis Kap Frio mit Ausnahme der Wal- fischbai unter deutschen Schutz gestellt. Im Juli 1885 traf in Walfischbai im Auftrag der Kapregierung Landmesser Wrey ein, der die Grenzen des britischen Gebietes vermaß und eine Karte desselben herstellte, die von einem vom 14. Januar 1886 datierten Bericht begleitet, im „Report of the Surveyor-General, Cape of Good. Hope, for 1885“ als Information dem Kap- Parlament vorgelegt und dann veröffentlicht wurde. Diese Karte des Landmessers Wrey und die Art und Weise, wie er die Grenze des Walfischbai-Gebietes an Ort und Stelle vermarkte und auf der erwähnten Karte einzeichnete, bildet den Ausgangspunkt eines 24jährigen Grenz- streites zwischen Deutschland und England, über den die beiderseitigen Regierungen trotz eines umfangreichen Notenaustausches und obwohl zweimal, im Jahre 1889 und 1904, der ver- gebliche Versuch gemacht worden ist, durch Ent- sendung von beiderseitigen Kommissaren an Ort und Stelle die Differenz zum Austrag zu bringen, sich nicht haben einigen können. Bei der kom- missarischen Besichtigung des strittigen Grenzteiles im Januar 1889 vertrat Deutschland der K. Kom- missar für Deutsch-Südwestafrika Dr. Goering, England Colonel Sir G. Philips R. E., während bei den von August bis November währenden Verhandlungen des Jahres 1904 deutscher Kom- missar der Landmesser v. Frankenberg war und England durch den Resident Magistrate von Walfischbai Mr. J. Cleverly als Kommissar ver- treten wurde. In Artikel 4, Abs. 7 des deutsch-englischen Abkommens vom 1. Juli 1890 war bereits behufs Beilegung des genannten Grenzstreites folgende Bestimmung getroffen: „Die Festsetzung der Südgrenze des britischen Walfischbai-Gebietes wird der Entscheidung durch einen Schiedsspruch vorbehalten, falls nicht inner- halb zweier Jahre von der Unterzeichnung dieses Abkommens eine Vereinbarung der Mächte über die Grenze getroffen ist .“ Da eine Verständigung nicht zu erreichen war, fand schließlich hinsichtlich der Frage der Er- nennung eines Schiedsrichters in der Grenzange- legenheit im Laufe des Jahres 1908 ein mehr- facher Notenwechsel zwischen den beteiligten Re- gierungen statt. Man einigte sich im August 1908 dahin, durch Vermittlung der beiderseitigen Bot- schafter in Madrid festzustellen, ob Seine Majestät der König von Spanien gewillt sei, das Schieds- richteramt zu übernehmen. Am 15. Februar 1909 erklärte sich Seine Majestät der König von Spanien dem deutschen und dem britischen Botschafter gegenüber bereit, das Schiedsamt anzunehmen und ernannte den spanischen Senator und Professor des VBölkerrechtes Señor Prida zum Schiedsrichter. Nachdem ihm im Laufe der Jahre 1909 bis 1910 je zwei mit Karten, Abbildungen und Photo- graphien ausgestattete Denkschriften von den be- teiligten Regierungen übermittelt worden waren, besuchte Sesior Prida Ende Dezember 1910 und Anfang Januar 1911 persönlich das strittige Gebiet. Am 23. Mai 1911 fällte er sein von einer ausführlichen Begründung begleitetes Urteil, das in deutscher Übersetzung, wie folgt, lautet: „Aus den dargelegten Gründen erklärt der das Urteil ausfertigende Schiedsrichter: