W 847 20 Die systematische Stellung dieser Palme ist meines Wissen noch dicht genau festgelegt; die Palme kommt sowohl in den Uferwäldern, Ö meist an den sumpfigsten Stellen und nahe an Bachbett ge- drängt, als auch in der offenen Savanne, reine Be- stände bildend, vor. (Vgl. die Abbildungen 2 und 3.) Sie hat keinen eigentlichen Stamm; die buschbildenden Blattwedel stehen fast senkrecht und sind im oberen Drittel ihrer Länge sanft nach außen gekrümmt. Die Blattwedel sind 6 bis 8 m lang und tragen in ihrem unteren Teile oft auf eine Länge von 2 m keine Fiederblättchen. Durch den infolge des Vulkanausbruchs am Kamerun-Gebirge beschleunigten Rückmarsch war es mir nicht möglich, Herbar= und Untersuchungsmaterial zu beschaffen, doch ist die Station Dschang unter gleich- zeitiger Ubersendung einer genauen Anleitung ange- wiesen, das betreffende Material zu beschaffen. c halte die besprochene Raphia identisch mit der von Schweinfurth aus dem Tsadsee-Gebiet als ia vinisera beschriebenen Art. Diese wurde von rude genauer untersucht und von Raphia vinisera verschleden gefunden. Drude nennt sie nach dem für sie charakleriftäschen Standorte Raphia NMonbuttorum.“) Der Nutzen, den diese Raphia den Eingeborenen gewährt, ist oft beschrieben und hinlänglich bekannt. Sie ist in diesen holzarmen Ländern fast das einzige Baumaterial zur Herstellung der Hütten. (Vgl. die Abbildung 4, die ein im Bau befindliches Haus auf der Station Dschang zeigt.) Die Eingeborenen verstehen es meisterhaft, jeden Teil der Blattrippe in geeigneter Weise auszunutzen. Wenig oder gar nicht ist jedoch die Frage erörtert, ob diese Palme auch Aussuhrprodukte für den euro päischen Markt liefern kann, zumal wenn durch die im Bau begriffenen Ei enbahnen diese Bezirke dem lossen oder doch beträchtlich näher gerückt en. aphiaba Aus den jungen Fiederblättchen verstehen es die Eingeborenen, den Raphia ba st zu gewinnen, und in vielen Dörfern des Graslandes werden heute Matten, Decken, Taschen und sonstige Flechtwerke für den Handel sabriziert. Die zur Küste kommenden Bamum-, Bali= und Haussa-Leute bringen olche in Mengen mit, um sie an Europäer und auch Schwarze zu verkaufen. Auch im Binnenhandel, z. B. im Marktverkehr der Graslandleute mit den Wald- landvölkern, bilden die aus Raphia geflochtenen Taschen einen beliebten Tauschartikel. Man könnte hier nun zunächst an die Ausfuhr des Raphiabastes denken. Mir ist nichts Genaues über die gegenwärtige Lage des Marktes in diesem Artikel be- kannt, doch ist wohl anzunehmen, daß der Markt für Raphiabast, der in Deutschland fast ausschließlich Ver- wendung im Gartenbau findet, in den letzten Jahren bedeutend anfnahmefähiger geworden ist. Hier hat aber der madagassische Raphiabast, von Kaphi pedunculata stammend, den westafrikanischen vollkommen verdrängt, so daß von der Westküste Ra- phiabast in nennenswerten Quanten nicht mehr aus- geführt wird. Sadebeck gibt 1. c. S. 13 über den letzteren folgendes an: „o0Der westafrikanische Raphiabast, welcher bis vor einiger Zeit in den europäischen Handel gelangte, ist *) Vo. R. Sadebeck, der Raphiabast (Jahr- buch der hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten XVIII. 1900. 3. Beiheft. Mitteilungen aus dem botanischen Museum). . . Rap später ist, den Versuch auszuführen, der Station eine durchaus minderwertige Sorte. Er besitzt aller- dings die Länge des madagassischen Bastes und ist teilweise sogar etwas breiter als dieser. Er schlägt sich beim Trocknen ebenfalls um und wäre im Garten- bau verwendbar, wenn er nicht so leicht in Längs- streifen sich spaltete. Der Marktpreis dieser Sorte ist außerordentlich gering, sie gelangt daher schon seit Jahren nicht Veße in den Handel und findet höchstens noch als Packmaterial Verwendung. über die Art und Weise, wie dieser Bast aus Blättern gewonnen wird, wissen wir nichts Sicheres. Auch die Pflanze, von welcher der Bast gewonnen wird, kennen wir nicht mit Sicherheit.“ Offenbar handelt es sich bei der früheren Aus- fuhr von Raphiabast aus Westafrika um Bastsorten, die von Raphia vinisera, i ärtneri oder Raphia Hookeri stammten. Hingegen steht unsere oben beschriebene Raphia der madagassischen Raphia pecdunculata sehr nahe, und es ist so gut wie sicher, daß Bast von dieser Art noch nicht in den Handel gekommen ist. Ich habe deshalb, da es mir selbst nicht möglich hang eine genaue Beschreibung der Herstellungsweise des madagassischen Bastes übersandt und hoffe, in einiger zeit eine größere marktfähige Probe des Bastes vor- egen zu können. Sollte die Ausfuhr an Bast wegen der europäi- schen Marktlage nicht möglich sein, so würde die exakte Beantwortung der folgenden Frage vielleicht von Be- deutung werden: Ist der europäische Markt auf- nahmefähig für aus Raphiabast her- gestellte Halbfabrikate, Gewebe der verschiedensten Art und Dimensionen? Der Bast, aus verhältnismäßig kurzen Stücken be- stehend, die sich nicht verspinnen lassen, erlaubt wohl kaum eine Verwendung in der heimischen Webetechnik. Ist es nun nicht möglich, hier auf primitive Weise fabrizierte Matten, Decken, Gewebestücke, Taschen usw. in Europa abzusetzen, wo ja auch japanische und in- dische Gewebe ähnlicher Art einen Absatz finden? Dem Export dieser Gewebe müßte eine ausge- dehnte Hausindustrie zugrunde liegen, und gerade diese wäre in den Graslanddistrikten sehr leicht einzuführen. Eine Hausindustrie oder ein Gewerbe überhaupt für diese Distrikte zu schaffen, ist meines Erachtens sogar ein Bedürfnis und wird eine dringende Notwendigkeit werden. . Die Graslanddistrikte sind bevölkerter als man früher angenommen hat; im Bezirke Dschang kom- men nach den neuerdinas von Oberleutnant Rausch vorgenommenen Volkszählungen im Graslande durch- schnittlich 35 Menschen auf den Quadratkilometer.“) Die Landwirtschaft, die gegenwärtig die einzige nutzbringende Tätigkeit der Eingeborenen darsteg. wird heute noch fast ausschließlich von den Frauen be- sorgt. Es ist das Ziel der Regierung, aus naheliegen- den Gründen hier die Männerarbeit einzufüh- ren; die Landwirtschaft ist sehr primitiv, und es ist er- forderlich, der Pflugkultur verbunden mit Düngung des Bodens und sonstigen Neuerungen allmählich Eingang zu verschaffen. Diese zu erstrebende Art der Wirts wird erstens die Frauen von der Arbeit freimachen und dann auch bedeutend weniger Arbeitskräfte be- anspruchen. · « S *) In der Umgeegend von Dschang kommen etwa 32, beim Posten Bara etwa 40 Menschen auf den Quadratkilometer. R.