W 104 2e0 Aus praktischen Rücksichten wird es sich hierbei empfehlen, unsere Diskussion zunächst auf das- jenige Gebiet zu begrenzen, in welchem das Kreditbedürfnis am meisten, jedenfalls aber am lautesten sich geltend gemacht hat: Südwest- afrika. Nur einige allgemeine Bemerkungen möchte ich hier gleich anknüpfen: Bei der Frage nach der Kreditorganisation muß, wie der Herr Referent schon hervorgehoben hat, unterschieden werden zwischen Personalkredit und Roalkredit. Der Personalkredit dürfte in allen unseren Kolonien im wesentlichen eine ausreichende Be- friedigung finden durch die in den Kolonien seitens der deutschen Großbanken ins Leben ge- rufenen Bankinstitute, die Deutsch-Ostafrikanische Bauk, die Handelsbank für Ostafrika, die Deutsche Afrika-Bank, die Westafrikanische Bank, die Deutsch-Asiatische Bank, sowie durch die bankgeschäftliche Tätigkeit der großen kolonialen Gesellschaften und Handelsfirmen. Klagen nach dieser Richtung sind, wie der Herr Referent schon hervorgehoben hat, nur von Samoa und neuerdings von Ostafrika aus laut geworden. Der Herr Referent hat aber auch gleich seinen Zweifeln Ausdruck gegeben, ob ein besonderes Kreditinstitut in Samoa auf seine Rechnung kommen würde, und ich kann diese Zweifel meinerseits nur teilen. Im übrigen scheint es mir, daß auch in Samoa weniger eine Er- weiterung des Personal= als des Realkredits be- gehrt wird. Ein staatliches Eingreifen zwecks Erleichterung des Personalkredits erscheint mir in keiner unserer Kolonien unbedingt notwendig oder ratsam zu sein, insbesondere scheint aber auch eine Notwendigkeit gesetzlicher Maßnahmen zur Sicherung des Erntekredits bisher wohl nicht vorzuliegen. Eine ausreichende Sicherheit für Viehverpfändungen zu schaffen, scheint mir über- aus schwierig. Uber die vom Herrn Referenten angezogenen staatlich kontrollierten Viehbücher ist mir nichts bekannt geworden — trotz eines vier- jährigen Aufenthalts in Südamerika, woraus ich schließen möchte, daß sich dieselben auch dort prattisch nicht bewährt haben. Meines Erachtens sollte man der Fortbildung des genossenschaftlichen Kreditwesens möglichste Förderung angedeihen lassen, und ich hoffe, daß die Preußenkasse auch Mittel und Wege finden wird, der Genossenschaftsbank in Windhnk den gewünschten langfristigen Kredit von 500 000./%4 zu gewähren. Was unnn die Befriedigung des Realkredits anbetrifft, so muß hier wieder zwischen dem städtischen und dem ländlichen Bodenkredit unter- schieden werden. Die Sorge um den ersteren ist, wie Sie aus dem Referate ersehen haben, für das Schutzgebiet von Kiautschou durch Vermitt- lung der Deutsch-Asiatischen Bank bereits gelöst und für Südwestafrika soll eine Lösung in ge- sonderten Verhandlungen gesucht werden, sie kann also hier ausgeschieden werden; ich möchte jedoch nicht unerwähnt lassen, daß das Erforder- nis eines staatlichen Eingriffs zugunsten des städtischen Bodenkredits von sehr maßgebender Seite in der Kolonie selbst verneint wird. (efr. die Eingabe der Windhuker Handelskammer). Für die übrigen Schutzgebiete scheint sich ein Bedürfnis nach Ausbildung einer besonderen Kreditorganisation für den städtischen Grundbesitz nicht geltend gemacht zu haben. Dies vorausgeschickt, möchte ich meine weiteren Ausführungen auf das Schutzgebiet von Südwest- afrika und im speziellen auf die Frage der Aus- gestaltung der ländlichen Kreditorganisation da- selbst beschränken und es eventueller späterer Diskussion vorbehalten, inwieweit die hier ge- wonnenen Resultate eine analoge Anwendung auf die anderen Schutzgebiete zulassen oder eine Modifikation erheischen. Diese Beschränkung ist um so notwendiger, als das statistische Material, das uns amtlicherseits zur Verfügung gestellt ist, sich ausschließlich auf Südwestafrika bezieht. Der landwirtschaftliche Kredit scheidet sich be- kanntlich nach der Verschiedenheit seines Ver- wendungszweckes in 3 Arten: den Grunddkredit, den Meliorationskredit und den Betriebskredit. Jede Untersuchung über die Organisation des landwirtschaftlichen Kredits wird daher damit be- ginnen müssen, darüber sich Klarheit zu ver- schaffen, für welche Art dieses Kredits ein Be- dürfnis sich geltend macht, denn je nach dem Verwendungszwecke werden die zu ergreifenden Maßregeln verschiedenartig auszugestalten sein. Es wird uns also zunächst die Frage zu be- schäftigen haben: Besteht in Südwestafrika ein Bedürf- nis zur Ausgestaltung des Grundkredits und wie läßt sich diesem Bedürfnis ab- helfen? Wenn man sich der zahlreichen Erörterungen erinnert, die in Wort und Schrift in den letzten Jahren über die Notwendigkeit der weiteren Ausgestaltung des Realkredits in Südwestafrika stattgefunden haben und eingedenk ist der dies- bezüglichen Resolution, die der Deutsche Kolonial- kongreß im Jahre 1910 gefaßt hat, so erscheint es vielleicht überflüssig, daß ich die Frage nach dem Vorliegen eines Bedürfnisses nach der Aus- gestaltung des Grundkredits noch erst in die Er- örterung ziehe; aber, meine Herren, das Studium der uus vom Herrn Referenten unterbreiteten statistischen Mitteilungen zwingt einem doch er-