oder wenigstens mit Staatsmitteln, und es fragt sich daher zunächst, erscheint diese Staatshilfe ge— rechtfertigt? Diese Frage ist häufig erörtert worden, sie ist häufig bejaht, viel häufiger aber verneint worden. Meines Erachtens muß sie be- jaht werden. Der Staat hat ein ganz eminentes Interesse daran, daß Südwestafrika, für das er Gut und Blut schon in reichem Maße gcopfert hat, wirtschaftlich vorankommt, und dieses seiner Natur nach auf Ackerbau und Biehzucht an- gewiesene Land kann nicht vorankommen, wenig- stens nicht auf die Dauer, wenn es nicht gelingt, einen tüchtigen Farmerstand dort hochzubringen und in langsamer, stetiger Arbeit die Landes- kultur zu heben. Es ist deshalb auch abwegig, wenn darauf hingewiesen wird, daß der Staat diese Kolonisten billiger in europäischen Landes- teilen ansetzen könnte. Der Staat muß für die Schaffung der Erxistenzbedingungen für einen tüchtigen Farmerstand in Südwestafrika Vorsorge treffen, und in richtiger Erkenntnis dessen hat er die neuen Ansiedler durch Hergabe billigen Landes, durch Kreditgewährung bei der Bezahlung des Kaufpreises und durch Ansiedlungsbeihilfen unter- stützt. Die Erfahrung lehrt, daß die angewandten Mittel nicht zum Ziele geführt haben. Über die Gründe, die zu diesem Mißerfolge geführt haben, sind die Meinungen geteilt. Die einen machen der Regierung zum Vorwurf, daß sie nicht ge- nügend darauf geachtet habe, daß die Farmer auch mit genügend eigenen Mitteln zum Betriebe der Farm versehen seien, daß sie die Landpreise ermäßigt und dadurch die Bodenwerte herab- gesetzt, sowie daß sie es an einer wirksamen Kon- trolle bei der Verwendung der Ansiedlungsgelder habe fehlen lassen. Von anderer Seite wird die Schuld den Farmern beigemessen und ihnen vor- geworfen, daß sie die ihnen gewährten Beihilfen durch üppiges Leben vergeudet und nicht ge- nügend auf die Schaffung nutzbringender Melio- rationen bedacht gewesen seien. Man wrd wohl nicht fehlgehen in der Annahme, daß beide Teile nicht frei von Schuld sind. Im Grunde handelt es sich hierbei aber beiderseits um entschuldbare Vergehen, die sich als Kinderkrankheiten der neuen kolonialen Betätigung erweisen und die, wie die von dem Herrn Referenten uns gegebene Dar- stellung der fremdländischen kolonialen Unter- nehmungen dentlich erkennen läßt, auch von anderen Nationen zu überwinden waren. Man wird hieraus für die Zukunft die Lehren zu ziehen haben, in Zukunft also vor allem auf ausreichende eigene Betriebsmittel der Kolonisten halten, die Verwendung der dargeliehenen Kapitalien strenger kontrollieren und die Rückzahlungstermine wesent- lich langfristiger gestalten müssen. Es wäre aber unrecht, wollte man die bisherigen Farmer, die W 108 20 als Pioniere angeleitet, um nicht zu sagen ver- leitet, durch den Staat und seiner Sachkenntnis vertrauend sich in Südwestafrika angesiedelt haben, nun ohne Hilfe ihrem Schicksale überlassen. Diese Hilfe muß sich aber innerhalb verständiger Grenzen halten. Das tut sie meines Erachtens, wenn sie sich — abgesehen von der weiter unten zu er- örternden Beihilfe für Meliorationen — darauf beschränkt, die Umwandlung der kurzfristig auf- genommenen Darlehne in langfristigen Hypothekar- kredit, soweit dieser sich noch innerhalb verständiger Grenzen bewegt, zu erleichtern. Die Durchführung dieser Umwandlung wird meines Erachtens am besten nicht durch den Staat selbst besorgt, sondern einem auf genossen- schaftlicher Basis zu errichtenden Kreditinstitute, dem vom Staate die erforderlichen Mittel gegen Verpfändung der Hypotheken vorgestreckt werden, übertragen. Dies sichert durch die Mithaftung und Mitwirkung der Farmer einerseits die vor- sichtige Verwendung der Gelder wie anderseits eine nicht zu bureaukratische Beurteilung der im einzelnen Falle der Prüfung unterliegenden Ver- hältnisse. Hierbei muß ich die Entscheidung der Frage, ob es empfehlenswert ist, dieser Genossen- schaft einen Wirkungskreis über das ganze Land zu geben oder Bezirksgenossenschaften zu bilden, welche in einer Zentralgenossenschaft ihre sie ver- einigende Spitze finden, sachverständigerem Urteil überlassen. Wesentlich kürzer läßt sich die zweite Frage: Wie steht es in Südwestafrika mit dem Meliorationskredit? beantworten, denn wenn auch die Ansiedlungs- beihilsen im wesentlichen zu Meliorationszwecken hingegeben worden sind, so sind die dafür auf- gewendeten Summen einerseits wenig beträchtlich, anderseits auch nicht immer diesen Zwecken wirk- lich dienstbar gemacht worden, und so kann man sagen, daß der Meliorationskredit in Südwest- afrika bisher nicht ausgebildet ist, obwohl wohl wenig Länder ihrer klimatischen und topo- graphischen Beschaffenheit wegen so dringend der Aufwendung großer Mittel für Melioratiouszwecke bedürftig sind wie gerade Südwestafrika. Diese Meliorationen werden sich nicht nur auf solche Aufgaben erstrecken dürfen, welche Betriebs- erleichterungen für einzelne Farmen bezwecken, sondern sie werden sich weitere Ziele stecken müssen wie die Flußregulierungen, Bewässerungs- anlagen, Talspverren, Standämme usw., wie solche Arbeiten namentlich in Agypten mit größtem Erfolge zur Durchführung gelangt sind. Bei den bedeutenden Geldsummen, die die Erfüllung derartiger Aufgaben beausprucht, kann auch hier nur der Staat der Unternehmer sein.