E 446 20 am Tanganika-See viel ausgedehnter, als es im deutschen Teil des Victoria-Seees war. Immer- hin bekommt man aber auch am Tanganika-See den Eindruck, daß der schwerste Teil der Arbeit bereits hinter uns liegt. Zunächst war die Schlafkrankheitsbekämpfung bemüht, das Seeufer im Bereich der infizierten Küste von Glossinen zu säubern. Der Stakverkehr der Boote wurde bei Tag verboten und nur bei Nacht er- laubt, um Ansteckungen zu verhüten. Zertzt ist die Säuberung des Seeufers so weit vorge- schritten, daß nur noch einzelne Stellen übrig geblieben sind. Zunächst sind es die Küsten bei den großen Olpalmenwäldern. Diese vom Ufer her so weit zu säubern, daß von den Wäldern her keine Fliegen zum Strande fliegen, kann nach meiner Ansicht kaum Schwierigkeiten bieten. Die nahe am Ufer stehenden Olpalmen werden aller- dings fallen müssen, was aber kaum einen Scha- den bedeutet, da man schon vom Dampfer aus sehen kann, daß die dem Ufer nahen Palmen nur kümmerlich gedeihen und vielfach von selbst ab- sterben. Es bleiben außerdem noch einige nicht ausgedehnte Stellen von steil abfallendem, stei- nigem Ufer, an welchen sich Glossinen trotz Ab- holzung am Leben zu erhalten vermochten, weil ihnen große Steinblöcke genügend Schatten bieten. Ich selbst habe solche Stellen in der Nähe nicht gesehen. Hier wird der Versuch zu machen sein, die Glossinen durch Wegfangen mit oder ohne Tsetseleim zu vertreiben. Ich möchte Wert dar- auf legen, daß die Arbeit der Reinigung des Seenfers bald beendigt wird, damit das Verbot des Stakens bei Tag, wenigsteus im Bereich des Usumbura-Bezirks. wieder aufgehoben werden kann. Dieses Verbot wird schon jetzt nicht mehr streng befolgt; Postboote und sonstige Dienstboote haben Erlaubnis, wieder bei Tag zu staken, und oft sieht man Eingeborene mit Fischerbooten flüchten, wenn sie das Boot eines Europäers herbeikommen sehen. Ein solches Verbot, das nicht mehr streng durch- geführt wird, ist vom Ubel. Die zweite Aufgabe, Abholzung der mit Pal- palis bewohnten Flußufer, ist im hauptsächlich durchseuchten Bezirk der Schlafkrankheit in vollem Gange. Bis zur Beendigung dieser Arbeit werden wohl noch einige Jahre vergehen. Auch wird es sich nicht umgehen lassen, aus einigen besonders stark infizierten Gegenden, die Bevölkerung weg- zunehmen und einzelne Gebiete zu sperren. Jeden- falls dürfen wir am Tanganika an ein Nach- lassen mit der Arbeit noch nicht denken. JIch habe aber die Uberzeugung gewonnen, daß es in absehbarer Zeit wie am Victoria-See so auch am Tanganika-See gelingen wird, der Seuche ganz Herr zu werden. Von Wichtigkeit scheint mir weiterhin, daß in dem an den eigentlichen Seuchenherd grenzenden, zu Udjidji gehörenden Bezirk die Glossinen ähn- lich getilgt werden, wie in dem Seuchenherd selbst. Es ist dies notwendig, um durch Schaffung einer glossinenfreien Zone einen Wall gegen das Vor- dringen der Schlafkrankheit nach Süden zu schaffen. Diese Aufgabe ist jetzt besonders drin- gend geworden, weil in diese Zone die Bahn Tabora—Kigoma fällt. Es ist nach meiner Ansicht notwendig, daß sofort nach Feststellung der Bahntrace da, wo Glossina palpalis vor- kommt, gründliche Abholzungen ausgeführt wer- den, noch ehe die große Masse der Bahnarbeiter in diese Gegenden kommt. Eine Verständigung der Schlafkrankheitsbekämpfung mit der Baufirma und Mitwirkung der Bahnärzte ist dazu er- forderlich. Die Schwierigkeiten sind größer als im Usum- bura-Bezirk, weil die Palpalis-Gebiete im Udjidji- Bezirk vielfach schwach bewohnt sind und daher Arbeitermangel besteht; auch sind die Kosten, welche beim Abholzen entstehen, sehr viel größer: etwa fünf Rupie pro Mann und Monat Arbeitslohn gegen eine Rupie im Usumbura-Bezirk. Daß aber bei Mithilfe des Bezirksamts trotzdem etwas erreicht werden kann, zeigt der Umstand, daß die Araber von Udjidji die Küste nördlich Udjidji bis Kigoma auf einmalige Aufforderung des stellvertretenden Bezirksamtmanns mit eigenen Mitteln reinigen ließen. Vielleicht mag auch der bisher befolgte Grundsatz, Abholzungen nur da zu beginnen und durchzuführen, wo die spätere Niederhaltung der BVegetation durch die anwohnenden Eingeborenen gesichert erscheint, bisher davon abgehalten haben, im Udjidji-Bezirk größere Abholzungen auszu-- führen. Dieser Grundsatz scheint mir aber nicht immer angebracht. Uberall, wo ich zusammen- hängende Abholzungen in größerem Maßstabe gesehen habe, am Morifluß ebenso wie am Russissi und Malagarasi, konnte ich beobachten, daß die Glossinen selbst dann verschwunden geblieben sind, wenn die Vegetation wieder so üppig nachge- wachsen war, daß die Glossinen an und für sich wieder ihre Lebensbedingungen gefunden hätten. Offenbar hindert die schwerfällige Art ihrer Fortpflanzung die Glossina palpalis an einer raschen Ausbreitung. Ich würde es daher für gerechtfertigt halten, Abholzungen an der Küste und den Flüssen des Udjidji-Bezirks da, wo die Glossina palpalis sich findet, in ähnlicher Ausdehnung wie im Usumbura-Bezirk durchzu- führen, selbst wenn die Eingeborenen der nächsten Umgebung zu diesen Arbeiten nicht genügen, son- dern auswärtige mit herangezogen werden mühssen. Besonders erscheint mir mit Rücksicht auf den Bahnbau eine Abholzung des Malagarasi und seiner Nebenflüsse von oben herunter, soweit