G 455 e.O die Einführung fremder Arbeiter angewiesen; die Europäerunternehmungen arbeiteten jetzt überwiegend mit Chinesen. Dieses Menschenmaterial lasse jedoch viel zu wünschen übrig. Die Bedingungen, unter denen die Chinesen erhältlich wären, seien stark be- lastend und die Chinesenarbeit daher im allgemeinen recht teuer. Die Möglichkeit einer günstigeren wirt- schaftlichen Entwicklung der Kolonie sei nur dadurch gegeben, wenn es gelänge, die nötigen Landarbeiter aus Niederländisch-Indien zu beziehen. Malaien seien zweifellos die für Samoa besten und brauchbarsten Arbeiter. Gelänge das nicht, so müßte man wegen der wirtschaftlichen Entwicklung Samoas mit großen Sorgen in die Zukunft sehen. In der an die Referate sich anschließenden ein- gehenden Diskussion wurde allseitig der Ernst der Arbeiterfrage in den Kolonien anerkannt. * 1* * Der koloniale Baumwollbau. Dem Bericht des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees über die deutsch-kolonialen Baum- wollunternehmungen Nr. XVI (Frühjahr 1912) entnehmen wir folgende Mitteilungen: Die Ernte im Baumwolljahr 1911/12 wird in Deutsch-Ostafrika auf 5000 Ballen, in Togo auf 2500 Ballen, insgesamt auf 7500 Ballen à 250 kg im Werte von nahegu 3 Millionen Mark geschätzt. Ein weiteres Anwachsen der Produktion ist in 1912/13 zu erwarten, da die Saatforderung für Eingeborenenkultur in Ostafrika etwa 10 000 gentuer gegen einen Verbrauch von 6000 zentnern 1911.12 beträgt. Mie in dem vor- bildlichen englischen Uganda wird die Saat kostenlos an die Eingeborenen und bedürftige Ansiedler verteilt. Auch die Oualität ist zufriedenstellend, z. B. er- zielte ostafrikanische Abassi-Baumwolle im letzten Halb- jahr einen Durchschnittspreis von 83 Pf., ostafrikanische Upland 56½ Pf., Togobaumwolle 491¼ Pf. für ½ kx. Die Togobaumwolle hat sich weiterhin verbessert und notierte als Höchstpreis 53¾ Pf. für ½ kg. Trotz des Risikos, welches das Komitce bei der wachsenden Produktion eingeht, hat es auch für 1912 die Garantie von Mindestpreisen übernommen, die dort geleistet wird, wo Aufkäufer nicht vorhanden sind oder die aufkaufenden Händler diese Preise unterbicten. Der Zweck ist insbesondere, die eingeborene Bevölke- rung gegen einen plötzlichen Preissturz nach Möglich- keit zu schützen. Die Förderung der europäischen Plantagenkultur erfolgt auf breiterer Grundlage u. a. durch Lieferung von Erntebereitungsmaschinen zu besonders vorteilhaften Bedingungen, ferner durch Aufstellung von Projekten für Bewässerungsanlagen zur Sicherstellung gleichmäßiger Ernten. Das inzwischen fertiggestellte Mkatta-Projekt für 7600 ha und 3000 hn harrt noch der Ausführung durch Interessenten. Das landwirtschaftliche Baumwollversuchswesen hat durch Ubernahme durch die Kolonialverwaltung einen erheblichen Aufschwung genommen. In kurzer Zeit sind in Deutsch-Ostafrika die Baumwollstationen Mpanganya, Myombo und Kibongoto erstanden bzw. ausgebaut worden, die sich mit praktischen Ver- suchen auf wissenschaftlicher Grundlage und insbesondere mit der Saatzucht und Sortenversuchen befassen. Ebenso wird dort die Bekämpfung der Baumwollkrankheiten, namentlich der Kräuselkrankheit, planmäßig bearbeitet. Mit ähnlichem Programm arbeiten die Regierungs- Saatzuchtstationen Kamaa und Nuatjä in Togo. Die Bestrebungen, ÖOstafrika unabhängig von fremdem Saatgut zu machen, haben bereits Erfolge zu verzeichnen. Wie auf den Versuchsstationen der Re- gierung, so befassen sich auch europäische Plantagen mit der Erzeugung hochwertiger einheimischer Saat. Einen wesentlichen Faktor in der einheimischen Saatfrage bildet das neuerdings in Daressalam ein- gerichtete Saatwerk, welches die Aufbereitung und Sortierung der Saat für die Wiederaussaat besorgt. Zur Durchführung der vom Komitee zu leistenden Arbeiten sind ihm für 1912 zur Verfügung gestellt vom Reichsamt des Innern 30 000. , von der Wohl- fahrtslotterie zu Zwecken der deutschen Schutzgebiete 100 000 von der Tertilindustrie 80 000 ., ins- gesamt 210 000 . In Bildung begriffen sind folgende neue Baum- wollpflanzungsgesellschaften: Die „Plantagen= und Handels-Aktiengesellschaft Kilimani-Hamburg“ — als Stammkapital ist 1 Million Mark in Aussicht ge- nommen —, „Mgohori-Baumwoll-Gesellschaft m. b. O.“ mit einem Kapital bis zu 250 000 , „Rusini= Pflangzungsgesellschaft m. b. H.“ mit einem Stamm- kapital von 36 000 . K. Neue Ginnereien sind für Lindi, Kissaki und Neu-Langenburg beantragt. Zu einem kritischen Vergleich mit den deutsch- kolonialen Baumwollkulturversuchen können einzig und allein die zu gleicher Zeit eingeleiteten Versuche in den englischen und französischen Kolonien her- angezogen werden. Mit Genugtuung dürfen wir fest- stellen, daß der deutsch-koloniale Baumwollbau mit dem englischen und dem französischen mindestens gleichen Schritt hält. 1. u Die Baumwollmärkte und die Industrie. Uber die Baumwollmärkte und die Industrie während des letzten Halbjahres machte bei der kürzlich stattgehabten Sitzung der Baumwollbau-Kom- mission des Komitees Herr Fabarius von der Bremer Baumwollbörse u. a. folgende interessante Mitteilungen: Die amerikanische Ernte weist als emkörnt bis Mitte März die gewaltige Ziffer von 16051.000 Ballen, einschließlich 547.000 Ballen Linters, auf und dürfte in ihrem Gesamtertrage hinter 16¼ Millionen ein- schließlich Linters kaum zurückbleiben. Diese Ziffer läßt auf einen Bodenertrag von nahezu einem halben Ballen per Acre schließen, den höchsten Ertrag, der jemals geerntet worden ist. Für das Jahr 1911/12 erwartet man einen Gesamtexport von 10 bis 10½ Millionen Ballen. Diese überreiche Versorgung begegnete nun einer Nachfrage, wie sie die Geschichte des Baumwollhandels noch niemals vergeichnet hat, und die die Ziffer der wirklichen Eutnahmen in amerikanischer Baumwolle seitens der Industrie bis Ende März, also für einen Zeitraum von 7 Monaten, auf 10 513.000 Ballen ansteigen ließ, über ½ Million Ballen mehr, als der bioherige Rekord des Jahres 1909. An diesen Ent- nahmen hat der Kontinent mit 4278.000 Ballen den weitaus größten Anteil. Derselbe bezog 908 000 Ballen mehr als in dem genannten Rekordjahre, und nahm für sich allein 140,69 v. H. der Gesamtbezüge der Welt- industrie in Anspruch, während hiervon 21,96 v. H. auf Großbritannien und 37,35 v. H. auf die Vereinigten Staaten entfallen. Man erwartet denn auch, daß die Gesamtentnahmen für die Saison 1911.12 14 Millionen Ballen übersteigen werden. Eine fieberhafte Tätigkeit in allen Spinnereien begann sofort mit dem Hereinkommen augreichender Zufuhren, und diese fieberhafte Tätigkeit kennzeichnet auch heute noch die Lage. Zum ersten Male scheinen alle Spindeln der Erde am Laufen zu sein, und da